Logo
Aktuell Sport

Kugelstoßer Storl: Quarantäne ist »Alibi zum Betrügen«

David Storl
Musste wegen seiner Corona-Quarantäne einen Dopingkontrolleur nach Hause schicken: Kugelstoßer David Storl. Foto: Bernd Thissen/dpa
Musste wegen seiner Corona-Quarantäne einen Dopingkontrolleur nach Hause schicken: Kugelstoßer David Storl. Foto: Bernd Thissen/dpa

FRANKFURT/MAIN. Der zweimalige Kugelstoß-Weltmeister David Storl sieht die Quarantäne bei an Corona erkrankten Spitzensportlern als das »allerbeste Alibi zum Betrügen«.

Dies sagte der 30 Jahre alte Leipziger in einem »Welt«-Interview. Storl war selbst positiv getestet worden und in der häuslichen Isolation.

»Durch meine Quarantäne ist mir bewusst geworden, dass wir es bei den Olympischen Spielen, sofern sie stattfinden, ganz bestimmt nicht mit Chancengleichheit zu tun haben werden«, sagte Storl. »Jedenfalls ist meine Skepsis jetzt noch einmal extrem gestiegen. Weil es für in Quarantäne befindliche Sportler oder Sportlerinnen keine Dopingtests gibt.«

Der Olympia-Zweite von 2012 schilderte in dem Interview, wie zwei oder drei Tage vor dem Ende seiner Quarantäne eine Kontrolleur der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada) bei ihm klingelte. Er habe ihm durch die Freisprechanlage gesagt, dass er wegen seines positiven Befundes die Tür nicht öffnen dürfe. Der Kontrolleur sei dann wieder nach Hause gefahren.

»In dem Moment wurde mir erst einmal so richtig bewusst, wie weit eine Quarantäne dem Betrug Tür und Tor öffnen kann und bestimmt auch wird«, erklärte Storl. »Zu Hause in deinen eigenen vier Wänden bieten sich doch unter der totalen Abschottung alle Möglichkeiten der Welt, um bestimmte Leistungsfähigkeiten mit unerlaubten Stoffen zu verbessern.«

Er empfinde es als »großes Desaster, weil ich für diese zwei Wochen nicht glaubwürdig bin. Ich möchte niemand auf der Welt verdächtigen, dennoch glaube ich und kann es mir gut vorstellen, dass es einige gibt, die die Quarantäne als Schlupfloch nutzen«.

Dabei gebe es nach Storls Ansicht die technischen Möglichkeiten, auch in der Quarantäne getestet zu werden: »Man könnte in einem Videotelefonat zeigen, wie man live in einen Becher uriniert.« Dies würde auf jeden Fall für ein bisschen Abschreckung sorgen. Der Kugelstoßer selbst hatte nach eigenen Angaben während seiner Erkrankung keine schlimmeren, länger anhaltenden Symptome. Storl holte 2011 und 2013 WM-Gold und war dreimal Europameister.

Die Nada bestätigte indes, dass Dopingtests während einer behördlich angeordneten Quarantäne ausgesetzt werden. Sie nutze in diesen Fällen jedoch weitere Möglichkeiten, um auch den Zeitraum ohne herkömmliche Kontrollen genau zu untersuchen, sagte Nada-Sprecherin Eva Bunthoff der Deutschen Presse-Agentur. »Die Analytik bietet hier verschiedene Möglichkeiten, unter anderem im Rahmen des Biologischen Athletenpasses und der Re-Analyse langzeitgelagerter Proben, um mögliche abweichende Entwicklungen während der Quarantäne recherchieren zu können.« (dpa)