Logo
Aktuell Fussball

Dänemark zwischen Stolz und Enttäuschung

Dänemark liefert auch im Wembley-Stadion ein großes Spiel – und verliert durch einen zweifelhaften Elfmeter.

Tränenreicher Abschied aus London: Torwart Kasper Schmeichel. FOTO: GRIFFITHS/DPA
Tränenreicher Abschied aus London: Torwart Kasper Schmeichel. Foto: Griffiths/dpa
Tränenreicher Abschied aus London: Torwart Kasper Schmeichel.
Foto: Griffiths/dpa

KASTRUP. Mit großer Sonnenbrille im Gesicht stieg Torwart Kasper Schmeichel als Erster aus dem roten Flieger der enttäuschten dänischen Helden. Über einen eilig ausgerollten blauen Teppich ging es direkt in einem bereitstehenden Bus zum Terminal. Einige Dutzend Fans warteten auf die Mannschaft, deren wundersame Fußball-Reise mit der Ankunft am Donnerstag um 15.41 Uhr auf dem Flughafen Kopenhagen-Kastrup endgültig beendet war. Zu früh – zumindest aus Sicht der Profis, die sich nach dem Aus im Halbfinale am Mittwoch in London schwer getan hatten, ihre Gefühle einzuordnen.

Trainer Kasper Hjulmand wechselte spät am Abend mit ruhiger, nachdenklicher Stimme zwischen der Gratulation an die englischen Gewinner, seinen Gedanken an das Drama um Starspieler Christian Eriksen und der Empörung über die am Mittwochabend spielentscheidende Szene. »Wir sind sehr enttäuscht, es ist hart für mich, darüber zu sprechen«, sagte der 49-Jährige nach dem 1:2 nach Verlängerung im Wembley-Stadion und meinte den Elfmeter-Pfiff von Schiedsrichter Danny Makkelie.

Voller Hoffnung und Glauben

Dann aber seien da die anderen Dinge. »Ich kann gar nicht sagen, wie sehr ich unseren Stab bewundere. Wir haben dort Menschen, die das Leben eines unserer besten Spieler gerettet haben«, sagte Hjulmand. »Unsere Zukunft ist voller Hoffnung und Glauben.« Bis ins Halbfinale – mit ein paar Tagen Abstand werden die Dänen ihre Leistung bei diesem Turnier begreifen, die weit über die Spiele hinausging. Im ersten Gruppenspiel am 12. Juni, vor Tausenden Fans in Kopenhagen, war Eriksen auf dem Rasen kollabiert und hatte wiederbelebt werden müssen. Er überlebte, und Dänemark spielte sich in den folgenden Tagen frei von diesem Schock, getragen von riesigem Mitgefühl.

»Wir brauchten die Unterstützung, als das mit Christian passiert ist«, sagte Hjulmand. »Diese Jungs sind außergewöhnlich, die ganze Nation kann stolz sein.« In Kopenhagen, beim Public Viewing vor den großen Videoleinwänden, weinten am Mittwochabend Hunderte Fans, als das Aus in London feststand. Der Finaleinzug wäre der zweite nach dem Sensationstitel bei der Europameisterschaft 1992 gewesen. »Das ist eine fantastische Reise gewesen. Natürlich sind wir unglaublich traurig, dass wir jetzt fertig sind, aber so ist das«, sagte Kapitän Simon Kjaer beim Rundfunksender DR. Unmittelbar nach dem Schlusspfiff war der 32-Jährige kaum zu trösten gewesen, als einer der letzten Spieler machte er sich auf den weiten Weg auf die andere Seite des Platzes zu den Fans. Sein Eigentor in der 39. Minute hatte England zurück ins Spiel gebracht, nachdem Mikkel Damsgaard (30.) die Dänen mit der Führung hatte träumen lassen.

Höchst umstritten

Der höchst umstrittene Elfmeterpfiff entschied das Spiel. Raheem Sterling war in der ersten Hälfte der Verlängerung im Strafraum zu Fall gekommen. Makkelie sah dabei ein Foul von Joakim Maehle, Harry Kane verwandelte im Nachschuss (104.). »Dass es so entschieden wird – ich habe die internationale Presse gelesen – es war ein Elfmeter, den es nicht hätte geben sollen, das macht mich ärgerlich«, sagte Hjulmand. Ob Pierre-Emile Höjbjerg, Kjaer oder BVB-Profi Thomas Delaney, der im Interview am Spielfeldrand den Tränen nah war. Bei den dänischen Spielern schwankte die Gefühlslage irgendwo zwischen Stolz und Enttäuschung. »Ich hätte niemals gedacht, dass ich solch ein Erlebnis im Fußball haben würde«, sagte Delaney. Martin Braithwaite sagte: »Das müssen wir erst einmal verdauen, aber dann greifen wir wieder an.«

Auch Hjulmand blickte noch im Wembley-Stadion voraus. In der Qualifikation für Katar führt sein Team mit drei Siegen aus drei Spielen an, die Mischung aus erfahrenen Spielern (Kjaer, Schmeichel, Delaney, Braithwaite) und hungrigen Profis (Damsgaard, Kasper Dolberg, Maehle) stimmt. »Ich denke, dass große Dinge vor diesem Team liegen«, sagte Hjulmand. »Wir können das noch einmal schaffen. Ich habe das Gefühl, dass wir noch besser werden.« (dpa)