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Lohn für die Sportsleute

Robin Gosens und Robin Koch haben die Nebenrollen in der Nationalelf bei der Heim-EM klaglos weggesteckt

Robin hoch zwei: Robin Gosens (links)und Robin Koch bei der Pressekonferenz in Frankfurt.  FOTO: WIEGAN/EIBNER
Robin hoch zwei: Robin Gosens (links)und Robin Koch bei der Pressekonferenz in Frankfurt. FOTO: WIEGAN/EIBNER
Robin hoch zwei: Robin Gosens (links)und Robin Koch bei der Pressekonferenz in Frankfurt. FOTO: WIEGAN/EIBNER

FRANKFURT. Es war noch nicht einmal 13.15 Uhr, da schloss sich am Donnerstag die Seitentür zum Pressekonferenzraum auf dem DFB-Campus auch schon wieder. Kurzerhand war die Medienrunde mit Robin Gosens und Robin Koch um eine halbe Stunde vorgezogen worden, denn bei dem nasskalten Wetter hatte Bundestrainer Julian Nagelsmann die Vormittagseinheit verkürzt. Dennoch habe die deutsche Nationalmannschaft, verriet der Frankfurter Lokalmatador Koch, vor der wolkenverhangenen Skyline mit der Gegnervorbereitung angefangen und taktische Dinge geprobt, die beim Nations-League-Heimspiel gegen Bosnien und Herzegowina in Freiburg (Samstag 20.45 Uhr/RTL) helfen sollen, um vor dem Auswärtsspiel gegen Ungarn in Budapest (Dienstag 20.45 Uhr/ZDF) den Gruppensieg festzuzurren.

Der Auftritt des »doppelten Robin« – der eine kam in Trainingsjacke (Gosens), der andere in T-Shirt (Koch) – kann durchaus als Indikator gelten, dass beide für ihre aufrichtige Haltung zum DFB-Aushängeschild zum Jahresabschluss mit (Teilzeit-)Einsätzen belohnt werden. Beide gelten als echte Sportsleute, aufrichtige Teamplayer, die auch bei einer Rückversetzung nicht klagen. Nur zur Erinnerung: Der 22-fache Nationalspieler Gosens, kurzzeitig als Shootingstar bei der EM 2021 gehandelt, als er im zweiten Gruppenspiel gegen Portugal (4:2) vielleicht das Spiel seines Lebens absolvierte, rauschte kurz vor der Heim-EM durchs Rüttelsieb. Für einen Hauptdarsteller einer ZDF-Doku ein Schlag ins Gesicht: »Dann bist du maßlos enttäuscht. Da ist eine Welt zusammengebrochen.«

»Dann bist du maßlos enttäuscht.Da ist eine Welt zusammengebrochen«

Der Linksverteidiger mit Vorwärtsdrang war schließlich auch deshalb 2023 zu Union Berlin gewechselt, um »mit einer größeren Visibilität« (O-Ton Gosens) seine EM-Chancen zu erhöhen. Doch der Abwärtsstrudel der Eisernen riss auch den Neuzugang mit. Immerhin hat er danach in einem Expertenjob hautnah die Fanperspektive erlebt. Der 30-Jährige spürte, wie das Miteinander der Mannschaft in der Öffentlichkeit ankam. »Mein Gefühl ist, dass wir weiter auf dieser Welle reiten.« Der gebürtige Rheinländer, der sich in der Hauptstadt nie wirklich wohl fühlte, wechselte am letzten Tag der Transferperiode zurück nach Italien zum AC Florenz. »In den sechs Jahren in Bergamo und Mailand habe ich das Land lieben gelernt. Ich glaube, dass ich da fußballerisch wertgeschätzt werde; vielleicht ist das ein Stück weit die logische Konsequenz, dass es dort für mich besser läuft.«

Jetzt wolle er so lange wie möglich dabei bleiben, um sich den Lebenstraum einer WM zu erfüllen. Gosens: »Für mich wird die Nationalmannschaft immer das Größte sein, was man erreichen kann.« Doch er sei ja auch »nicht auf den Kopf gefallen« und wisse schon, »dass ich von der Verletzung von David (Raum) profitiere. Aber ich will es dem Trainer so schwer wie möglich machen.« Was für ihn spricht: Der studierte Psychologe ist einer, der mit allen gut kann und auch Themen abseits des Platzes beackert.

Mittendrin hielt er ein druckreifes Plädoyer für einen offeneren Umgang mit psychischen Erkrankungen und gegen Hasskommentare im Netz. »Es ist mutig, wenn man sich öffnet, es ist keine Schwäche, wenn man damit nach außen in die Welt geht«, betonte Gosens. Gesamtgesellschaftlich sei diese Thematik »mit zu vielen Stigmata behaftet«, psychische Erkrankungen seien »keine Lappalien«. Gift obendrauf seien dann noch anonyme Tiraden Internet.

Man vergesse nur, dass hinter den Spielern »dennoch ein Mensch steckt, der Gefühle hat, der vielleicht daran zerbricht, dem das sehr nahe geht, wenn man ihm den Tod wünscht«. Er könne nur dazu aufrufen, »dass man, bevor man so einen Scheiß- Kommentar bastelt, vielleicht kurz darüber nachdenkt und sich Gedanken macht, was es im anderen auslösen könnte«, sagte ein intelligenter Nationalspieler, der sich an dieser Stelle noch für seine Wortwahl entschuldigte.

Koch hörte in diesem Moment aufmerksam zu. Der Abwehrspieler von Eintracht Frankfurt war bei der EM im 26-köpfigen Kader ja der einzige Feldspieler, der keine einzige Minute zum Einsatz kam. Doch der gebürtige Kaiserslauterer ist genau wie Gosens keineswegs nachtragend, sondern behält die Turnierteilnahme auch ohne aktives Zutun in besonderer Erinnerung. »Bei mir hat es leider nicht geklappt, auf Minuten zu kommen. Trotzdem fieberst du in jedem Spiel mit, bist im Training dabei«, versicherte der 28-Jährige, der aktuell im Verein in drei Wettbewerben eine verlässliche Leistung an die andere reiht.

Als Vizekapitän prägt der Innenverteidiger mit seinem Stellungsspiel, seiner Ruhe und seiner Zweikampf- und Kopfballstärke das Formhoch der Hessen. Dass der Sohn der FCK-Legende Harry Koch durch seine Zeit beim Sportclub Freiburg (2017 bis 2020) mit dem DFB-Team jetzt an seine ehemalige Wirkungsstätte zurückkehrt, freut ihn deshalb ungemein, weil er beim Gastspiel der Eintracht im neuen Stadion gelbgesperrt fehlte. Jetzt winkt ihm im Stadtteil Brühl neben dem Flugplatz womöglich das elfte Länderspiel. (GEA)