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Julia Behnke über ihre acht Jahre bei der TuS Metzingen: Hier ist mein Herz

Vorbild, Anführerin und Mannschaftsführerin: Noch maximal zwei Spiele wird Julia Behnke bestreiten, bevor die Metzingerin nach acht Jahren bei den Pink Ladies ihre Handball-Karriere beendet.

Trug acht Jahre lang den Metzinger Dress: Anführerin und Mannschaftsführerin Julia Behnke.
Trug acht Jahre lang den Metzinger Dress: Anführerin und Mannschaftsführerin Julia Behnke. Foto: T.Baur/Eibner
Trug acht Jahre lang den Metzinger Dress: Anführerin und Mannschaftsführerin Julia Behnke.
Foto: T.Baur/Eibner

METZINGEN. Noch ein, maximal zwei Mal wird Julia Behnke den Handball-Dress der TuS Metzingen tragen. Falls die Pink Ladies in der Play-off-Platzierungsrunde am Sonntag (15 Uhr) beim VfL Oldenburg verlieren, wäre es ihre letzte Partie gewesen. Bei einem Sieg gibt’s noch ein »Finale« um Rang fünf. Mit einem »schönen Gefühl« gehe sie in diese Spiele, sagt Behnke: »Ich bin nach wie vor motiviert und gebe 100 Prozent – genauso wie bisher.«

Mit ihr schließt sich bei den »TusSies« ein Kreis. Nach Marlene Kalf und Maren Weigel ist Behnke innerhalb von drei Jahren das dritte Aushängeschild der Metzinger Bundesliga-Handballerinnen, das seine Karriere beendet. Alle waren der TuS lange Jahre treu und sehr erfahrene Stützen des Teams. Rechtsaußen Marlene Kalf (damals 32) machte 2022 den Anfang, im Vorjahr hörte Rückraumspielerin Maren Weigel (damals 30) auf und nun wird bald für Kreisläuferin Julia Behnke (32) Schluss sein. Für Behnke hatte sich der Kreis indes schon vor drei Jahren geschlossen – in anderer Hinsicht. Im Anschluss an ihre ersten fünf Jahre im TuS-Dress hatte es sie ins Ausland gezogen. Sie war die erste deutsche Profi-Spielerin in Russland – und sammelte Titel. Mit dem GK Rostow-Don wurde sie russische Meisterin und holte den Supercup. Darauf folgten Meisterschaft und Pokalsieg in Ungarn mit Ferencvaros Budapest.

Anruf aus Ungarn

Und dann schlug sie für viele überraschend ein zweites Kapitel in Metzingen auf. Ein Wechsel zu einem deutschen Top-Team wie Bietigheim, Dortmund oder Thüringer HC schien eher auf der Hand zu liegen. TuS-Geschäftsführer Ferenc Rott schilderte vor Kurzem bei der Verabschiedung der Mannschaftsführerin, wie es dazu kam. Im Herbst 2021 hatte das Telefon bei ihm geklingelt. »Jule«, wie sie genannt wird, meldete sich. »Wie sind deine Pläne, Feri?«, habe sie gefragt. Entweder sie komme zu den TusSies zurück. Oder sie höre auf. »Ich habe gesagt, was du bei Ferencvaros bekommst, können wir dir nicht zahlen. Doch wir fanden eine Lösung. Der Rest ist Geschichte.«

Also kam die Leistungsträgerin zurück zur TuS, der zweiten Station der gebürtigen Mannheimerin in der Bundesliga. Ihre Handball-Anfänge als Siebenjährige lagen bei der Post SG Mannheim, mit der TSG Ketsch wurde sie in der B- und A-Jugend deutsche Vizemeisterin. Als 18-Jährige ging’s zur SG BBM Bietigheim, mit der sie 2013 in die Bundesliga aufstieg. Ein Jahr später holte Rott sie nach Metzingen. Bei der TuS avancierte sie schnell zur Abwehrchefin. Für ihre Stärke in der Verteidigung hatte sie eine launige Erklärung parat. Mit drei Brüdern als Geschwister sei sie zu der Verteidigerin geworden, die sie jetzt sei.

Tiefe Verbundenheit zu den Pink Ladies

Dass Behnke 2022 zur TuS zurückkehrte, hat viel mit Verbundenheit, Emotion und dem Wohlfühl-Faktor zu tun. »Hier ist mein Herz«, sagt die beidhändig torgefährliche Spielerin. Nur zu gerne hätte man bei den Pink Ladies auch in den nächsten Jahren auf die abwehrstarke, 1,80 Meter große Mannschaftsführerin gebaut. Trainerin Miriam Hirsch hebt neben Behnkes handballerischen Qualitäten auch auf andere Stärken der Vorzeigespielerin ab. »Sie ist sehr charakterstark und stellt sich auf und neben dem Platz immer in den Dienst der Mannschaft. Ich bin dankbar für die gemeinsame Zeit mit ihr.« Und Rott sagt, dass man stolz sei, dass sie »vor drei Jahren uns gewählt hat und insgesamt acht Jahre für uns gespielt hat«.

Mit ihr als Kopf gelang auch der nicht mehr für möglich gehaltene erste große Titel für die Metzingerinnen, die zuvor immer kurz vor dem Ziel gescheitert waren und zweite Plätze in Meisterschaft und Europapokal (jeweils 2016) sowie deutschem Pokal (2017) hinnehmen mussten. Vor einem Jahr aber schlug in der Pokal-Endrunde des Deutschen Handball-Bundes (DHB) die große Stunde, als die TuS im Finale die zuvor auf nationaler Ebene 94 Spiele lang unbesiegte SG BBM Bietigheim mit 30:28 niederrang und in der Stuttgarter Porsche-Arena zum deutschen Pokal-Champion gekürt wurde. Behnke, die zudem als beste Spielerin des Final-Four-Turniers ausgezeichnet wurde, liefen die Freudentränen übers Gesicht.

Olympia als Highlight

Auch in der Nationalmannschaft war sie eine feste Größe. 227 Tore in 125 Länderspielen erzielte die Kreisläuferin, an vier Welt- und vier Europameisterschaften vertrat sie die deutschen Farben. Ein Highlight war vor einem Jahr der Start bei den Olympischen Spielen in Paris. »Das war das i-Tüpfelchen«, sagt Behnke. Als »echtes Vorbild« bezeichnete bei der Verabschiedung Torjägerin Jana Scheib die Anführerin, die solche Worte »immer als eine Ehre« empfunden hat. Handball, das war und ist ihr Leben. Tempo und die Dynamik haben es ihr bei diesem Sport angetan, aber auch die Menschen und die Bekanntschaften, die diese Zeit prägten. »Das war eine unfassbar geile Zeit«, fasst Julia Behnke diese Jahre zusammen.

Jetzt freut sie sich aufs Karriere-Ende, auf einen neuen Lebensabschnitt mit dem Beruf als Industriekauffrau, auf mehr Zeit für Kurz-Trips, und einem anderen sportlichen Ziel. Behnke: »Ich möchte irgendwann einen Marathon laufen – man braucht ja neue Hobbys.« (GEA)