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Ex-Tübinger Lukas Esser kommentiert Finale der Champions League mit Marcel Reif

Es ist noch gar nicht lange her, da träumte Lukas Esser als Student der Uni Tübingen davon, irgendwann eines der größten Sportevents der Welt kommentieren zu dürfen, nämlich das Champions-League-Finale. Am vergangenen Samstag war es so weit: Gemeinsam mit Marcel Reif begleitete er die Partie am Mikrofon in der Münchener Allianz-Arena für einen Schweizer Fernsehsender.

Die Kommentatoren unter sich am Spielfeldrand: Lukas Esser (links) und Marcel Reif in der Münchener Allianz-Arena vor dem Champi
Die Kommentatoren unter sich am Spielfeldrand: Lukas Esser (links) und Marcel Reif in der Münchener Allianz-Arena vor dem Champions-League-Finale 2025. Im Hintergrund machen sich die Spieler warm. Foto: Privat
Die Kommentatoren unter sich am Spielfeldrand: Lukas Esser (links) und Marcel Reif in der Münchener Allianz-Arena vor dem Champions-League-Finale 2025. Im Hintergrund machen sich die Spieler warm. Foto: Privat

TÜBINGEN/MÜNCHEN. Beim Finale dahoam 2012 waren Sie als Zuschauer im Stadion. Wie fühlt es sich an, dreizehn Jahre später dieses Großereignis kommentieren zu dürfen?

Lukas Esser: Es fühlt sich großartig und auch ein bisschen surreal an. Der Moment im Stadion, wenn die Hymne der Champions League abgespielt wird, ist schon sehr emotional. Während die Musik läuft, rede ich als Kommentator nicht und da habe ich so ein bisschen realisiert, was gerade passiert. Ich sitze in der Arena und kommentiere das Finale. 2012 habe ich noch studiert, mit dem klaren Ziel, Kommentator zu werden und ein Traum war es immer, das Endspiel der Königsklasse zu kommentieren. Dafür habe ich viel gearbeitet und auch daran geglaubt, dass es irgendwann klappt. Es wird aber sicher dauern, bis ich verstehe, dass es wirklich passiert ist.

Bisher haben Sie die vergangenen drei Finalspiele der Europa-League kommentiert. Welche Unterschiede und Herausforderungen gab es in der Champions League?

Esser: Beim Endspiel der Champions League ist einfach alles nochmal ein bisschen größer, auch die Kommentatoren-Tribüne. Kollegen aus der ganzen Welt sind da und der Pressebereich ist natürlich auch ausverkauft (lacht). Unten am Spielfeldrand ist alles extrem gedrängt, es sind sehr viele Prominente in der Arena, vor allem ehemalige oder aktuelle Spieler. Direkt vor meiner Kommentatoren-Position saß zum Beispiel Alphonso Davies vom FC Bayern München.

Wie war die Stimmung in der Münchener Allianz-Arena ohne Beteiligung des FC Bayern?

Esser: Vor der Partie wurde bereits von beiden Fan-Lagern fleißig Stimmung gemacht. Die Party verlagerte sich dann aber recht schnell auf die Nordkurve der Arena, zu den PSG-Fans. Lag natürlich am Ergebnis, nach 20 Minuten führten die Franzosen schon mit 2:0. Den ersten Treffer machte ausgerechnet Achraf Hakimi, der in der Saison 2020/21 bei Inter spielte und Meister in Italien wurde. Das alles zusammen war natürlich mega bitter für die italienischen Fans, einige verließen auch schon vor Abpfiff der Partie die Arena. Bereits vor dem Spiel kam es zwischen den Fans in der Münchener Innenstadt zu Schlägereien.

Kommentator Lukas Esser vor dem Champions-League-Finale 2025 in München. Neben ihm der Pokal, den die Pariser in den Himmel der
Kommentator Lukas Esser vor dem Champions-League-Finale 2025 in München. Neben ihm der Pokal, den die Pariser in den Himmel der Allianz-Arena recken durften.
Kommentator Lukas Esser vor dem Champions-League-Finale 2025 in München. Neben ihm der Pokal, den die Pariser in den Himmel der Allianz-Arena recken durften.

Wie war es im und ums Stadion?

Esser: Als mich das Taxi am Spieltag vor der Arena abgesetzt hat, waren bereits einige Fans vor Ort. Da machte alles einen friedlichen Eindruck. Viele Autos mit französischen und italienischen Kennzeichen kamen am Stadion an. Während der Partie ist mir auch nichts Wildes aufgefallen. Kurz vor Abpfiff allerdings war ich mir nicht sicher, ob es zu einem Platzsturm der Pariser Fans kommt. Aber weiter als bis zur Strafraumgrenze ging es am Ende nicht. Nach dem Finale bin ich mit Fans von PSG in der U-Bahn zum Hotel gefahren, es war sehr schwül, sehr gedrängt, aber alles friedlich und immer wieder wurde gesungen.

Das Ergebnis ist schon mal historisch. Gab es unvergessliche Momente für Sie persönlich?

Esser: Die Hitze war unvergesslich (lacht). Im Taxi auf dem Weg zum Stadion wurden 31 Grad angezeigt, da klebte ich gefühlt schon an den Ledersitzen fest. Den Großteil der Woche davor hatte es ja geregnet, das war schon eine Umstellung. Es gab viele tolle Momente, viele unvergessliche Geschichten. Das Spiel war ja recht schnell entschieden, aber mit jedem weiteren Tor merkte man in der Arena, es passiert etwas Historisches. Wir haben uns ungläubig angeschaut auf der Tribüne. Ein Endspiel mit fünf Toren Differenz hat es bisher noch nie gegeben.

