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Jugendlicher Aufschwung in Leipzig

Nie zuvor in diesem Jahr spielt ein jüngeres Nationalteam. Tore durch Sané, Süle, Gnabry.

Deutscher Torjubel: (von links) Niklas Süle, Matthias Ginter, Antonio Rüdiger und Timo Werner. Hinten: Kai Havertz.  FOTO: EIBNE
Deutscher Torjubel: (von links) Niklas Süle, Matthias Ginter, Antonio Rüdiger und Timo Werner. Hinten: Kai Havertz. FOTO: EIBNER
Deutscher Torjubel: (von links) Niklas Süle, Matthias Ginter, Antonio Rüdiger und Timo Werner. Hinten: Kai Havertz. FOTO: EIBNER

LEIPZIG. Reinhard Grindel sieht alles in der Spur. »Mit dem Spiel gegen Russland geht der Umbruch nach der Weltmeisterschaft weiter«, sagt der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Und der gestaltete sich schwungvoll. Der viermalige Weltmeister gewann im Bemühen, verlorenes Renommee in Leipzig zurück zu gewinnen, im Test gegen Russland überlegen mit 3:0 (3:0). Und zeigte zumindest 45 Minuten druckvoll offensiv genau das, was sich Bundestrainer Joachim Löw im Kampf gegen den drohenden Abstieg aus der Nations League auf dem Weg zum entscheidenden Spiel gegen die Niederlande am Montag in Gelsenkirchen (20.45 Uhr/ARD) vorstellt.

Löw lobte sein Team: »In der ersten Halbzeit hatten wir eine gute Spielkontrolle.« Da habe seine Elf »Zug zum Tor« entwickelt. Im zweiten Durchgang habe phasenweise die Ordnung gefehlt. »Wir sind sehr zufrieden. Die erste Halbzeit war top von uns, wir haben uns viele Chancen herausgespielt«, sagte Torschütze Gnabry und zeigte sich trotzdem kritisch: »In der zweiten Halbzeit waren wir zu passiv in den Zweikämpfen.«

Überragender Gnabry

In einem Durchschnittsalter von 24,46 Jahren spielte die deutsche Mannschaft die russische Abwehr phasenweise schwindelig. Nach dem Debakel in Russland und insgesamt sechs Niederlagen in diesem Jahr erzielten Leroy Sané, Niklas Süle und der überragende Serge Gnabry die Tore für die Mannschaft von Löw, der nach den positiven Erfahrungen vom 1:2 gegen Weltmeister Frankreich in Saint Denis offenbar doch an den richtigen Stellschrauben dreht. Die Zeichen der Zukunft könnten sich in der Leipziger Arena angedeutet haben.

Noch am Vortag hatte der Bundestrainer gesagt, dass man »die Bedeutung der Nations League vielleicht etwas zu hoch gehängt hat. Ein Abstieg ist kein Weltuntergang, man kann ja auch wieder aufsteigen«. Für Löw geht es ausschließlich um die Qualifikation zur Europameisterschaft 2020: »2019 ist wichtig.« Nicht nur Grindel, auch Löw sagt, seine Mannschaft sei auf dem Weg, lässt keinen Zweifel am neuen Kurs und an seiner Gewissheit, in die Erfolgsspur zurückfinden zu können.

Es sei aktuell nicht so, dass man »aus der Fülle hochkarätiger Talente schöpfen kann«, die Zeiten haben sich geändert, weiß der Bundestrainer. Und setzte genau auf die Talente, die der deutsche Fußball hat. Löw entschied sich in Leipzig für »Jugend total«. Neben Serge Gnabry, Leroy Sané und Timo Werner in der offensiven Reihe zeigten im Mittelfeld Kai Havertz und Joshua Kimmich, die offensiven Außenverteidiger Thilo Kehrer und Jonas Hector sowie die Dreierkette mit Mathias Ginter, Niklas Süle und Antonio Rüdiger vor Torwart Manuel Neuer in der Anfangsformation, wie das neue Gerüst aussehen könnte. Vor allem die offensive Reihe demonstrierte die fußballerische Zukunft.

Gegen Russland, überraschender Viertelfinalist der Weltmeisterschaft, begann die deutsche Mannschaft offensiv und schon in der 8. Minute stand es 1:0. Ein schöner Pass von Kehrer auf Gnabry, der passte in die Mitte auf Sané und der vollendete sicher mit seinem ersten Länderspieltor. Die nächsten Gelegenheiten durch Sané, Gnabry und Werner blieben zunächst ohne Folgen.

Russlands Trainer Stanislaw Tschertschessow berücksichtigte in Leipzig auch die ehemaligen Bundesliga-Profis Roman Neustädter von Fenerbahce Istanbul und Konstantin Rausch von Dynamo Moskau. Die russische Defensive hatte aber große Probleme mit den schnellen offensiven Passfolgen der Deutschen. Manchmal verhinderte ein Pass zuviel eine noch größere Torgefahr. Die größte Chance zum 2:0 vergab in der 24. Minute Sané, als er nach Flanke von Havertz total frei stand, dem russischen Torwart Andrej Lunew aber in die fangbereiten Arme köpfte. Nur eine Minute später erzielte Niklas Süle auf Kopfballvorlage von Rüdiger dann aber das verdiente zweite deutsche Tor. Was offensiv gelang, funktionierte defensiv aber nicht immer. Vor allem Rüdiger unterliefen zahlreiche Stellungsfehler, die die russische Mannschaft aber nicht ausnutzen konnte.

Vieles im Angriff lief über den Leverkusener Kai Havertz, der ein großes Spiel machte. Sein Pass auf Gnabry in der 40. Minute war eine Augenweide, Gnabry, der in Leipzig einmal mehr andeutete, dass er ein Großer werden kann, vollendete zum 3:0. Joachim Streich, Rekordtorschütze der DDR-Nationalmannschaft früherer Tage, sagt treffend: »Endlich wieder Tore. Man merkt den Jungs an, dass sie Fußball spielen wollen, wie viel Spaß sie am Fußball haben. Schnelle offensive Pässe, tolle Tore, wirklich klasse.« Ein Urteil aus berufenem Munde. Der zweite Durchgang begann mit einer Großchance für den Russen Alexej Ionow (48.). Die Mannschaft von Löw erlaubte sich einige Ungenauigkeiten, der große Schwung des ersten Durchgangs war dahin und verlor zudem noch den Kölner Jonas Hector, der in der zweiten Halbzeit nach einem üblen Foul mit einer schweren Knöchelverletzung vom Platz musste. (GEA)

 

SPIELSTATISTIK

Deutschland – Russland 3:0 (3:0)

Deutschland: Neuer – Ginter, Süle, Rüdiger (60. Tah) – Kimmich – Kehrer, Havertz (65. Rudy), Hector (70. N. Schulz – Gnabry (73. Müller), Werner (65. Brandt), L. Sané (78. Goretzka)

Russland: Lunew – Nababkin (79. Semjonow), R. Neustädter, Dschikia, K. Rausch (73. Kudriaschow) – Gasinski, Kusjajew (71. Kambolow) – Ionow (75. Polos), Al. Mirantschuk (61. An. Mirantschuk), Jerochin – Ari (55. Zabolotnyi)

Tore: 1:0 L. Sané (8.), 2:0 Süle (25.), 3:0 Gnabry (40.) – Schiedsrichter: Schärer (Schweiz) – Zuschauer: 35 288