TÜBINGEN. Eigentlich ist Miles Tention ein Point Guard. »Ich habe diese Position in der Vergangenenheit bei all meinen Mannschaften gespielt«, berichtet der 24-Jährige vor dem Gastspiel seiner Tübinger Zweitliga-Basketballer am Sonntag (17 Uhr) bei den EPG Guardians Koblenz. Weil er in drei seiner vier College-Jahren jeweils eine herausragende Dreierquote von über 40 Prozent hingelegt hatte, ist der US-Amerikaner aus dem kalifornischen Palo Alto de faco auch ein starker Distanzschütze. Bei den Tigers ist er deshalb beides.
»Wir haben viele Jungs, die den Ballvortrag machen können: Kenny Cooper, Marvin Heckel oder Philip Hecker«, erklärtTention und hat eine witzige Beschreibung für seine Rolle im Team: »Ich bin eine Art Schweizer Taschenmesser und tue da meine Arbeit, wo ich gebraucht werde.« Trainer Domenik Reinboth bevorzugt ein System mit zwei Aufbauspielern. Als Rechtshänder empfindet es Tention dabei als Vorteil, mit Cooper oder Heckel, einem der beiden linkshändigen Guards, auf dem Feld steht. »Aus der Sicht des Verteidigers ist es schwieriger, wenn du es mit zwei unterschiedlichen Guards zu tun hast und dabei immer überlegen musst, weil der eine lieber links rum und der andere lieber rechts rum geht.«
»Für mich ist Defense wie Schach«
Bei seiner ersten Profi-Station vergangene Saison in der 1. Liga Zyperns hatte sich Tention im Januar den Mittelfuß gebrochen. Die Saison war damit für ihn schon frühzeitig beendet. Er flog zurück in die Heimat und ließ sich dort operieren. Dass seine Dreierquote in dieser Saison mit aktuell 30 Prozent durchaus noch ausbaufähig ist, versucht Tention nicht so sehr an sich heranzulassen. »Im Training wird es immer besser«, berichtet Tention und tut alles dafür, zu alter Stärke zurückzufinden. »Ich schaue, dass ich immer ein bisschen früher in der Halle bin, um zu werfen und Selbstbewusstsein zu tanken.« Er ist überzeugt, dass auch das mit den Dreiern früher oder später wieder klappen wird: »Ich habe schon eine Million Würfe in meinem Leben genommen. Es geht jetzt einfach darum, dass ich an mich glaube.«
Am meisten liebt er es aber ohnehin, zu verteidigen. Das sagt der 1,93-Meter-Mann aus vollster Überzeugung - und nicht nur, weil Trainer solche Aussagen gerne hören. Tention sieht Denfense als sein Naturell an. Durch seinen Vater, der ihn bislang die meiste Zeit trainiert hat, sieht er sich mit einem großen Basketball-IQ ausgestattet und ist dadurch in der Lage, das Spiel lesen zu können. »Für mich ist Defense wie Schach: Wie kann ich verhindern, was mein Gegner vorhat?« Das bezeichnet der US-Amerikaner als »Kopf-Gymnastik«. Zu seinen Stärken gehört für ihn desweiteren, das Tempo des Spiels kontrollieren zu können und umsetzen zu können, wie der Trainer spielen möchte. Auch Tigers-Assistantcoach Dhnesch Kubendrarajah lobt Tentions Defensiv-Verhalten: »Seine Verteidigung hat uns schon in einigen Spielen sehr geholfen. Miles macht sehr viel Druck auf den Gegner. Und seine langen Arme helfen ihm auch dabei, die Winkel bei den Passwegen noch enger zu machen.«
Vor allem schätzt man bei den Tigers, wie Tention seine Rolle als Co-Kapitän ausfüllt: »Miles bringt das nötige Leadership mit«, lobt Kubendrarajahund berichtet: »Er trainiert immer seriös und kommuniziert viel.« Darüberhinaus attestiert auch Kubendrarajah dem Kalifornier die selbst für sich in Anspruch genpmmene Spielintelligenz: »Es gibt Point Guards, die sagen die Systeme an und spielen, was der Trainer möchte. Und dann gibt es Point Guards, die mitdenken und schauen: Okay, der Gegner spielt so und so. Dann macht jetzt dieses System Sinn. Miles ist einer dieser Spieler.«
»Als Andre Iguodala unter meinem Vater am College gespielt hat, habe ich ihn mit meinen damals fünf Jahren im Uno geschlagen«
Abgesehen von seinem drei Jahre älteren Bruder, der an der Elite-Uni in Stanford studierte und mittlerweile in New York wohnt und dort als Finanzmakler arbeitet (»Er ist der Schlaue in der Familie«) wird bei den Tentions zuhause Basketball groß geschrieben. Seine Mutter spielte bis zur High School selbst. Und in den Jugendteams wurde er nicht nur von seinem Vater trainiert, sondern gegen später auch von seiner Mutter. Sein Vater spielte einst ein Jahr als Profi auf den Philippinen, ehe er eine Trainer-Karriere startete. Durch Rodney Tention, einst Assistent-Coach der Arizona Wildcats am College in Tucson, ist Andre Iguodala, vierfacher NBA-Champion der Golden State Warriors und Olympiasieger 2012 in London, für Miles Tention wie ein großer Bruder. »Als er unter meinem Vater am College gespielt hat, habe ich ihn mit meinen damals fünf Jahren im Uno geschlagen«, berichtet Tention mit einem breiten Grinsen. (GEA)