TÜBINGEN. Eric Detlev wünscht. Die Tigers Tübingen spielen. Während des letzten Trierer Angriffs in der ersten Hälfte stand der Trainer der Raubkatzen an der Seitenlinie und klatschte rhythmisch mit den Zuschauern mit. Die Gäste brachten es wegen der überragenden Verteidigungsarbeit der Tübinger nicht fertig, nochmals zum Wurf zu kommen. Dann ertönte die Pausensire, Detlev klatschte noch immer und hatte ein Grinsen im Gesicht. Gleichzeitig erhoben sich die 2.055 Zuschauer von ihren Sitzen und gaben Standing Ovations. Die Stimmung in Tübingen war nach der 41:39-Pausenführung am Kochen.
Spätestens eineinhalb Minuten vor dem Ende des dritten Viertels flog das Hallendach dann wirklich fast in Richtung Innenstadt. Man hatte beinahe das Gefühl, die Bundesliga-Rückkehr - zur Wahrheit gehört, dass die Tigers auf einen BBL-Lizenantrag verzichteten - wäre in diesem Moment perfekt gewesen. Dabei hatte Vincent Neugebauer eigentlich nur über Gegenspieler Marten Linßen durch den Ring gestopft. Weil sich Triers Big Man zu einer Provokation hinreißen ließ, kassierte er noch ein unsportliches Foul. Tübingens Center-Youngster blieb an der Freiwurflinie cool, verwandelte beide Versuche und stellte auf 74:63.
Der Traum vom entscheidenden Spiel fünf lebte für die Tigers in diesem Moment mehr als je zuvor. Doch nur elf gespielte Minuten später zerriss Spielmacher Kenny Cooper sein gelbes Trikot mit der Nummer 22 und es wurde emotional in der Paul-Horn-Arena. Und auch ein wenig traurig. Dank eines fulminanten Schlussabschnitts (35:21) schaffte der Tabellenzweite noch das Comeback gegen den Underdog und zementierte einen 100:95-Sieg auf die Anzeigetafel. Schluss, aus und vorbei: 3:1 für die Gladiators Trier. Die Viertelfinal-Serie ist damit entschieden und die Saison für die Tübinger vorbei.
Zwei Ex-Tübinger von Topclubs umworben
Große Ehre für Jhivvan Jackson. Der puerto-ricanische Spielmacher, der vergangene Saison mit den Tigers Tübingen aus der Bundesliga (BBL) abstieg und seit dem Sommer für die Würzburg Baskets aufläuft, wurde zum wertvollsten Spieler (MVP) der BBL ausgezeichnet. Mit im Schnitt fast 19 Punkten, 3,8 Rebounds und 4,6 Assists ist er der überragende Mann beim Champions-League-Teilnehmer. Gemeinsam mit seinem kongenialen Partner Zac Seljaas, Leistungsträger bei den Tigers im Aufstiegsjahr 2023, ist Jackson hauptverantwortlich dafür, dass die Franken als Anwärter auf mindestens das Play-off-Halbfinale gelten. Allerdings dürfte dies wohl der finale gemeinsame Auftritt von Jackson und Seljaas für die Baskets werden.
Wie der GEA nach gemeinsamen Recherchen mit dem Hamburger Abendblatt und der Main-Post erfahren hat, sind mehrere europäische Spitzenclubs aus der EuroLeague und dem EuroCup auf die Topspieler aufmerksam geworden. Jackson hat sich in den Fokus von Asvel Lyon-Villeurbanne gespielt. Auch Valencia Basket (EuroCup) hat offenbar Kontakt aufgenommen. Seljaas wiederum ist, wie zu hören war, ebenfalls auf dem Radar von Asvel, viel mehr aber noch von EuroLeague-Konkurrent Virtus Bologna aus Italien. Aber auch Alba Berlin würde den vielseitigen Forward (13,5 Punkte/5,6 Rebounds/1,8 Steals) wohl gerne verpflichten. (ott)
Vorwerfen konnte Trainer Detlev seiner Mannschaft rein gar nichts. »Wir haben alles reingeschmissen, was wir nur haben«, sagte der 49 Jahre alte Interimscoach sichtlich berührt. Vor dem Spiel hatte er eine sehr gute Dreierquote eingefordert, um überhaupt eine realistische Chance auf einen erneuten Heimsieg zu haben. Mit 15 erfolgreichen Distanzwürfen bei satten 40 Versuchen (sehr gute 38 Prozent) lieferten seine Schützlinge in dieser Statistik tatsächlich richtig ab. Allen voran der in den vergangenen Wochen noch einmal auf einem komplett anderen Level agierende Tübinger Big Man Samuel Idowu, der vier von sechs Dreier einstreute.
Doch im Endeffekt konnten sich Idowu, Tigers-Topscorer Kenny Cooper (18 Punkte) und Co. strecken wie sie wollten. Die Trierer mit ihrer herausragenden individuellen Klasse waren einfach erneut viel zu gut und kamen immer wieder zurück. Wieder zeigte sich, wie stark diese Mannschaft in der Spitze besetzt ist.
Im ersten Spiel war es Marcus Graves mit 18 Punkten, in der zweiten Begegnung Jordan Roland mit 28 Zählern und am Dienstag im dritten Duell Maik Zirbes mit 23 Punkten, die bislang die herausragenden Akteure ihres Teams waren. Ein ganz besonderes Ass haben sich die Gladiators allerdings noch für den Schlussakt aufgehoben. Der iranische Nationalspieler Behnam Yakhchali wurde am Donnerstag mit 29 Punkten (sechs von elf Dreier) zum Matchwinner für die Moselstädter. Vier unterschiedliche Spieler, vier überragende Leistungen. Da kannst du als Tübingen einfach nicht mithalten.
»Die Jungs hatten absolute Freude beim Spielen und das ist auch rübergekommen.«
»Es hat sehr viel Spaß gemacht«, ließ Detlev seine hochintensive und zweimonatige Zeit als Interimstrainer nach der Partie Revue passieren. Natürlich sei man stolz, aber das komme vermutlich erst in ein paar Tagen so richtig raus. Vor allem eines lobte der 49-Jährige: Die Stimmung in der Halle sei einfach absolut toll gewesen. »Wir haben zuletzt sehr attraktiven und mitreißenden Basketball gezeigt. Auch wenn es nicht immer zum Sieg gereicht hat, glaube ich, dass das schön anzuschauen war. Das Wichtigste für mich ist: Dass die Jungs absolut Freude hatten beim Spielen und dass das auch rübergekommen ist. Ansonsten sind wir jetzt alle erstmal ein bisschen traurig«, betonte Detlev abschließend.
Und so heißt es nun: Schluss, aus und vorbei. Bitte aussteigen! Die Reise ist beendet. Doch die Tigers können am Freitagmorgen guten Gewissens und auch stolz in den Spiegel schauen. (GEA)