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Der Weltmeister fliegt raus: Das Ende aller Träume

Die Tournee des Weltmeisters in Russland ist beendet, alle verwegenen Träume von einer erfolgreichen Titelverteidigung sind ausgeträumt. Durch eine indiskutable Vorstellung gegen Südkorea scheidet die deutsche Fußball-Nationalmannschaft in Russland bereits nach der Vorrunde aus. Das blamable 0:2 (0:0) des Favoriten gegen den Außenseiter war die Schlussvorstellung eines Weltmeisters, der seiner Position in der Welt nicht mehr würdig ist. Das gleichzeitige 3:0 der Schweden gegen Mexiko bedeutete das totale Desaster für die Mannschaft und den Bundestrainer. Joachim Löw dürfte vor dem Rücktritt stehen.

Knapp gescheitert
Leon Goretzka scheitert mit seinem Kopfball an Hyeo-Nuh Jo. Foto: Ina Fassbender
Leon Goretzka scheitert mit seinem Kopfball an Hyeo-Nuh Jo. Foto: Ina Fassbender

KAZAN. Was der Weltmeister in 90 Minuten ablieferte, war der völlige Gegensatz zu dem, was Joachim Löw noch am Vortag erzählt hatte, seine Mannschaft blieb in jeder Phase des Spieles den Beweis schuldig, in die K.o.-Runde vorstoßen zu können. Das Gerede vom Ziel Titelverteidigung erwies sich in Kazan als Realitätsverschiebung. »Wir wollten in diesem Spiel für Klarheit sorgen und uns aus eigener Kraft für das Achtelfinale qualifizieren«, hatte Löw vor dem Spiel formuliert. Was für eine völlige Fehleinschätzung eines Trainers, der seit 2006 im Amt ist und vor vier Jahren in Rio de Janeiro den größten Erfolg seiner Karriere feierte. Die Tore für die Südkoreaner erzielten Young Won Kim und Heung Min Son in der Nachspielzeit, der Jubel war ebenso grenzenlos wie die Enttäuschung auf der Gegenseite. 

Löw nominierte bei diesem Turnier erstmals Niklas Süle neben Rückkehrer Mats Hummels für die Innenverteidigung, weil das Duo beim FC Bayern als eingespielt gilt, die Außenpositionen blieben mit Joshua Kimmich und Jonas Hector unverändert. Im Mittelfeld positionierte der Bundestrainer im defensiven Bereich überraschend Sami Khedira neben dem unumstrittenen Toni Kroos, die Rückkehr von Mesut Özil lag dagegen im Rahmen der Erwartungen in Kazan. Offensiv entschied sich der Bundestrainer gegen Thomas Müller und für die Premiere von Leon Goretzka auf der rechten Seite, zentral für Timo Werner, offensiv links für Marco Reus, der beim 2:1 gegen Schweden noch zentral gespielt hatte.

Enttäuscht
Mesut Özil läuft enttäuscht über den Platz. Foto: Ina Fassbender
Mesut Özil läuft enttäuscht über den Platz. Foto: Ina Fassbender

Die Begegnung begann zäh. Fast ausschließlicher Ballbesitz, aber keine Torchance. Leon Goretzka wirkte wie ein Fremdkörper im Team, ohne Bindung zu seinen Mitspielern. Die deutsche Offensive ohne Überraschungsmomente, als hätten die Wechsel von Löw dem Titelverteidiger die Orientierung genommen. Die Angreifer massierten sich zu intensiv in der Mitte, eine erste Schrecksekunde in der 19. Minute, als Neuer einen Freistoß von Woo Young Jung nicht festhalten konnte und nur in allerhöchster Not einen drohenden Nachschuss von Heung Min Son von Tottenham Hotspur verhindern konnte. Sami Khedira gewann nicht einen einzigen Zweikampf und so gut wie kein Pass von ihm fand einen Mitspieler. In dem offensiven Durcheinander verloren auch Marco Reus und Timo Werner zusehends die Orientierung. Pfiffe zur Halbzeit.

Jubelnde Koreaner
Spieler von Südkorea jubeln über das Tor zum 1:0 durch Young-Gwon Kim. Foto: Christian Charisius
Spieler von Südkorea jubeln über das Tor zum 1:0 durch Young-Gwon Kim. Foto: Christian Charisius

Löw reagierte aus unverständlichen Gründen in der Halbzeit nicht. Goretzka vergab mit einem schwachen Kopfball nach nur zwei Minuten freistehend eine 100-Prozent-Chance, das Spiel des Titelverteidigers wurde nicht besser. Im Gegenteil. Timo Werner scheiterte in der 52. Minute überhastet. Die Minuten verrannen. Mario Gomez und Thomas Müller kamen in die Mannschaft, ohne noch etwas bewegen zu können. Müller scheiterte mit einem Kopfball (66.), Gomez trat über den Ball. Und Özil trabte über den Rasen, als habe er mit dieser Mannschaft nichts zu tun. Für die Ansprüche von Löw eine unterirdische Vorstellung. Das 2:1 gegen die Schweden war nicht mehr als ein Strohfeuer. Einzig Kroos und Hummels vermittelten den Eindruck, sich irgendwie noch wehren zu wollen. Und dann brach die Ordnung völlig zusammen, Südkorea übernahm das Kommando und sicherte sich den einzigen, aber folgenlosen Sieg gegen den Weltmeister.

Harter Zweikampf
Mats Hummels kommt vor Heung-Min Son an den Ball. Foto: Ina Fassbender
Mats Hummels kommt vor Heung-Min Son an den Ball. Foto: Ina Fassbender

Teammanger Oliver Bierhoff hatte am Vortag die Notwendigkeit einer Stammformation bestritten (»Wir haben viele Spieler auf einem Level, wollen lange im Turnier bleiben und brauchen alle. Es spricht nichts gegen Rotation«) und lag damit ebenso daneben wie der Bundestrainer. Löw wollte gegen die Südkoreaner erneut zeigen, dass er sich nie festlegen lässt. Immer wieder gibt es eine Überraschung, obwohl mit der Aufstellung gegen Schweden mit Ausnahme des gesperrten Jerome Boateng eine Formation gefunden schien, mit der man durch das Turnier gehen kann. Nicht mit Joachim Löw. Dachte der Bundestrainer. Und genau das war sein Fehler.

Strafraum-Gewusel
Torwart Hyeo-Nuh Jo kann den Torschuss von Mats Hummels abwehren. Foto: Ina Fassbender
Torwart Hyeo-Nuh Jo kann den Torschuss von Mats Hummels abwehren. Foto: Ina Fassbender

Wie Italien 2010 und Spanien 2014 fliegt der Weltmeister 2014 vorzeitig nach Hause. Was sich gegen Schweden mit viel Glück als eine Möglichkeit erwies, im Turnier zu bleiben, wechselte Löw gegen Südkorea ohne Not wieder weg. Verhängnisvoll. (GEA)

In die Zange genommen
Timo Werner (M) kommt nicht an zwei Südkoreanern vorbei. Foto: Christian Charisius
Timo Werner (M) kommt nicht an zwei Südkoreanern vorbei. Foto: Christian Charisius
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