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»Fülle« oder Müller? Personalfragen vor Gruppenfinale

»Super-Joker« Niclas Füllkrug jubelt nach seiner Heldentat.  FOTO: MICHAEL/DPA
»Super-Joker« Niclas Füllkrug jubelt nach seiner Heldentat. FOTO: MICHAEL/DPA
»Super-Joker« Niclas Füllkrug jubelt nach seiner Heldentat. FOTO: MICHAEL/DPA

DOHA. Wer einen Thomas Müller aufs Podium setzt, garantiert allerbeste Unterhaltung, gepaart mit Fußball-Weisheiten und kollegialer Wertschätzung. Der Münchner musste gestern mit dem Bremer Füllkrug zur Pressekonferenz, zwei nominelle Konkurrenten, die aber alles vermieden, das zu zeigen.

Niclas Füllkrug und Thomas Müller. Wer wird am Donnerstag gegen Costa Rica als Nummer 9 auflaufen? »Doofe Frage«, befand Füllkrug, während Thomas Müller pragmatisch antwortete: »Die 9 auf dem Rücken hat der Fülle.« Der Münchner sagte: »Wenn wir nicht so viele gute Offensivspieler im Kader hätten, wäre das eine einfache Schlussfolgerung: Lücke vorn, ich dahinter, aber Hansi hat die Qual der Wahl.« An gegenseitiger Wertschätzung fehlte es nicht: »Thomas ist ein absoluter Führungsspieler, auf dem Platz und auch daneben«, urteilte Füllkrug, Müller legte nach: »Niclas hat gezeigt, wo das Tor steht.«

»Das zaubert uns ein Lächeln aufs Gesicht«

Inhaltlich waren sich die beiden Stürmer einig: Trotz der guten Leistung gegen Spanien sei nominell noch nicht viel erreicht. »Deshalb gab es für mich nach dem Spiel auch keinen Grund für Freudensprünge«, sagte der Bremer zu seinem geerdeten Auftreten vor den Medien, trotz seines allseits gefeierten Tores. Auch Müller urteilte mit Blick auf das Costa Rica-Spiel: »Wir müssen gewinnen, haben aber sehr viel Respekt.« Der Bayern-Routinier mit der Erfahrung von 120 Länderspielen mit 44 Toren zeigte sich selbstkritisch: »Am Ende wirst du nach außen an Torbeteiligungen und Torszenen bewertet, da bin ich mit null Torschüssen nach zwei Spielen nicht zufrieden.« Im Training allerdings sei er aktuell »ziemlich treffsicher unterwegs«, was auch Füllkrug gleich bestätigte. Gleichwohl zeigte sich Thomas Müller angetan von dem Mannschaftsgeist und der Umsetzung bei der Fehlerbehebung. »Das gibt mir Hoffnung, wenn man sich etwa die Kompaktheit anschaut. Wir hatten eine deutlich aktivere Kette, haben die Spanier besser als erwartet vom Tor weghalten können.« In einzelnen Szenen sei das Fußball »auf höchstem Niveau, auf höchstem Tempo« gewesen. Müller: »Nicht alles war mit der allerfeinsten Klinge zu Ende gespielt, aber wir haben gemeinsam gespielt und verteidigt, hatten die Intensität, die wir brauchen, um weit zu kommen.«

Müller ergänzte: »Positiv stimmt mich, dass wir auf höchstem Niveau auch gegen schwierige Gegner bestehen können. Da war ich vorher nicht so sicher.« Der späte Ausgleich von Niclas Füllkrug sei ein Mutmacher. »Wir werden noch einige goldene Momente brauchen«, erklärte der gut gelaunte Routinier mit Spitzname Radio Müller, der sich auch vorstellen kann, dass Mario Götze noch eine Rolle im Turnier spielen werde: »Ich glaube, dass es die Chance gibt, dass er diesen Götze-Moment wieder bekommen kann.« Dass er Leroy Sané in der Startelf sehen möchte, sagte er ebenfalls deutlich.

Beim Blick in die Zukunft steht besonders die Defensive im Mittelpunkt: Offensiv hat Flick angesichts guter Qualität die Qual der Wahl, in der Abwehr aber offensichtliche Probleme. Die Lösung mit Niklas Süle auf der rechten Abwehrseite ging gegen Japan schief, Thilo Kehrer machte es gegen Spanien nicht besser. Der in Tübingen geborene Poltringer Kehrer wirkte da teilweise überfordert und machte sich durch Stellungsfehler selbst das Leben unnötig schwer. Das ist die größte Baustelle im Team.

Links hat David Raum nach anfänglichen Problemen so gespielt, dass er nicht zur Disposition stehen dürfte. In der Innenverteidigung zeigte Süle neben dem starken Antonio Rüdiger nur eine befriedigende Leistung. Allerdings fehlt Flick hier die Alternative. Nach der Weisheit, dass mit dem Sturm Spiele und mit der Abwehr Turniere gewonnen werden, muss Flick auf der rechten Abwehrseite einen guten Einfall haben. Spätestens in den K.o.-Spielen könnte die Variante mit Joshua Kimmich immer dringlicher werden. Wir erinnern uns an die WM 2014 bei der Jogi Löw seinen Kapitän Philipp Lahm aus dem Mittelfeld auf dessen ungeliebte Position hinten rechts in der Abwehr gezogen hatte. Im Sinne der Mannschaft, wie sich in Rio zeigte.

Müllers Blick auf das Entscheidungsspiel gegen Costa Rica: »Wir haben sehr viel Demut, wir haben selbst nur einen Punkt und ein negatives Torverhältnis.« Das sei kein Grund, euphorisch zu sein. Aber es bestehe die Chance ins Achtelfinale zu kommen und dann zu zeigen, was in der Mannschaft stecke. Müller ganz Müller: »Das zaubert uns ein Lächeln aufs Gesicht.« (GEA)