BONN. Wir werden es allen zeigen! Dieses Motto haben sich die Tübinger Basketballer für ihre Rückkehr in die Bundesliga auf die Fahnen geschrieben. Kein Experte der höchsten deutschen Spielklasse hätte noch vor wenigen Tagen nur einen Pfifferling auf die Mannschaft von Coach Danny Jansson gesetzt. Alle hatten sie die Tigers klar und deutlich zum ersten Absteiger auserkoren. Und nun? Ganz Basketball-Deutschland hat sich gestern Abend die Augen gerieben! Tübingen gewinnt in Bonn mit 88:76 (39:28). David hat Goliath niedergestreckt, indem er dem übermächtigen Gegner das orangefarbe Spielgerät aus allen Lagen nur so um die Ohren ballerte.
Fünf Jahre und ziemlich genau zehn Monate ist es her, dass man bei den Tigers letztmals einen Bundesliga-Sieg feiern durfte. Am 9. Dezember 2017, in der Vorrunde der Abstiegssaison 2017/18 also, gelang der Mannschaft gegen BG Göttingen ein 80:67-Erfolg. Exakt 2.125 Tage später sollte es wieder so weit sein. Bereits am zweiten Spieltag gelang dem Aufsteiger damit ausgerechnet beim Vize-Meister ein Sensationssieg. Mit diesem Coup sind die Raubkatzen nun endgültig wieder in der Beletage des deutschen Basketballs angekommen.
»Wir haben unsere Angriffe in den meisten Fällen gut abgeschlossen und haben in der Offensive auch das Tempo kontrolliert«, konstatierte Erfolgscoach Danny Jansson nicht ohne Stolz. Der erste von wohl zehn nötigen Siegen für den Klassenerhalt ist jetzt bereits in der Tasche - einer, mit dem man nicht einmal in Tübingen unbedingt gerechnet hatte. Bonns Roel Moors suchte gar nicht lang nach ausreden. »Es ist schwierig, eine Erklärung zu finden«, suchte der konsternierte Coach nach einer Erklärung. Es müsse wohl eine »mentale Sache sein. Manche waren nicht bereit, mit dem Druck umzugehen.«
Janssons Mannschaft setzte in fremder Halle ein unübersehbares Ausrufezeichen: Die Tigers werden sich im Kampf um den Klassenverbleib nicht so einfach geschlagen geben. Und auch die Marschroute ist nach der drei Viertel lang überraschend engen Auftakt-Partie gegen Ulm (84:99) sowie dem gestrigen Überraschungscoup vor 5.570 Zuschauern im Telekom-Dome der ehemaligen Bundeshauptstadt klar: Mit Teambasketball soll der Gegner mürbe gemacht werden - in der Offensive durch eine über die Jahre hinweg akribisch einstudierte, klare Spielanlage mit viel Ballbewegung oder auch durch individuelle Akktionen. Und defensiv durch kollektives, resolutes Verteidigen.
Wie gegen Ulm erzielte der erneute Topscorer Jhivvan Jackson (27 Punkte) die ersten Zähler für die Tigers (5:2/3.). Und wie gegen den Meister entwickelte sich packende, weil erneut denkbar enge Anfangsphase, in der die Führung hin und her wechselte. Der Aufsteiger wusste abermals zu überzeugen. Jackson sorgte mit einem frei herausgespielten Dreier für die etwas überraschende aber durchaus verdiente 23:19-Viertelführung.
Die komplett neu zusammengestellten Telekom Baskets leisteten sich auch in der Folge extrem viele Ballverluste, was die Schützlinge von Danny Jansson allerdings zunächst noch nicht so recht auszunutzen wussten. Zudem sollte wie gegen Ulm erneut auch das Rebound-Verhältnis deutlich für den Tübinger Gegner sprechen. Mit 13 ergatterten Korbabprallern hatte Bonn nach zehn Spielminuten schon mehr als doppelt so viel wie Tübingen (6); am Ende hieß die Bilanz 25:44. Doch Tübingen ließ sich nicht abschütteln, zeigte mit einem Monsterblock von Kao Akobundu (15.) die Show-Elemente und lag mit 31:22 (16.) in Front.
Routinier Christoph Philipps hatte zu diesem Zeitpunkt mit 12 Punkten bei nur einem Fehlwurf seine bisherige Erstliga-Bestmarke bereits eingestellt. In seinem 100. BBL-Spiel pulverisierte der langjährige Ulmer mit 23 Zählern den einstigen Top-Wert, indem er ihn nahezu verdoppelte. »Wir können für Überraschungen sorgen«, stellte der 25-Jährige klar. »Wir haben gekämpft und wurden diesmal belohnt.« Er krönte seine Gala-Vorstellung mit einem Monsterblock gegen den Bonner Kapitän und Nationalspieler Christian Sengfelder beim Stand von 69:85 (38.).
Damit war das in Stein gemeißelt, was sich schon frühzeitig angedeutet hatte. Schon mit dem 35:25 (19.) setzten sich die Gäste erstmals zweistellig ab. Und dies gegen die Mannschaft, die in der vergangenen Runde alle 17 Hauptrunden-Spiele für sich entschieden hatte. In der Folge konnte der Vorsprung dann auf maximal 64:41 ausgebaut (28.) und in der Folge gegen erbittert kämpfende Bonner mit Glück und Geschick verteidigt werden. (GEA)