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Wohin steuert der SSV Reutlingen?

Und wöchentlich grüßt das Murmeltier. Der Fußball-Oberligist SSV Reutlingen kassiert in den ersten zehn Minuten ein Gegentor. So geschehen auch beim 0:1 gegen den SV Oberachern.

Cedric Guarino (im roten Trikot) vom SSV Reutlingen im Zweikampf mit Oberacherns Angreifer Nico Huber.
Cedric Guarino (im roten Trikot) vom SSV Reutlingen im Zweikampf mit Oberacherns Angreifer Nico Huber. Foto: Joachim Baur
Cedric Guarino (im roten Trikot) vom SSV Reutlingen im Zweikampf mit Oberacherns Angreifer Nico Huber.
Foto: Joachim Baur

REUTLINGEN. Quo vadis, SSV Reutlingen? Sind die mit großen Ambitionen in die Fußball-Oberliga-Saison gestarteten Nullfünfer auch in dieser Saison ein Abstiegskandidat? Weshalb schlittert das Team bereits mitten in der Vorrunde in eine handfeste Krise? Weshalb bietet die Elf ihren Fans - gegen den SV Oberachern kamen nur noch 570, zuletzt gegen Calcio Leinfelden-Echterdingen waren es noch 1.050 - gegen den Club aus dem Ortenau-Kreis nach dem schwachen Auftritt in Bissingen erneut eine gruselige Vorstellung? Fragen über Fragen, die Trainer Philipp Reitter und seine Mitstreiter schleunigst abarbeiten müssen.

Und wöchentlich grüßt das Murmeltier. Fast im Wochen-Rhythmus muss der SSV in der Anfangsphase ein Gegentor einstecken. Bei der 0:1 (0:1)-Niederlage am Samstag gegen den SV Oberachern erzielte Maximilian Weiß in der achten Minute das Tor des Tages. Damit setzten die Reutlinger ihre Serie der frühen Einschläge fort. Zum sechsten Mal im achten Spiel kassierte der Kreuzeiche-Club einen Gegentreffer in den ersten zehn Minuten. »Wir haben beim 0:1 nachlässig agiert. Das müssen wir uns ankreiden«, stellte Reitter fest. Um es aus der Sicht der Gäste positiv zu formulieren: Oberachern spielte das 0:1 fein heraus. Nico Huber legte im Zentrum für Weiß auf, der aus kurzer Distanz Reutlingens Keeper Dominik Hozlinger keine Abwehrchance ließ.

Fünf Spiele in 15 Tagen

Es gibt einige gewichtige Gründe, die der SSV zu seiner Ehrenrettung für die indiskutablen Auftritte auflisten kann: Das Team musste zuletzt zwei Englische Wochen in Folge absolvieren. Fünf Spiele in 15 Tagen sind kein Pappenstiel. Darüber hinaus ist die Verletztenliste immens lang. Ganz bitter: In den zurückliegenden fünf Partien in Zuzenhausen, gegen Calcio, in Bissingen, im Pokal in Donzdorf und nun gegen Oberachern stand nicht einer der fünf Balinger Zugänge in der Startformation. Torhüter Marcel Binanzer, Tim Wöhrle, Jonas Meiser und Moritz Kuhn stehen auf der Verletztenliste. Jonas Vogler wurde lediglich in Bissingen eingewechselt und saß in Donzdorf sowie gegen Oberachern auf der Bank. »Er ist noch nicht einsatzbereit«, erklärte Reitter. Um es richtig einzuordnen: Bei den Balinger Zugängen handelt es sich um ein Quintett, das in den vergangenen Jahren in der Regionalliga zu Gange war. Dem SSV fehlt ergo viel Qualität auf dem Rasen.

Routiniers unterlaufen leichte Fehler

Kräftezehrende Spiele, Verletzungspech, frühe Gegentore, kaum Erfolgserlebnisse - diese Faktoren sorgen für eine Verunsicherung im Team. Von Selbstvertrauen ist nichts zu spüren. Selbst einem feinen Techniker wie Riccardo Gorgoglione, der gegen Oberachern nach einer Verletzungspause in die Startelf zurückkehrte, unterliefen leichte Abspielfehler. In der 38. Minute fabrizierte Gorgoglione eine zu kurze Rückgabe auf Hozlinger, doch zum Glück für den SSV spielten die Gäste den Angriff nicht sauber aus. Luca Plattenhardt, ein weiterer Routinier und im Normalfall ein Leistungsträger, leistete sich in der 22. Minute einen fatalen Rückpass, doch Hozlinger rettete in letzter Not. »Wir hätten zur Pause mit 2:0 führen müssen oder sogar 3:0 führen können«, urteilte Oberacherns Trainer Fabian Himmel.

Wenn selbst den erfahrenen Kräften leichte Fehler unterlaufen, lassen sich jüngere Akteure schnell anstecken. Ben Schaal, Manuel Walz und Daniel Breuninger leisteten sich einige technische Unzulänglichkeiten. Apropos Schaal: Der Ex-Pfullinger stand am Mittwoch in Donzdorf als Linksverteidiger 90 Minuten auf dem Platz. Dagegen durfte sich Tom Schiffel im Pokal schonen. So weit, so gut. Doch weshalb Schiffel, der in Normalform eine verlässliche Größe ist und die Offensive ankurbeln kann, gegen Oberachern in der ersten Hälfte auf der Bank Platz nehmen durfte, war für den normalen Betrachter unverständlich. Nach der Pause durfte Schiffel für Schaal ran.

Toth vergibt die beste Chance

»Nach dem frühen 0:1 sind wir wieder der Musik hinterher gelaufen«, stellte Plattenhardt zerknirscht fest. »Es läuft einfach nicht«, fügte er hinzu. Gute Noten beim SSV verdienten sich in erster Linie die beiden Sechser Yannick Toth und Cedric Guarino. Toth vergab in der 77. Minute die beste Reutlinger Chance im gesamten Spiel, als er mit einem Kopfball knapp das Gehäuse verfehlte. »Den muss ich reinmachen«, übte der Kapitän Selbstkritik. Der erst kürzlich von den Stuttgarter Kickers gekommene Guarino ist dank seiner Lauf- und Zweikampfstärke ein Gewinn für die Reutlinger.

Ein Lichtblick in der Schlussphase war auch Luca Meixner. Der 22-Jährige, normalerweise im Mittelfeld variabel einsetzbar, läuft seit einigen Wochen als Sturmspitze auf. Er reibt sich im Angriff auf, läuft und ackert, verströmt aber kaum Torgefahr. Ein guter Mittelfeldmann ist eben nicht automatisch ein guter Stürmer. In der 73. Minute brachte Reitter mit Tom Ruzicka einen gelernten Angreifer, der seine Sache ordentlich machte und sich für weitere Einsatzzeiten empfahl. Der ins Mittelfeld zurückbeorderte Meixner hatte in der Endphase einige gute Szenen und sorgte für mehrere gelungene Spielverlagerungen.

Reitter und sein neuer »Co« Daniel Bogdanovic sowie der Rest des Trainer-Teams müssen sich etwas einfallen lassen, um die derzeit völlig verunsicherte Truppe in die Spur zu bekommen. Quo vadis, SSV Reutlingen? (GEA)