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So tickt der neue Tübingen-Coach Henrik Sonko

In Deutschland ist Trainer Henrik Sonko noch ein unbeschriebenes Blatt. Nun soll er die Tigers Tübingen wieder in die Spitze der 2. Basketball-Bundesliga führen. Der GEA stellt den 47 Jahre alten Schweden vor.

Ein Schwede im Schwabenländle: Der neue Tigers-Trainer Henrik Sonko.
Ein Schwede im Schwabenländle: Der neue Tigers-Trainer Henrik Sonko. Foto: Dennis Duddek/Tigers Tübingen
Ein Schwede im Schwabenländle: Der neue Tigers-Trainer Henrik Sonko.
Foto: Dennis Duddek/Tigers Tübingen

TÜBINGEN. Ein neuer Sheriff ist in der Stadt. Erst am Sonntag gaben die Tigers Tübingen bekannt, dass Henrik Sonko neuer Trainer beim Basketball-Zweitligisten wird. Bereits in dieser Woche war der Schwede drei Tage in der Neckarstadt vor Ort. Bevor es am Mittwochmittag für den 47-Jährigen wieder vorübergehend zurück in die Heimat ging, stellten die Raubkatzen ihren neuen Chef an der Seitenlinie den Medienvertretern vor.

- Wer ist Henrik Sonko?
In Deutschland ist der Schwede noch ein unbeschriebenes Blatt. Was daran liegt, dass Sonko, geboren als Henrik Svensson, noch nie außerhalb seiner Heimat als Coach gearbeitet hat. Bereits im Februar gab es den ersten Kontakt zwischen dem zweifachen Familienvater und den Tigers-Verantwortlichen. Nach dem Finnen Danny Jansson, der aktuell mit Heidelberg in den Bundesliga-Play-offs für Furore sorgt und im Halbfinale steht, kommt nun der nächste Skandinavier in die Unistadt. »Seine bisherige Karriere ist durchaus beeindruckend. Mit überschaubaren Budgets hat er immer die Erwartungen in seinen Vereinen übertroffen«, berichtet der langjährige Tigers-Headcoach Jansson als Kenner des Basketballs in Skandinavien. Getroffen haben sich die beiden noch nie. »Aber wir haben über viele Jahre Informationen über Spieler, Scouting und so weiter ausgetauscht. Ich habe mit Danny in den letzten Wochen viel über Tübingen gesprochen«, erzählt Sonko, der einen Bachelor-Abschluss in Soziologie vorweisen kann. Seine Frau und die zwei Kinder bleiben übrigens in Boras wohnen, wo die Familie ein Haus besitzt. »Sie kommen zu Besuch, so oft sie können.«

- Wie sieht sein Werdegang aus?
In den vergangenen sieben Jahren trainierte der 47-Jährige äußerst erfolgreich den in der Nähe von Göteborg ansässigen schwedischen Erstligisten Borås Basket. 2020 holte er mit dem Club aus der 115.000-Einwohner-Stadt sogar den ersten Meistertitel in der Vereinsgeschichte. In den Jahren 2019, 2023, 2024 und 2025 holte er jeweils die Vize-Meisterschaft. Vor seiner Station bei Borås Basket arbeitete der 47-Jährige acht Jahre lang bei Malbas Basket in Malmö. Auch da hinterließ Sonko Spuren: Er schaffte mit dem Club den Durchmarsch von der dritten in die erste Liga. Wie das Niveau in Schwedens Oberhaus generell einzuschätzen ist? »Norrköping, die uns im Finale dreimal geschlagen haben, wäre ein Aufstiegskandidat in die Bundesliga. Boras ein Top-Fünf-Team in der Pro A«, meint Sonko, der in diesem Jahr als Trainer des Jahres in Schweden ausgezeichnet wurde.

Henrik Sonko trainierte zuletzt sieben Jahre lang äußerst erfolgreich den schwedischen Erstligisten Borås Basket.
Henrik Sonko trainierte zuletzt sieben Jahre lang äußerst erfolgreich den schwedischen Erstligisten Borås Basket. Foto: Augustsson
Henrik Sonko trainierte zuletzt sieben Jahre lang äußerst erfolgreich den schwedischen Erstligisten Borås Basket.
Foto: Augustsson

- Was für ein Typ ist der 47-Jährige?
Wie es für Skandinavier typisch ist, besticht auch Sonko durch seinen trockenen Humor und seine umgängliche Art. Wie er sich selbst beschreiben würde? »Wenn man einen Schweden bittet, sich selbst zu beschreiben, wird er das nicht tun. Das überlässt er anderen Menschen«, antwortet Sonko und schmunzelt. »Aber ich sage den Spielern: Ich bin sehr ehrlich. Ich werde ihnen sagen, was ich denke, was ich sehe und was ich will. Außerdem werde ich sehr anspruchsvoll sein«, kündigt der 47-Jährige an. Interessant: Sonko hat eine Dauerkarte beim Traditionsclub IFK Göteborg. Fußball ist nach dem Basketball die größte Leidenschaft des Schweden.

