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Goldhoffnung Wendy mag keine Äpfel

Weil der Däne Andreas Helgstrand für zwei Jahre gesperrt wurde, übernahm Isabell Werth seine Top-Stute.

Ab Mittwoch in Versailles im Viereck: Isabell Werth mit Wendy.  FOTO: ANSPACH/DPA
Ab Mittwoch in Versailles im Viereck: Isabell Werth mit Wendy. FOTO: ANSPACH/DPA
Ab Mittwoch in Versailles im Viereck: Isabell Werth mit Wendy. FOTO: ANSPACH/DPA

VERSAILLES. Wer sein Pferd kennt, weiß, welche Leckereien es besonders schätzt. Dass Äpfel nicht dazugehören, ist selten. Da musste selbst Isabell Werth, die beste Dressurreiterin der Welt, noch dazulernen. Denn ihre neue Goldhoffnung, die lackschwarze Dänenstute Wendy de Fontaine, verschmäht Äpfel, ist aber verrückt nach Bananen. Und die wird sie als Belohnung für ihre herausragenden Leistungen in den vergangenen Wochen zur Genüge bekommen haben. Denn das Pferd ist so etwas wie der Shootingstar in der Dressurszene.

Beim CHIO in Aachen, dem renommiertesten Reitturnier der Welt, haben Isabell Werth und die erst zehnjährige Wendy so abgeräumt, dass die Fachwelt aus dem Staunen nicht mehr herauskam. Das Paar gewann unangefochten erst den Grand Prix Special und dann die Grand Prix Kür. Damit sicherte sich das neue deutsche Dream-Team den Startplatz für Paris. Dabei haben Ross und Reiterin erst vor gut einem halben Jahr zusammengefunden. Isabell Werth profitierte gewissermaßen davon, dass dem dänischen Equipereiter Andreas Helgstrand im vergangenen Jahr Tierquälerei nachgewiesen worden war, und er damit zwei Jahre für jeglichen Turniereinsatz gesperrt wurde. Seine beiden Spitzenpferde Wendy, die damals noch Queenspark Wendy hieß, und Jovian wurden in Absprache mit den Eigentümern in andere Ställe vergeben. Wendys Besitzerin Bolette Wandt vom Château de Fontaine entschied sich für eine Partnerschaft mit Isabell Werth und deren langjähriger Mäzenin Madeleine Winter-Schulze. Ein Glücksgriff für alle, denn die 54-jährige Werth, die ihre zwölf Olympiamedaillen auf vier verschiedenen Pferden erritten hat, entwickelte auf Anhieb das richtige Gespür für die junge Stute.

So jung schon so gut

Waren bei den Siegen in Le Mans im Februar und beim Traditionsturnier in Mannheim im Mai noch leichte Schwächen im Schritt und bei den Galoppwechseln erkennbar, steigerte sich das hochtalentierte Pferd unter seiner erfahrenen Reiterin mit jeder Prüfung. Zu Wendys Stärken gehören die eindrucksvoll kreuzenden Traversalen sowie die für ein so junges Pferd ungewöhnliche Sicherheit in Piaffe und Passage. In Aachen lieferte das Paar dann eine so beeindruckende Leistung ab, dass Werth selbst ganz überwältigt war. Schon vor der Grußaufstellung in der letzten Prüfung schossen ihr die Tränen in die Augen. »Sie hat nicht einmal geschwitzt«, kommentierte Werth perplex die Vorstellung ihres Ausnahmepferdes.

Mit Wendy hat die erfolgreiche Dressurreiterin nun die Chance, als Rekord-Olympionikin in die Geschichte einzugehen. Derzeit hält die Kunstturnerin Larissa Latynina (ehemalige Sowjetunion) den Rekord mit neun olympischen Goldmedaillen. Gelingt Werth in Paris jeweils Platz eins mit dem Team und im Einzel, könnte sie mit Latynina gleichziehen.

Doch die starke Konkurrenz aus dem eigenen Land wird etwas dagegen haben. Titelverteidigerin Jessica von Bredow-Werndl aus dem bayerischen Aubenhausen und ihre 17-jährige Trakehnerstute Dalera sind in bestechender Form. Kaum eine andere Pferd-Reiter-Kombination kommt international derzeit an deren Bestmarken heran. Zumindest Werth und Wendy wäre das zuzutrauen. Gold ist für Deutschland auf alle Fälle wieder einmal zum Greifen nahe. (GEA)