REUTLINGEN. Tim Handel hat es geschafft! Der Tennis-Profi aus Ohmenhausen hat sein Vorhaben in die Tat umgesetzt und sein ambitioniertes sportliches Ziel für 2023 erreicht. »Ich will unter die Top 500 der Welt«, sagte der 27-Jährige dem GEA im März. Neun Monate später sieht es für den Zweitliga-Spieler des TV Reutlingen sogar noch deutlich rosiger aus. Die ATP-Weltrangliste führt Handel zum Jahreswechsel auf Position 385. In das Jahr gestartet war er auf Platz 634. Wie hat »Jimbo« diesen Sprung geschafft? Was sagt sein langjähriger Trainer Marek Kima über Handels Entwicklung? Und sieht man den Ohmenhäuser im kommenden Jahr womöglich schon bei einem Grand-Slam-Turnier? Der GEA klärt auf.
- Das Highlight im November
Handel war vor der Winterpause zuletzt auf einer dreiwöchigen ITF-Turnier-Serie in Antalya unterwegs. Es war ein großer Erfolg. Und das persönliche Highlight 2023 für ihn. Er erreichte nicht nur zweimal das Halbfinale, sondern vergoldete seine sportliche Türkei-Reise zudem mit dem zweiten Titelgewinn seiner Karriere. »Es lief aber auch schon davor gut für mich. Deshalb bin ich insgesamt sehr zufrieden mit meinen Leistungen und Ergebnissen«, sagt der Rechtshänder.
Seine Jahresbilanz liest sich nicht schlecht: Handel schlug bei 32 Turnieren quer durch Europa verteilt auf. Zu rund einem Drittel davon sei er geflogen. Insgesamt stand der Ohmenhäuser in fünf Viertel- sowie vier Halbfinals, erreichte dreimal ein Finale und feierte Mitte November eben jenen Turniersieg in Antalya.
Ein Ausrufezeichen setzte Handel mit seinem Zweitrunden-Einzug im Juni beim ATP-Challenger-Turnier in Karlsruhe – der nächsthöheren Kategorie, wo ein deutlich größeres Preisgeld ausgeschüttet und eine größere Anzahl an Weltranglistenpunkte vergeben werden. Insgesamt war er 2023 siebenmal in einem Hauptfeld eines Challenger-Events am Start. Sein großes Ziel: Auf dieser Ebene künftig immer häufiger an den Start zu gehen.
- Der Wechsel zahlt sich aus
Seit Januar trainiert der 27-Jährige nicht mehr auf der Anlage des TC Markwasen unter Marek Kimla, der seit 2008 stets an Handels Seite war, sondern in Offenbach an der Tennis-University des deutschen Ex-Profis Alexander Waske. »Ja, der Plan hat sich ausgezahlt. Es war die richtige Entscheidung«, findet Handel. Er könne so deutlich professioneller trainieren. In Offenbach seien immer mindestens ein bis zwei Trainer auf dem Platz. Kein Vergleich zu Reutlingen. »Marek gibt im normalen Vereinstraining so viele Stunden, deshalb war es für ihn gar nicht möglich, so viel mit mir zu trainieren«, erklärt Handel. Geschweige denn, dass überhaupt ein geeigneter Trainingspartner mit ähnlichem Niveau zur Verfügung gestanden wäre. Weiter ist er allerdings im regelmäßigen und intensiven Austausch mit Kimla, bezeichnet ihn als Mentor und trainierte erst im Sommer für mehrere Wochen gemeinsam mit Noah Schlagenhauf, der ebenfalls für den TV Reutlingen aufschlägt und mittlerweile am US-College Ole Miss Tennis spielt, unter dem 45-Jährigen auf der Anlage des TCM. In welchen Bereichen sich Handel verbessert hat? »Ich bin aggressiver und deutlich solider in meinem Spiel geworden«, berichtet er. Besonderen Fokus will Handel im kommenden Jahr auf seinen Aufschlag legen. »Das ist das Wichtigste. Wenn man jedes Spiel zwei, drei freie Punkte hat, dann macht es die ganze Sache einfacher. Auch wenn man beim zweiten Aufschlag nicht mehr direkt angreifbar ist.«
- Die Zweifel sind weg
Handel erinnert sich an ein Gespräch bei einem Spaziergang mit Trainer Kimla während der Corona-Pandemie. »Ich habe zu ihm gesagt: Top 300? Also die spielen wirklich extrem gut.« Handel hatte zu diesem Zeitpunkt noch keinen Weltranglistenpunkt gesammelt. Und war gerade frisch mit dem College-Abschluss in der Tasche aus der USA zurückgekehrt. »Ich habe niemals erwartet, dass ich es eines Tages so weit schaffen kann«, gibt er Einblicke in seine damalige Gedankenwelt. Doch keine drei Jahre später hat er es geschafft. Auch weil der Ohmenhäuser sein Zwischenziel mit eiserner Disziplin verfolgt hat. »Das bewundere ich an ihm«, betont Kimla. »Was zum Beispiel auch die Ernährung oder das Warm-up angeht: Er legt eine brutale Motivation an den Tag. Tim ist ein Vorbild für die jungen Leute hier im Verein. Er hat als Kind nie gesagt bekommen, dass er ein großes Talent ist. Er hat sich das alles hart erarbeitet.«
- Die Grand-Slam-Turniere im Blick
Bereits seit langer Zeit hat Handel ein bestimmtes Turnier als Traum in seinem Kopf: Die Boss Open – vormals Mercedes Cup – in Stuttgart. »Das wäre schon richtig cool, dort einmal mitzuspielen«, betont der 27-Jährige. Ob es womöglich bereits im kommenden Jahr (8. bis 16 Juni) so weit ist und er beim ATP-Turnier auf dem Stuttgarter Weissenhof aufschlägt? »Zumindest eine Teilnahme in der Qualifikation ist definitiv im Bereich des Möglichen. Letztes Jahr war dort ein Spieler dabei, der in der Weltrangliste ungefähr so stand, wie ich jetzt«, berichtet Handel. Und dann wären da ja noch die Crème de la Crème des Tennissports, die Grand-Slam-Turniere. Der Traum jedes Spielers. Um zumindest in der Quali an den Start zu gehen, müsse man in der Weltrangliste mindestens zwischen Position 250 bis 260 stehen, weiß der Reutlinger. Auch das stehe auf seiner To-Do-Liste. Wenn nicht 2024, dann spätestens im Jahr darauf.
»Ich habe nun schon öfters gegen Leute aus dieser Region gespielt. Und das ist kein wirklich anderes Level«, sagt Handel offen und ehrlich. Es seien fast immer Kleinigkeiten, die doch häufig zu einem großen Unterschied führen würden. »Zwischen einem Erstrundenaus und einem Titelgewinn liegt manchmal echt nicht viel.« Und was sagt sein langjähriger Wegbegleiter? Wo kann die Reise für den 27-Jährigen noch hingehen? »Ich weiß es nicht«, antwortet Kimla, atmet einmal kurz durch und fügt dann doch vielsagend hinzu: »Aber Tim kann wirklich noch sehr weit kommen.« Auch Handel ist sich sicher, dass das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht ist und sagt abschließend mit breiter Brust: »Ich weiß, dass ich noch viel, viel weiter kommen kann.« Dafür ist dem Ohmenhäuser vor allem eines zu wünschen: Dass die Gesundheit mitspielt. (GEA)

