FRANKFURT. Die Zeiten sind zwar vorbei, dass der ehemalige Frankfurter Präsident Peter Fischer seine Aversion gegen das Konstrukt RB Leipzig als »einer von diesen Dosen-und-Plastik-Vereinen« öffentlich vor dem Waldstadion auf einer Bühne herausbrüllt, aber eine gewisse Abneigung hält die Eintracht bis heute aufrecht. So wird vor dem Topspiel zwischen Eintracht Frankfurt und RB Leipzig (Samstag 18.30 Uhr/Sky) erneut das Gästelogo nirgendwo abgebildet. Weder digital auf der Homepage noch analog auf den Ankündigungstafeln am Waldstadion. Die Bullen werden bewusst ausgeblendet.
Fast ein bisschen albern, weil sowohl Trainer Dino Toppmöller als auch Manager Markus Krösche vor einigen Jahren für den Red-Bull-Club gearbeitet haben. Für ihren Job im Herzen von Europa waren das wertvolle Erfahrungen. Und eigentlich steckt im Kräftemessen Dritter gegen Vierter genug Brisanz. Als Schlüsselspiel um die Champions-League-Qualifikation: Für die Hessen wäre die Königsklasse ein enormer Zugewinn, weil in der Budgetplanung eigentlich nicht eingerechnet. Bei den Sachsen hingegen sind die Erlöse aus der Champions League ein eingepreister Umsatztreiber.
Prickelnder Fight
In den Europapokalwettbewerben gibt es ganz unterschiedlich viel zu verdienen – auch das macht den Kampf um Europa gerade so prickelnd, wo doch oben und unten in der Liga fast alles entschieden ist. Die Uefa bringt in der Champions League 2,46 Milliarden Euro zur Ausschüttung. In der Europa League sind es bloß 565 Millionen Euro. Allein 18,62 Millionen Euro beträgt in der Champions League das Startgeld. In der Europa League sind es bloß 4,31 Millionen Euro.
Bei RB Leipzig spülte der Champions-League-Achtelfinaleinzug vergangene Saison fast 65 Millionen Euro in die Kasse, in dieser Saison bleiben trotz der missratenen Gruppenphase noch 59 Millionen Euro hängen. Eintracht Frankfurt hat durch das Europa-League-Viertelfinale inklusive der Zuschauereinnahmen zwar rund 40 Millionen Euro eingestrichen, aber eine zweite Champions-League-Teilnahme nach 2022/2023 würde sportlich wie wirtschaftlich neue Optionen eröffnen. Daher war Borussia Dortmund im Vorjahr ja so froh, über den zusätzlichen Startplatz für die Bundesliga noch an die Fleischtöpfe zu kommen. Der BVB und FC Bayern werden aus der Champions League trotz des Viertelfinalaus wieder dreistellige Millionensummen einsacken – dazu kommen mindestens 40 Millionen Euro aus der Club-WM.
Gute Bilanz gegen RB
Frankfurt hätte als Champions-League-Teilnehmer auf einmal gute Argumente, den aus England umworbenen Toptorjäger Hugo Ekitiké noch zu behalten. Sollten die Adlerträger indes ihre vier Punkte Vorsprung vor dem Fünften SC Freiburg noch hergeben, wäre das eine Enttäuschung. Weshalb Toppmöller nach dem Ausscheiden gegen Tottenham Hotspur versicherte: »Wir sind auf dem Weg, die beste Bundesliga-Saison der Vereinsgeschichte zu spielen. Das ist Anreiz genug.«
Auch die gute Bilanz gegen Leipzig dient als Mutmacher: In neun Spielen in Liga und Pokal hat die Eintracht noch nie zuhause gegen RB verloren, seit 2017 gab es vier Siege und fünf Unentschieden. Hält diese Serie, wäre die Champions League mit den letzten drei Partien in Mainz, gegen St. Pauli und in Freiburg greifbar. Rechtzeitig ist Keeper und Kapitän Kevin Trapp wieder fit, um für den mit Kreuzbandriss ausfallenden Kaua Santos wieder zu übernehmen. Der 34-Jährige wurde bei der Nullnummer beim FC Augsburg mit Sprechchören gefeiert und sagte danach: »Wir können etwas sehr, sehr Großes erreichen.«
Bei RB Leipzig bedeuten 40 Punkte nach 30 Spieltage die zweitschlechteste Ausbeute seit dem Bundesliga-Aufstieg 2016. Zudem könnte das Restprogramm mit Auswärtsspielen in Frankfurt und Bremen, Heimspielen gegen Bayern und Stuttgart anspruchsvoller kaum sein. Unterschiedsspieler wie der im Winter für 50 Millionen Euro fest verpflichtete Xavi Simons, aber auch Lois Openda und Benjamin Sesko sind gefordert, zumal sie das Schaufenster Champions League für ihre Entwicklung benötigen. Interimstrainer Zsolt Löw erlebte zuletzt gegen Holstein Kiel (1:1) einen kraftlosen Auftritt der Roten Bullen. Es wäre auch für Jürgen Klopp als Head of Global Soccer im Red-Bull-Konzern ein herber Dämpfer, würde die wichtigste Dependance Europas größte Bühne verfehlen. Die Saison wäre dann vollends verkorkst, was auch die Trainersuche nicht einfacher machen würde. Und recht nicht den Umbruch, den Geschäftsführer Marcel Schäfer bereits angekündigt hat. (GEA)