BREMERHAVEN. Alleine die Reaktion von Domenik Reinboth nach dem Schlusspfiff reichte nicht aus, um zu deuten, ob seine Tigers Tübingen gegen die Eisbären Bremerhaven nun gewonnen oder verloren hatten. Energisch klatschte der Coach des Zweitligisten mit seinen Jungs und den Spielern des Kontrahenten ab und lächelte dabei - wenn auch leicht verkrampft. Ein Blick auf die Anzeigetafel brachte Klarheit: Die Neckarstädter hatten in einem hochklassigen Spiel buchstäblich in letzter Sekunde den Kürzeren gezogen und nach einer Achterbahnfahrt mit 79:82 (35:42) verloren, aber dennoch viel Positives gezeigt. »Die Mannschaft hat alles auf dem Platz gelassen. Die Zuschauer haben ein tolles Basketballspiel gesehen. Mit der Leistung bin ich zufrieden, mit dem Ergebnis natürlich nicht«, erklärte Reinboth.
- Hecker Sinnbild für den Auftritt
Sinnbildlich für das Spiel war der Auftritt von Philip Hecker. Denn der quirlige Guard lieferte mit seinen 13 Punkten und fünf Rebounds eine richtig ordentliche Leistung ab, verhalf Bremerhaven aber mit einer unglücklichen Aktion 16 Sekunden vor Schluss beim Stand von 77:78 zum Sieg. Einen Rebound-Versuch wurstelte der 22-Jährige mit viel Pech in den eigenen Korb, das Match war gelaufen. Dabei war Hecker einer, der nach einem Katastrophen-Start im ersten Viertel mit zwischenzeitlich 2:20 Zählern im zweiten Abschnitt vorangegangen war und die Raubkatzen mit seinen starken Aktionen beflügelte und zurückbrachte.
- Bemerkenswerter Teamgeist
Beim Stand von 2:19 und etlichen gescheiterten Würfen versammelten sich die Tübinger im Kreis, legten sich die Arme auf die Schultern und sprachen sich gegenseitig Mut zu. Trotz der Rückschläge im Spiel gegen einen Top-Gegner war von Schuldzuweisungen oder Verunsicherung keine Spur zu sehen. Gemeinsam kämpfte sich das Team zurück und wurde im zweiten und dritten Viertel immer stärker. In einem temporeichen Match gingen die Raubkatzen nach einem Dreier von Kapitän Till Jönke in der 28. Minute nach einem Super-Comeback das erste Mal mit 59:56 in Führung. Fortan ging es ganz eng hin und her.
- Idowu ragt heraus
Eine überragende Leistung und großen Anteil daran, dass es bis zum Schluss spannend blieb, hatte Samuel Idowu. In der Defense sicherte sich die 1,98-Meter-Kante wichtige Rebounds, im Vorwärtsgang gelang ihm fast alles. 27 Punkte (davon vier erfolgreiche Distanz-Würfe) und vier Assists verbuchte Idowu. Erneut auffällig war auch Top-Scorer Kenny Cooper, der nach und nach immer besser in die Begegnung fand und ebenfalls auf 27 Punkte (acht von acht verwandelte Freiwürfe) kam und sieben Körbe vorbereitete.
- Zu wenige Vollstrecker
Am Sonntagabend wurde einmal mehr klar, dass zu wenige Tübinger Spieler Punkte im Vorwärtsgang beisteuern. Alleine Idowu und Cooper kamen zusammen auf 54 Zähler. Was aber noch auffälliger war: Nur sechs der neun eingesetzten Spieler trafen überhaupt. Zur Halbzeit hatten mit Cooper, Idowu, Hecker und Silas Oriane gerade mal vier (!) Basketballer den Ball im Korb untergebracht. Einen in der Offense komplett gebrauchten Tag erwischte Jonas Niedermanner. In den ersten zehn Minuten übernahm er zwar viel Verantwortung und versuchte es fünfmal. Das Problem: Kein einziger Versuch ging rein. Am Ende waren es null aus acht Würfen. Auch Jay Nagle (0/2) und Vincent Neugebauer(0/2) blieben erfolglos. Den Vorwurf, im Vorwärtsgang nicht flexibel genug zu sein, wollte Coach Reinboth so aber nicht stehen lassen. »Ich glaube, es fehlt nicht die Flexibilität. Wir haben zum Beispiel Jonas Niedermanner, der acht Würfe kriegt, der acht gute Würfe kriegt. Er hat sie halt einfach nicht getroffen. Es heißt nicht, weil zwei jetzt rausstechen mit Punkten, dass wir nicht zusammen spielen. Das war heute ihr Tag, dann spielen wir dafür. Im nächsten Spiel ist es vielleicht wieder ein anderer Spieler.« (GEA)