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Der Tennissport und die Tennis-Profis: Eine oftmals komplizierte Beziehung

Stimmt es, dass viele Profis eine Hassliebe zum Tennis pflegen? Lasse Pörtner vom TV Reutlingen spricht vor seinem Auftaktmatch bei den Metzingen Open über den so wichtigen mentalen Aspekt in seinem Sport und die knochenharte ITF-Tour.

Der mentale Bereich ist das A und O beim Tennis. Das weiß auch Lasse Pörtner vom TV Reutlingen zu gut.
Der mentale Bereich ist das A und O beim Tennis. Das weiß auch Lasse Pörtner vom TV Reutlingen zu gut. Foto: Joachim Baur
Der mentale Bereich ist das A und O beim Tennis. Das weiß auch Lasse Pörtner vom TV Reutlingen zu gut.
Foto: Joachim Baur

METZINGEN. Am Mittwoch ist es soweit: Dann schlägt nicht nur der Ohmenhäuser Profi Tim Handel in der ersten Runde der Metzingen Open auf. Auch sein Mannschaftskollege vom Tennis-Zweitligisten TV Reutlingen bestreitet an diesem Tag sein Auftaktmatch beim internationalen ITF-Turnier am Bongertwasen. Die Rede ist von Lasse Pörtner. Der aus Kirchheim/Teck stammende 19-Jährige wurde für das Turnier mit einer Wildcard vom Württembergischen-Tennis-Bund (WTB) ausgestattet und steht damit direkt im 32er-Hauptfeld.

Dort trifft die ehemalige deutsche Nummer eins der U 18-Junioren am Mittwoch auf den Qualifikanten Aaron Funk aus Böblingen. »Mit ihm trainiere ich sehr oft«, berichtete Pörtner nach dem Training am Dienstag. Ob ihm der Zweitrunden-Einzug gelingt, wird auch davon abhängen, wie bereit der Reutlinger Zweitliga-Spieler im Kopf für das Duell gegen seinen Freund ist. Der mentale Bereich ist das A und O beim Tennis. Pörtner nahm sich die Zeit, um mit dem GEA genau über dieses spannende Thema zu sprechen. Es zeigt sich: Der Tennissport und die Tennis-Profis? Das ist eine oftmals komplizierte Beziehung.

GEA: Lasse, immer wieder heißt es, dass viele Profi-Spieler eine Hassliebe zum Tennis pflegen würden. Ist das wirklich so?
Lasse Pörtner: Ich glaube das würden viele Spieler so unterschreiben. Für mich persönlich ist es schon wie eine kleine Hassliebe, weil es sehr häufig ein Auf und Ab ist. An manchen Tagen läuft es richtig gut, an anderen dann wiederum gar nicht. Bei mir ist es ganz schwer, wenn ich nach guten Wochen plötzlich wieder schlechte Matches habe. Dann macht mir das Tennis teilweise gar keinen Spaß. Es ist häufig wie eine Achterbahnfahrt der Gefühle.

Woran liegt das? In anderen Sportarten ist das nicht so sehr ein Thema.
Pörtner: Tennis ist eben ein Einzelsport. Man steht ganz alleine auf dem Platz. Ich kann eine Niederlage nicht auf einen Mitspieler oder sonst irgendwas schieben. Wenn ich schlecht spiele, dann liegt es nur an mir.

Wie gehen Sie mit Negativsituationen um?
Pörtner: Ich versuche, mich nicht reinzusteigern und nicht zu viel darüber nachzudenken. Das ist natürlich leichter gesagt als getan. Aber klar ist: Mir einzureden, dass ich schlecht gespielt habe, obwohl es vielleicht gar nicht der Fall war, ist total kontraproduktiv und zieht mich noch mehr runter. Weil auf der anderen Seite des Netzes schließlich auch noch ein Gegner steht, der im Regelfall ebenfalls Tennis auf einem sehr guten Niveau spielen kann.