- Welchen Basketball will der Schwede spielen lassen?
»Ich hoffe denjenigen, der Siege bringt«, betont Sonko und grinst. Im heutigen Basketball müsse man anpassungsfähig sein. Der Neu-Tübinger erklärt: »Je nachdem, welche Spieler wir auf dem Transfermarkt bekommen, entscheidet sich, wie wir spielen. Ich habe in meiner Karriere schon verschiedene Stile gespielt. Für mich ist wichtiger: Jeder hat eine sehr, sehr klare Rolle im Team. Und ich mag es, Charaktere zu haben, die wirklich, wirklich hart kämpfen. Natürlich will das jeder Trainer. Aber ich will das wirklich. Und ich möchte eine Mannschaft haben, die auf viele verschiedene Arten Verteidigung spielen kann«, berichtet der Coach und verrät: »Für mich ist es immer wichtig, dass die Spieler gut werfen können.«

93 Jahre Alter Pole als engster Vertrauter von Sonko

Auf den Namen Jan Mikulowski angesprochen gerät Henrik Sonko ins Schwärmen: »Er ist der Größte für mich.« Der Pole ist mit seinen 93 Jahren fast doppelt so alt wie der neue Tigers-Coach, ihm hat er, nach eigenem Bekunden, aber ganz ganz viel zu verdanken: »Er ist mein bester Freund, mein größtes Vorbild und mein schärfster Kritiker«, sagt der 47-Jährige über seinen engsten Vertrauten und Mentor.

Mikulowski habe ihn in seiner Entscheidung bestärkt, nach Tübingen zu gehen und dort seinen ersten Trainerjob im Ausland anzunehmen. Als Sonko zur Saison 2010/11 beim damaligen Drittligisten Malbas Oresund Malmö seinen ersten Cheftrainer-Posten angetreten hatte, bekam er den 1981 nach Schweden ausgewanderten ehemaligen Co-Trainer der polnischen Nationalmannschaft als Assistenten. Seither sind beide unzertrennlich.

Gemeinsam führten sie das Team aus Malmö in die erste schwedische Liga. Und auch in seiner Zeit als Coach von Boras telefonierten sie am Morgen nach jedem Spiel miteinander und analysierten gemeinsam die Partie. »Er hat für mich sehr viele Türen geöffnet«, berichtet Sonko über den Co-Autors eines 1976 erschienen Handbuchs für Basketballtrainer. Auch in Zukunft werden sich Sonko und Mikulowski in Sachen Basketball austauschen.

Dass der Basketball-Experte eines Tages in Tübingen zu Gast sein wird, hält der Tigers-Coach angesichts dessen hohem Alter aber für eher unwahrscheinlich. (wil)

- Wann startet Sonko mit seiner Arbeit bei den Tigers?
Anfang August soll die Vorbereitung für die Zweitliga-Saison starten. An Urlaub bis dahin ist jedoch nicht zu denken. »Man hat nie Urlaub, wenn man Basketballtrainer ist und zwei Kinder hat. Entweder man arbeitet oderman kümmert sich um die Kids«, sagt Sonko. Doch bereits jetzt geht's für ihn bei den Tigers in die heiße Phase. Er und Sportdirektor Eric Detlev stellen in den nächsten Wochen den Kader für die kommende Spielzeit zusammen. Der 47-Jährige sagt zurecht: »Die Spielerakquise ist entscheidend für den Erfolg einer Saison.« Der Fokus liegt dabei zunächst auf der Verpflichtung deutscher Spieler. Keine Zukunft bei den Tigers hat offenbar Spielmacher Marvin Heckel. Fragezeichen hinter einem Verbleib gibt es auch noch bei Jonas Niedermanner. Beide haben allerdings noch einen Vertrag für die kommende Saison.

»Ich mag Kontinuität. Dann kann man etwas aufbauen. Wenn die Menschen mir gegenüber loyal sind, dann werde ich auch immer loyal sein«, betont Sonko abschließend. Der Schwede ist gekommen, um zu bleiben. Genau diese Kontinuität wünscht sich auch der Traditionsclub aus der Neckarstadt. Der Trainerjob bei den Tigers ist eine große Chance für den 47-Jährigen. Und die Tübinger? Die haben bekanntlich schon einmal gute Erfahrungen gemacht mit einem Mann aus dem hohen Norden. (GEA)