TÜBINGEN. Die 100-Punkte-Höchststrafe blieb den Tübinger Zweitliga-Basketballern erspart. Am Ende siegte Science City Jena aber trotzdem überaus deutlich und genauso verdient mit 99:73 (42:39). Der Liga-Primus setzte sich dank einer überragenden zweiten Halbzeit im Stile einer Spitzenmannschaft vor 2.367 Zuschauern in der Paul Horn-Arena eindrucksvoll durch. »Unsere Jungs haben alles gegeben. Aber Jena war eine Nummer zu groß«, sagte Hallensprecher Claus Sieghörtner. Es waren sogar wohl eher einige Nummern.
- Sehenswerte erste Halbzeit
Es gab durchaus Positives. »In der ersten Halbzeit haben wir wirklich sehr, sehr gut gespielt«, lobte Tigers-Headcoach Domenik Reinboth sein Team für sehenswerte 20 Minuten und fügte stolz hinzu: »Wir haben gezeigt, dass wir mithalten können.« Das war bei Leibe nicht bei jedem Gegner so, den Jena zuletzt gespielt hatte. Die Tigers hatten die Thüringer vor dem Seitenwechsel mit ihrer Zonenverteidigung massiv geärgert. Und sie sind gut genug, um noch mal eine Schippe draufzulegen. »Wir haben die richtige Einstellung«, sagte Reinboth mit dem Brustton der Überzeugung. Diese gilt es am Samstag bei den Hakro Merlins Crailsheim wieder aufs Parkett zu zaubern. Und dann hoffentlich über die kompletten 40 Minuten zu überzeugen.
- Starkes zweites Viertel
Was die Hausherren in der ersten Halbzeit gezeigt hatten, war aller Ehren wert. »Darauf wollen wir aufbauen«, meinte Reinboth. Denn zunächst konnte der Liga-Primus nicht mit der Intensität und der Physis der Tübinger mithalten. »Da haben wir zu soft gespielt und waren nicht bereit«, berichtete Jenas Coach Björn Harmsen. Im zweiten Viertel dominierten die Tigers den Rebound (8:4), zwangen Jena zu sieben Ballverlusten und lagen durch einen 14:4-Lauf zwischenzeitlich mit 40:34 (19.) vorne. Doch Harmsen forderte in den Kabinen extrem lautstark mehr Intensität und ein disziplinierteres Zusammenspiel von seinen Mannen ein. Er bekam von ihnen fortan eine komplett andere Einstellung gezeigt. Und eine Dominanz, die mit dem 60:31 nach dem Seitenwechsel durchaus gut ausgedrückt wird. »Wir wussten, dass Jena mit mehr Intensität aus der Pause kommen würde, aber wir konnten dies nicht matchen«, haderte Reinboth, weil seine Jungs im Vorfeld durchaus einstudierte Reaktionen auf das Spiel der Gäste nicht umsetzen konnten.
- Cohen mit Foulproblemen
Die zweite Halbzeit war sicherlich das Beste, was die Tübinger Fans in ihrer Arena von einem Gegner in dieser Saison bislang erleben durften. »Wir haben es da nicht mehr geschafft, aus einer guten Defensive in die Offensive zu kommen«, erklärte Reinboth. Weil Jena in der Folge extrem aggressiv verteidigte, kamen die Hausherren nicht mehr in einen Lauf. »Das hat uns gekillt.« Einen Sieg gegen die Ostdeutschen durfte man allerdings auch mit der rosaroten Vereinsbrille nicht wirklich eingeplant haben. Melkisedek Moreaux gelangen als bestem Tübinger Schützen 19 Punkte. Tigers-Nachverpflichtung David Cohn kam in 16 Minuten auf acht Zähler, vier Assists, drei Rebounds und zwei Steals. Aufgrund einer frühen Foulbelastung war die Spielzeit des US-Amerikaners bei seinem Heimdebüt aber überschaubar.
- Angespannte Personalsituation
Tübingen hatte vor zwei Wochen mit dem an der Wade verletzten Kenny Cooper den Wohl besten offensiven Guard der Liga verloren. Wie schwer das zu kompensieren ist, zeigte sich beim zweiten Auftritt von Nachverpflichtung Cohn. Der Spielmacher-Ersatz zeigte wie bei der Niederlage in Hagen gute Ansätze, wusste dieses Mal aber bei weitem nicht so zu überzeugen wie vor einer Woche. Die Tigers sind immer noch dabei, sich neu zu sortieren. Erschwerend kam hinzu, dass Marvin Heckel kurzfristig wegen Magen-Darm-Problemen passen musste. Miles Tention spielte, ohne davor eine komplette Trainingseinheit mit der Mannschaft absolviert zu haben bei seinem Comeback nach der Daumenverletzung an Silvester, mehr, als er das eigentlich hätte sollen und können. Zudem war Till Jönke unter der Woche verletzt. Personell ist die Situation also nach wie vor angespannt.
- Bei Rebounds auf Augenhöhe
»Die haben uns ausgerebounded«, meinte Jönke und mutmaßte von »plus 15« für den Gegner. Das Gefühl trügte den Tigers-Routinier jedoch. Sowohl in der ersten Halbzeit (18:17) als auch in den bärenstarken zweiten Jenaer 20 Minuten (14:17) war diese Statistik recht ausgeglichen. Was Jönke nach dem Seitenwechsel schmerzlich empfand war die Tatsache, dass der Gegner die ergatterten Korbabpraller immer wieder vor allem aus der Distanz erfolgreich verwertete. Mit der Verteidigung der Jenaer Distanzwürfe konnte man definitiv nicht zufrieden sein. Fast 50 Prozent der Versuche (13 von 27) fanden ihr Ziel. Womit Jönke richtig lag, war seine Einschätzung, dass »die Niederlage etwas zu hoch ausgefallen ist, weil wir eine wirklich tolle erste Halbzeit gespielt haben«.