TÜBINGEN. Um Punkt 22.08 Uhr herrschte am Freitagabend die pure Enttäuschung in der mit 3.132 Zuschauern ausverkauften Paul-Horn-Arena. Die Tigers Tübingen sind nach dem Sensationssieg in der Vorwoche gegen Meister ratiopharm Ulm wieder auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Und gleichzeitig stellten sich im Lager der Hausherren alle die Frage: Warum will es dem Bundesliga-Aufsteiger einfach nicht gelingen - einen Sieg gegen einen direkten Konkurrenten im Kampf um den Liga-Verbleib einzufahren? Viermal hatte es das Team von Tigers-Headcoach Danny Jansson bislang gegen alle möglichen Teams aus dem Tabellenkeller probiert, viermal war nichts passiert. Und auch im fünften Anlauf wollte es wieder nicht klappen. Gegen das bisherige Schlusslicht Hakro Merlins Crailsheim unterlag der Aufsteiger im Abstiegsgipfel mit 85:96 (44:47).
Damit haben es die Tübinger verpasst, einen wegweisenden Erfolg im Kampf um den Klassenerhalt einzutüten. Aber wieso tut sich das Jansson-Team gegen die Mannschaften aus dem unteren Tabellendrittel so schwer, während es gleichzeitig immer wieder unerwartete Überraschungssiege wie gegen Ulm, Vize-Meister Bonn oder Champions-League-Teilnehmer Oldenburg gibt? Etwa, weil der jeweilige Gegner in diesen Spielen einfach den größeren Willen an den Tag legt? Oder war es in diesem Fall einfach nur Pech, weil beispielsweise alleine Flügelspieler Georgios Kalaitzakis in der Schlussphase gleich vier Freiwürfe vergab, während die Gäste um ihren Star-Spielmacher und 28-fachen französischen Nationalspieler Leo Westermann (19 Punkte, drei Assists) in den entscheidenden Momenten eiskalt blieben?
» So kreieren wir keine Stopps in der Verteidigung und unsere erzielten Zähler sind im Prinzip wertlos«
»Wir haben wieder einmal viele einfache Fehler gemacht. Wir machen im Angriff Punkte, sprinten dann aber in vielen Situationen nicht energisch genug zurück und kassieren direkt im Gegenzug einfache Korbleger. So kreieren wir keine Stopps in der Verteidigung und unsere erzielten Zähler sind im Prinzip wertlos«, analysierte Christoph Philipps, der mit einer Nullnummer aus der Partie ging, kurz nach der Schlusssirene und ergänzte: »Wir sind wieder in alte Muster verfallen.« Was der Power Forward damit meint?
Gegen die haushoch favorisierten Ulmer kassierten die Tübinger lediglich 76 Zähler, jetzt im so wichtigen Heimspiel gegen Crailsheim 96. Das ist eindeutig zu viel. So ist es schwierig, in der Bundesliga ein Spiel für sich zu entscheiden. Doch woher kommen diese großen Leistungsschwankungen? »Ich habe wirklich keine Antwort darauf. Ich würde es ändern, wenn ich eine Erklärung dafür hätte«, sagte Jansson und gab zugleich dennoch eine vielsagende Auskunft: »Wenn Dinge nicht in unsere Richtung laufen, verlieren wir unser Selbstvertrauen. Wir sind nie in einen Rhythmus gekommen und haben keine Kontrolle über die Partie gehabt. Zu keinem einzigen Zeitpunkt.« Ein vernichtendes Urteil nach einer solch wichtigen Begegnung.
Blickt man auf den Statistikbogen, sticht vor allem die Freiwurf-Statistik ins Auge. Die Gäste wurden von den Tigers sage und schreibe 41 Mal an die Linie geschickt, von denen sie 36 Würfe verwandelten. Bislang war das in der Crailsheimer Saison durchschnittlich rund 19 Mal der Fall gewesen. Womöglich ist auch dieser Punkt eine Erklärung dafür, warum der Aufsteiger am Ende mit leeren Händen da steht.
Und so geriet es zur Nebensache, dass Tübingens Topscorer Jhivvan Jackson einmal mehr seine Klasse unter Beweis stellte. Der 25-Jährige erzielte 22 Punkte, steuerte sieben Vorlagen bei und klaute dem Gegner gleich fünfmal den Ball aus den Händen. Genauso wertlos war am Ende auch das viel umjubelte und lange herbeigesehnte Comeback des finnischen Nationalspielers Aatu Kivimäki. Der Spielmacher war vier Monate lang aufgrund einer hartnäckigen Fersenverletzung außer Gefecht und kehrte nun in den Spieltagskader zurück. Und sorgte in gerade einmal 15 Minuten Einsatzzeit mit 12 Punkten (vier von fünf Dreiern) für einer der wenigen Tübinger Lichtblicke am Freitagabend neben der Leistung von Jackson. (GEA)