Zur Person

Lasse Pörtner wurde am 22. November 2005 in Nürtingen geboren. Der Rechtshänder zählt mit 1,96 Metern zu den größeren Spielern auf der Tennis-Tour. Seit 2024 schlägt er für den Zweitligisten TV Reutlingen auf. Seit diesem Jahr spielt er in der US-College-Liga für die Pepperdine University in Malibu. Aktuell steht der 19-Jährige auf Rang 911 der ATP-Weltrangliste. Seine beste Platzierung datiert aus dem Januar diesen Jahres (853). Pörtner spielte bereits beim Junioren-Grand-Slam-Turnier im Wimbledon und den US Open. (ott)

Trainiert man in solchen Phasen eigentlich mehr?
Pörtner: In der Vergangenheit habe ich dann auch mal zwei, drei Tage Pause gemacht, damit ich meinen Kopf ein wenig reseten kann. Aber manchmal will ich mich durch harte Arbeit wieder reinfighten. Ich finde, dass man sich über harte Arbeit auch Selbstvertrauen holen kann. Weil ich dann weiß, dass ich alles getan habe, was in meiner Macht steht. Dann kann ich auch wieder lockerer aufspielen.

Was sind für Sie die schwierigsten Situationen auf dem Court?
Pörtner: Wenn ich das Gefühl habe, dadurch Druck zu haben, dass ich gegen einen vermeintlich schlechteren Gegner spiele, der in der Rangliste hinter mit steht. Ich finde es viel, viel einfacher gegen Bessere zu spielen, weil ich dann freier aufspielen kann und eigentlich nichts zu verlieren habe.

Alles andere als einfach für die Profis und ihren mentalen Bereich ist auch die Future-Tour. Warum wollen die Spieler eigentlich so schnell wie möglich von der ITF-Tour runter?
Pörtner: Der Hauptaspekt ist das Finanzielle. Auf der ITF-Tour sind die Preisgelder sehr gering und man zahlt oftmals sogar drauf. Bei der nächsthöheren Turnierkategorie, den ATP-Challenger-Events, kann man viel mehr Geld verdienen. Es ist nochmal professioneller organisiert. Man bekommt zum Beispiel auch das Hotel gezahlt.

»Der Normalfall auf der ITF-Future-Tour sieht häufig so aus, dass man irgendwo in Serbien auf einem Turnier spielt und der Einzige, der draußen zuschaut, ist dein Trainer«

Wie nehmen Sie das ITF-Turnier in Metzingen wahr?
Pörtner: Das ist definitiv kein normales Future-Turnier. Das lässt sich nicht mit ITF-Turnieren in anderen Ländern vergleichen. Die Organisation bei den Metzingen Open ist überragend. Es fehlt an nichts. Außerdem ist es nicht selbstverständlich, dass hier Leute einfach nur aus Spaß zuschauen. Der Normalfall auf der ITF-Future-Tour sieht häufig so aus, dass man irgendwo in Serbien auf einem Turnier spielt und der Einzige, der draußen zuschaut, dein Trainer ist.

Fühlt man sich da nicht häufig einsam?
Pörtner: Ende des letzten Jahres war ich alleine für ein Turnier in Ägypten. Es wirkt sich auf mein Spiel aus, wenn ich ganz alleine bin und neben dem Court nicht so viel Spaß haben kann. Dann spiele ich schlechter. Wenn ich jetzt aber zum Beispiel in Deutschland unterwegs bin oder auf Turnieren, wo ich viele Spieler gut kenne, dann macht so eine Turnierreise richtig Spaß und ich spiele auch besser.

Abschließend: Wie viel Prozent ist Talent? Und wie viel macht der mentale Bereich aus?
Pörtner: Aus meiner Sicht macht das reine Talent nur sehr wenig aus. Früher gab es einige Spieler, zu denen ich beispielsweise im U 12-Bereich aufgeschaut und gesagt habe: Boar, die haben wirklich krasses Talent. Von diesen Jungs sehe ich jetzt gefühlt keinen mehr bei den Turnieren. Stattdessen viele andere Spieler, die damals noch nicht wirklich auf dem Radar waren. Deshalb glaube ich, dass harte Arbeit und Mentalität die viel wichtigeren Aspekte sind. (GEA)