Wie sieht der Tagesablauf vor dem Finale aus?

Esser: Auf ein Fußballspiel in München bereitet man sich natürlich mit einem Weißwurstfrühstück im Hotel vor (lacht). Wäre schon arg getrickst.

Und mit Weißbier?

Esser: Nein, natürlich nicht (lacht). Aber gesellig ist es trotzdem. Währenddessen bespreche ich mit einem Kollegen die Abläufe der Sendung und wir planen grob, wann wir zur Arena gehen. Der größte Teil der Spielvorbereitung ist am Finaltag bereits erledigt. Der Austausch mit unserem Moderator und der Social-Media-Abteilung ist wichtig. Bevor es zur Arena geht, schlafe ich noch eine halbe Stunde. Im Stadion ist der erste Schritt ein Tontest am Kommentatorenplatz. Danach bin ich erstmal vor der Kamera aktiv, mache Beiträge für Social-Media und auch für die Studiosendung. Im Anschluss geht es zum Kommentatorenplatz, es gibt die finalen Vorbereitungen, das Spiel kann beginnen.

Sie haben jetzt erstmals ein Champions-League-Finale kommentiert. Wie hart war der Weg dorthin?

Esser: Es war ein schöner, aber auch ein harter Weg. Es braucht schon Ausdauer und immer wieder muss man das Schiff durch Stromschnellen navigieren, Rückschläge gehören dazu. Außerdem gibt es noch einen anderen Aspekt: Meistens arbeite ich, wenn andere Menschen freihaben, also viel am Wochenende und abends. Leider habe ich einige Geburtstage und andere Feste verpasst. Aber zum Glück bekomme ich es in letzter Zeit ganz gut hin, Familie und Freunde regelmäßig zu sehen. Sie sind das Wichtigste!

Wie ist es, Marcel Reif als Co-Kommentator zu haben?

Esser: Irgendwie ist es auch ein bisschen surreal, dass er neben mir als Co-Kommentator sitzt. Herr Reif bringt natürlich eine wahnsinnige Erfahrung mit und kann das Geschehen auf dem Platz bestens einschätzen. Beim Stand von 5:0 habe ich ihn gefragt, ob er sich an ein ähnlich deutliches Finale erinnern kann. Auch ihm fiel nichts ein und das heißt was (lacht).

Zur Person

Lukas Esser, geboren am 19. Januar 1990 in Filderstadt, hat Sportpublizistik an der Universität Tübingen studiert. Anschließend absolvierte er den Masterstudiengang Sportmanagement. Während der Studienzeit arbeitete er als freier Mitarbeiter im Stuttgarter SWR-Studio.

Er moderiert seit zwölf Jahren den Tübinger Erbe-Lauf. Seit 2018 kommentiert er für einen Schweizer Pay-TV-Sender Spiele der Champions League und Europa League sowie weitere nationale Topligen. In den Jahren zuvor kommentierte Esser drei Endspiele der Europa League im Stadion. (stan)

Würden Sie für einen deutschen Sender kommentieren, was würden Sie dann anders machen?

Esser: Der Fokus liegt natürlich immer auf dem Land, für das man arbeitet. Im Kommentar bin ich viel auf Yann Sommer eingegangen oder habe Geschichten mit Schweizer Bezug erzählt. Beispielsweise wurde der Pokal in Bern von einem Schweizer hergestellt, der unter Zeitdruck stand, weil er geheiratet hatte und die Flitterwochen schon gebucht waren. Rechtzeitig war das Projekt fertig und es ging zu einem Bootsausflug nach Los Angeles. Bei einem deutschen Sender wäre die Themensetzung anders. Warum steht Inter im Finale und nicht die Bayern. Spielt Yann Bisseck, der deutsche Verteidiger bei den Italienern.

Wie war die Resonanz auf Ihren Kommentar?

Esser: Wie eigentlich fast immer bei großen Spielen war es ein bunter Blumenstrauß. Es gab Zuschauer, die sich über meinen Kommentar aufgeregt haben, andere fanden es eine tolle Leistung. Sehr gefreut habe ich mich über die mega Unterstützung meiner Bekannten. Ziemlich direkt nach dem Spiel hat mich ein sehr guter Freund angerufen und mir gratuliert, dazu hatte ich extrem viele Nachrichten auf meinem Handy.

Haben Sie nach dem Finale noch ein bisschen gefeiert?

Esser: Tatsächlich. Nach dem Spiel ging es erstmal ins Hotel. Wir waren sehr müde, haben uns dann aber entschieden, in die Stadt zu gehen. Es war doch eine etwas längere Runde. Geschlafen habe ich gegen 5.30 Uhr (lacht).

Kommentator Lukas Esser sitzt auf der Presse-Tribüne der Allianz-Arena beim Champions-League-Finale 2025 in München. Foto: Priva
Kommentator Lukas Esser sitzt auf der Presse-Tribüne der Allianz-Arena beim Champions-League-Finale 2025 in München. Foto: Privat
Kommentator Lukas Esser sitzt auf der Presse-Tribüne der Allianz-Arena beim Champions-League-Finale 2025 in München. Foto: Privat

Bei den Feiern in Paris sind zwei Menschen gestorben, ein Polizist befindet sich im Koma. Überschatten solche Ereignisse das Finale im Nachgang?

Esser: Solche Ereignisse überschatten das Finale extrem. Die Gedanken sind natürlich bei den Familien der Verstorbenen. Es ist ja auch nicht so, dass da mal eben was aus Versehen passiert ist. So viele brennende Autos, geplünderte Geschäfte, das sind Straftaten. Für mich absolut unverständlich, warum sich Menschen so daneben benehmen. (GEA)