TÜBINGEN. Eine Frage, die Trainer Domenik Reinboth Anfang Februar nach einer deutlichen Niederlage in Crailsheim noch mächtig ärgerte und zur Weißglut gebracht hatte, die kann spätestens nach diesem Wochenende jeder Beobachter klar beantworten: Die Tigers Tübingen sind nur Mittelmaß. Das wurde nicht einmal 48 Stunden nach der sehr enttäuschenden und schmerzhaften Derby-Niederlage gegen die Kirchheim Knights auch am Sonntagmittag gegen die Gladiators Trier ein weiteres Mal deutlich.
Die Raubkatzen hatten vor 1.964 Zuschauern - zum vierten Mal in Folge wurde die 2.000er-Marke verfehlt - gegen den Tabellenzweiten in der heimischen Paul-Horn Arena nichts zu melden und kassierten eine 71:86 (32:45)-Niederlage. Einziger Lichtblick war die Leistung von Center-Youngster Vincent Neugebauer, der mit 16 Punkten Topscorer wurde und zudem sieben Rebounds einsammelte. Bereits am Freitag hatte der 22-Jährige zwölf Punkte und acht Rebounds auf den Statistikbogen gebracht. Für die Tigers war es die sechste Pleite in den vergangenen neun Spielen. Das sind besorgniserregende Zahlen. Noch viel erschreckender war allerdings einmal mehr der Auftritt in der Offensive. Ein leidiges Thema. Man gewinnt den Eindruck: Während eine neu formierte Mannschaft in der Regel im Angriffsspiel im Laufe einer Saison besser und deutlich eingespielter wird, ist bei den Tigers das Gegenteil der Fall.
Trier überall besser
Zweier, Dreier, Freiwürfe, Rebounds, Assists, Ballverluste und Steals: Die Gladiators Trier waren in jeder Statistik besser als die Tigers Tübingen. »Für uns war es keine einfache Partie, wenn wir im Rahmen eines Doppelspieltags ein Heimspiel und ein Auswärtsspiel haben und der Gegner doppelt vor eigenem Publikum spielt. Dennoch waren wir in fast allen Kategorien in der Statistik besser. Wir sind eine Spitzenmannschaft«, sagte Gäste-Coach Jacques Schneider. Seine Mannschaft hatte immer die richtige Antwort parat. Sein Gegenüber, Tigers-Trainer Domenik Reinboth, meinte: »Unsere Fehlerquoten sind einfach zu hoch. Die Dinge, die wir unter der Woche trainieren, setzen wir nicht auf dem Level um, wie wir es können.« (ott)
Es war wirklich harte Kost, die die Reinboth-Schützlinge den Fans mit ihrer Offensiv-Leistung insbesondere in der ersten Halbzeit zumuteten. Da muss sich jeder Tigers-Profi selbst an die Nase fassen. Die Konstanz fehlt. Genauso hinterfragen sollte sich allerdings auch Trainer Reinboth. Welchen Plan gibt der 42-Jährige seiner Mannschaft an die Hand? Ein typischer Tigers-Angriff im März 2025 sieht wie folgt aus: Der Spielmacher trägt den Ball in die gegnerische Hälfte und hält ihn erstmal für mehrere Sekunden in den eigenen Händen. Ohne, dass wirklich etwas passiert. Die Sekunden auf der Wurfuhr werden immer weniger.
Meistens kommt dann der Center an den Zonenrand herbeigeeilt und stellt seinem Aufbauspieler einen Block. Das sogenannte Pick-and-Roll. Danach gibt es oftmals aber keine Übergangsaktion. Oder der Ball wandert zu einem anderen Spieler. Und von diesem wieder zurück zum Ausgangspunkt. So oder so: Der Ball wird bei den Tigers insgesamt viel zu wenig bewegt, am Ende läuft es schließlich häufig auf eine Einzelaktion eines Spielers hinaus. Das ist deutlich zu ausrechenbar. Wo ist der Plan B?
Holt Reinboth aus seinen Spielern das Maximum raus?
Gleichzeitig stellt sich auch die Frage: Holt Reinboth aus seinen Spielern das Maximum raus? Werden Sie richtig eingesetzt? Dafür lohnt sich ein Blick auf die Personalie Marvin Heckel. Ohne stichfeste Daten vorliegen zu haben, kann man guten Gewissens die These verbreiten: Der Spielmacher zählt zu den schnellsten Spielern der gesamten Liga. Doch wann hat man beim 27-Jährigen - den Buzzer Beater zum Sieg in Nürnberg am dritten Spieltag mit seinem Sprint über das gesamte Feld ausgeklammert - mal gesehen, dass er seine Geschwindigkeit konstant gewinnbringend einsetzen kann? Natürlich agiert auch Heckel auf dem Feld nicht immer glücklich. Keine Frage. Doch die Aufgabe eines Trainers besteht auch darin, Spielzüge so zu kreieren und zu designen, dass die Stärken der Spieler wirklich dauerhaft zur Geltung kommen.
Fakt ist: Es wird ungemütlich in Tübingen. Auch auf den Coach wird der Druck immer größer. Die Tigers sind inzwischen auf den zehnten Rang abgerutscht. Zwar hat der Sechstplatzierte Bochum nur zwei Siege mehr auf dem Konto stehen. Doch die Raubkatzen haben die direkten Vergleiche mit Hagen und Kirchheim, die aktuell die letzten beiden Play-off-Plätze einnehmen, verloren. Und auch mit Blick auf den Tabellenneunten Münster scheint es nach der 18-Punkte-Niederlage am zweiten Spieltag wahrscheinlicher, dass der direkte Vergleich gegen den Mitkonkurrenten am Ende verloren geht. Das tragen die Tigers jetzt als zusätzliche Last im sowieso schon komplizierten Kampf um den Einzug in die Meisterrunde mit sich. Doch mit ihren Leistungen zuletzt haben die Tübinger in den Play-offs sowieso nichts verloren. (GEA)