METZINGEN. Sie war der Last-Minute-Transfer der Metzinger Bundesliga-Handballerinnen. Als der Kader längst festgezurrt schien und der Beginn der Vorbereitungsphase unmittelbar bevorstand, verkündete die TuS die Verpflichtung von Nele Franz. Der Name hat in der Szene einen sehr guten Klang. War doch die Rückraumspielerin einst die Senkrechtstarterin in der Eliteliga. Dann bremsten schwere Knie-Verletzungen sie lange aus. Jetzt ist Franz zurück auf dem Spielfeld und fiebert bereits dem Supercup am 31. August in Düsseldorf gegen die HB Ludwigsburg entgegen: »Ich zähl' schon die Tage bis zum Spiel.«
Vor drei Jahren hatte die Rechtshänderin ihr Top-Jahr. Die torgefährliche Spielmacherin wurde zur besten Bundesliga-Spielerin der Saison 2020/21 gekürt, war zudem zweitbeste Torschützin der gesamten Liga und feierte vor drei Jahren auch ihr Debüt in der Nationalmannschaft. Es schien für die Akteurin der HSG Blomberg-Lippe nur noch eine Richtung in ihrer Karriere zu geben: Aufwärts. Dann schlug das Verletzungspech zu. Im September 2021 wurde ihre Karriere jäh gestoppt. Ein Kreuzbandriss sorgte für eine monatelange Zwangspause der Rechtshänderin. Als sie dann wieder auflaufen und spielen konnte, folgte der nächste Rückschlag. Knapp zwei Jahre nach der ersten Verletzung riss das Kreuzband erneut - wieder im rechten Knie. Schlimmer kann es für einen Leistungssportler nicht kommen.
Abschied in Blomberg nach elf Jahren
Erneut eine lange Phase der Reha, getragen vom Willen, sich von diesen Nackenschlägen nicht unterkriegen zu lassen und wieder zurückzukehren. Die HSG Blomberg-Lippe wollte Franz behalten, unterbreitete ihr ein neues Vertragsangebot. Doch die Rückraum-Mitte-Spielerin hatte sich anders entschieden, auch weil sie, wie sie sagte, nach elf Jahren»hier nicht mehr das 100-prozentige Vertrauen gespürt« habe. Franz wollte einen Neuanfang - und in der Bundesliga bleiben.
Für Metzingen kam sie auf das Radar, als bekannt wurde, dass offenbar aus ihrem Wechsel zu Union Halle Neustadt nichts werden würde. TuS-Geschäftsführer Ferenc Rott war ins Grübeln gekommen, weil auf der Spielmacher-Position Sandra Erlingsdottir durch ihre Schwangerschaft noch längere Zeit fehlen würde und Rebecca Rotts Comeback aufgrund von Rückenproblemen nicht absehbar ist. Zudem stehen durch die Qualifikation für den Europapokal einige englische Wochen bevor. Da wäre eine personelle Verstärkung willkommen.
Ehrgeiz größer geworden
Also kam es Anfang Juni zur Kontaktaufnahme mit Franz, die im Rückblick von »guten Gesprächen« berichtete. Es dauerte dann noch bis zum 27. Juni, ehe die TuS den Abschluss eines Zweijahres-Vertrages mit der 24-Jährigen verkündete, weil zuvor noch ein ärztliches Gutachten eingeholt wurde. Franz: »Das war als Absicherung für beide Seiten.« Die Ärzte gaben grünes Licht , Franz kehrte am 1. Juli auf das Spielfeld zurück. Durch die langen Verletzungspausen hat die angehende Gymnasiallehrerin einen Nachholbedarf in Sachen Handball. »Der Ehrgeiz ist eher größer geworden«, sagt Franz, die sich in Metzingen sehr wohlfühlt. »Ich bin glücklich, hier zu sein, und bekomme viel Vertrauen.«
Vertrauen muss sie auch wieder ihrem Körper, der sie so lange auf Eis gelegt hatte. Sie habe noch ein wenig Angst, in die Zweikämpfe zu gehen, sagt Trainer Peter Woth. Doch von Tag zu Tag wird die Rückraumspielerin in dieser Hinsicht mutiger. Für Franz geht es darum, wieder in die Situation hineinzuwachsen, sich auch die nötige Zeit zu geben. Rott: »Sie muss geduldig bleiben. Wenn sie wieder fit wird, kann sie enorm wichtig für uns werden.«
Wiedersehen mit Ex-Team
Im Testspiel gegen HSG Bensheim-Auerbach sicherte Franz per Siebenmeter in der Schluss-Sekunde das Unentschieden und beim Metzinger Turniersieg in Fritzlar kam sie auf insgesamt 6/3 Treffer. Beim nächsten Einsatz der Pink Ladies, dem Nelken-Cup am Wochenende in Blomberg, gibt's ein Wiedersehen mit ihrem Ex-Club. Die Spielmacherin sieht sich auf dem richtigen Weg: »Es wird immer besser. Ich hoffe, dass ich bis zum Supercup dem Team richtig helfen kann.« (GEA)