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Herrlichs Corona-Eigentor: Verstoß wegen Zahnpasta und Creme

Heiko Herrlich wollte eine unterhaltsame Anekdote erzählen. Tatsächlich offenbart der Augsburger Coach einen Verstoß gegen die Corona-Regeln im DFL-Konzept.

Heiko Herrlich
Neu beim FC Augsburg auf der Trainerbank: Heiko Herrlich. Foto: Stefan Puchner/dpa
Neu beim FC Augsburg auf der Trainerbank: Heiko Herrlich. Foto: Stefan Puchner/dpa

AUGSBURG. Heiko Herrlich handelte immerhin konsequent. Er zeigte sich selbst die Rote Karte. Nach 67 Tagen hätte die Wartezeit auf sein Debüt auf der Augsburger Trainerbank endlich enden sollen - nun geht sie in die nächste Verlängerung.

Ein Hygiene-Fauxpas zwingt den ehemaligen Fußball-Nationalstürmer zu einer selbst auferlegten Zwangspause beim Heimspiel am Samstag gegen den VfL Wolfsburg.

Eine Gedankenlosigkeit, die gerade bei ihm und seiner Vorgeschichte niemand erwartet hätte, beschädigt sein Ansehen und seine Autorität als Chef der FCA-Profis schon vor dem Neustart der Bundesliga. Weil der 48-Jährige Zahnpasta und Hautcreme benötigte, verstieß er gegen Quarantäne-Regeln der DFL und leistete anschließend Abbitte.

»Ich habe einen Fehler gemacht, indem ich das Hotel verlassen habe. Auch wenn ich mich sowohl beim Verlassen des Hotels als auch sonst immer an alle Hygienemaßnahmen gehalten habe, kann ich dies nicht ungeschehen machen«, entschuldigte sich Herrlich, dessen FCA-Debüt sich schon wegen der Corona-Krise immer weiter verzögert hatte.

»Ich bin in dieser Situation meiner Vorbildfunktion gegenüber meiner Mannschaft und der Öffentlichkeit nicht gerecht geworden«, bedauerte der sonst reflektierte Herrlich. »Ich werde daher konsequent sein und zu meinem Fehler stehen.« Herrlich kündigte an, im Vorfeld der Partie gegen den VfL nicht das Training zu leiten und auch die Mannschaft im Spiel nicht im Augsburger Stadion zu betreuen. Wer das Kommando auf der Bank führen wird, ließ der FC Augsburg zunächst offen. In Frage kommen die beiden Co-Trainer Jonas Scheuermann und Tobias Zellner.

Nach der Video-Affäre um den danach suspendierten Hertha-Profi Salomon Kalou schürte nun ausgerechnet der Risikopatient Herrlich die Zweifel am DFL-Konzept zur Fortsetzung der Bundesliga-Saison. Herrlich hatte auf einer Video-Pressekonferenz am Donnerstag eigentlich eine unterhaltsame Anekdote erzählen wollen, um den auch für ihn schwierigen Umgang mit der Coronavirus-Krise zu illustrieren.

»Wir sind im Hotel in Quarantäne und sollen da eigentlich auch nicht rausgehen. Es gibt aber Situationen, die es einfach erfordern«, schilderte Herrlich, der durch einen Gehirntumor im Jahr 2000 ein nach eigener Aussage beschädigtes Immunsystem hat. Seine Zahnpasta ging ihm aus, auch Hautcreme hatte er nicht mehr. »Und dann bin ich mit meinem Trainingsanzug in der Nähe zu einem Supermarkt gegangen.«

Laut DFL-Konzept sollen dagegen »mindestens die letzten sieben Tage vor Saisonbeginn als Trainingslager in Quarantäne verbracht« werden. In ihren Quartieren sollen Spieler, Trainer und Betreuer isoliert und so vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus geschützt werden.

Der ahnungslose Herrlich schmückte seine Episode sogar noch aus: Wie er zunächst seine Gesichtsmaske im Hotel vergessen hatte und dann auch kein Wechselgeld für einen Einkaufswagen hatte. So plauderte sich der FCA-Coach ins Abseits. In den kommenden Tagen werden nun nach Vereinsangaben weitere Corona-Tests durchgeführt. »Nach zwei negativen Testergebnissen wird Heiko Herrlich die Trainingsarbeit beim FC Augsburg wieder aufnehmen«, hieß es.

Herrlich hatte kurioserweise in der Pressekonferenz auch um Verständnis geworben für den Fall von bestimmten Verstößen der Spieler gegen Hygieneregeln. Auf Abklatschen und Umarmungen sollen die Profis beim Jubeln verzichten, auch Spucken soll auf dem Platz unterbleiben. »Die Vorgaben sind gut und richtig, aber wenn das in der Emotion, und Fußball ist ein emotionales und leidenschaftliches Spiel, trotzdem passiert, dann darf man niemanden verurteilen. Jeder ist mit der Situation neu konfrontiert«, sagte Herrlich.

»Falls es aus der Emotion heraus, der Leidenschaft und Freude doch passiert, dann darf man das dem Spieler nicht vorwerfen«, meinte Herrlich. Er warnte sogar davor, mögliche Verstöße öffentlich zu verurteilen: »Wenn wir anfangen, das zu kontrollieren und in den Medien zu zeigen und das denunzieren, sind wir in einer Sackgasse.«

Der frühere Leverkusener Trainer war am 10. März in Augsburg als Nachfolger von Chefcoach Martin Schmidt präsentiert worden. Sollte nun kein positives Testergebnis oder keine weitere Verfehlung dazwischenkommen, dürfte Herrlich die Augsburger das erste Mal als Trainer an der Seitenlinie in einer Woche gegen Schalke betreuen. (dpa)