Vermutlich ist es unter sportlichen Gesichtspunkten erneut ein vorentscheidender Fingerzeig. Gegen eine ambitionierte japanische Mannschaft das erste Spiel bei dieser Skandal-Weltmeisterschaft zu verlieren, ist zunächst natürlich enttäuschend, aber vor allem ein Hinweis auf den Zustand der Formation des Bundestrainers Hansi Flick. Bei der nicht aus dem Blick geraten kann, dass die Abwehr weiter das gravierende Problem bleibt. Abgesehen von Antonio Rüdiger, vor dessen Entwicklung man Respekt empfinden muss, zumal dann, wenn man sich an seine anfänglich eher untauglichen Versuche beim VfB Stuttgart erinnert.
Die Offensive, vor allem aber das hochkarätig besetzte Mittelfeld, ist durch die Reihe aller Akteure international wirklich vorzeigbar, aber das entscheidende zweite Tor gegen die Japaner gelingt trotz zahlreicher Chancen eben auch nicht. Vor allem, weil eine durchsetzungsstarke offensive Zentrale fehlt. Das wirklich grundlegend Überraschende ist am Ende aber, dass dem Bundestrainer und seinem umfangreichen Trainer- und Beraterstab nach der für jeden sichtbaren taktischen Umstellung der Japaner auf die Dreierkette in der Defensive im zweiten Durchgang keine taktische Antwort einfällt.
Weil die dringend erforderliche Reaktion unterblieb, konnte es der japanische Nationaltrainer Hajime Moriyasu, ein ehemaliger Mittelfeldspieler, berechenbar riskieren, alles an Offensivkräften einzuwechseln, was ihm auf der Bank zur Verfügung stand. Insofern war der japanische Erfolg nach 97 Minuten keine wirkliche Überraschung mehr, sondern das absehbare Resultat fehlender taktischer Umstellungen. Flicks Auswechslungen waren eher unglücklich, und am Ende kamen dann bezeichnende individuelle Fehler überforderter Defensivakteure wie Niklas Süle und Nico Schlotterbeck hinzu, die einen Erfolg unmöglich machten. Bei aller Sympathie für Hansi Flick: Es wird schwer werden, die Vorrunde zu überstehen.