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Wie steht der SSV Reutlingen zu den Young Boys?

Die Young Boys sind das Team der Stunde in Reutlingen. So blickt man beim Fußball-Oberligisten SSV auf den Stadtrivalen und eine mögliche Zusammenarbeit.

Die Spieler des SSV Reutlingen könnten in der kommenden Saison auf die Young Boys treffen.
Die Spieler des SSV Reutlingen könnten in der kommenden Saison auf die Young Boys treffen. Foto: Jo Baur
Die Spieler des SSV Reutlingen könnten in der kommenden Saison auf die Young Boys treffen.
Foto: Jo Baur

REUTLINGEN. Während sich die Fußballer des SSV Reutlingen im Tabellen-Mittelfeld der Oberliga befinden, läuft es bei einem anderen Stadtclub zurzeit wie am Schnürchen. Die Young Boys, die ihre Heimspiele im Medica Logistik Park in direkter Nachbarschaft zum Kreuzeichestadion austragen, liegen in der eine Klasse tiefer angesiedelten Verbandsliga auf dem ersten Platz. Die Mannschaft von Trainer Volker Grimminger hat bereits sechs Punkte Vorsprung auf den nächsten Verfolger und ist damit heißer Anwärter auf den Aufstieg.

Dem seit der Gründung vor 19 Jahren ausgegebenen Ziel, irgendwann so hoch zu spielen wie der SSV, ist man damit nah. Allerdings wolle man den Nachbarn nicht angreifen, versichert der Vorsitzende Thorsten Bauer vor kurzem gegenüber der Südwest Presse. Ganz im Gegenteil. Der Gründer spricht sich für eine Zusammenarbeit aus. Dieses Statement kommt bei den Verantwortlichen der Nullfünfer nicht gut an.

Vor allem im Jugendbereich sucht der Verbandsligist die Nähe zum Nachbarn. Bauer schwebt ein Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) vor, um Talente an den Standort Reutlingen zu binden und nicht an größere Clubs zu verlieren. Von dieser Idee sind die SSV-Verantwortlichen alles andere als begeistert. »Ein NLZ macht keinen Sinn. Wir haben das bereits mehrfach geprüft«, versichert der Sportliche Leiter Christian Grießer dem GEA. Die Auflagen seien hoch, ein solches Projekt außerdem so teuer, dass es sich nicht rechne. Und »selbst wenn es entstünde, würden die besten Talente weiterhin dorthin wechseln, wo reale Entwicklungspfade bestehen – nach Stuttgart, Freiburg, Hoffenheim oder München«, ergänzt der Club in einer Pressemitteilung.

»Seit meinem Amtsantritt im April hat mich weder Herr Bauer noch ein anderer Verantwortlicher der Young Boys kontaktiert«

Ärgern tut man sich bei den Nullfünfern über den Vorstoß der Young Boys über die Presse. »Seit meinem Amtsantritt im April hat mich weder Herr Bauer noch ein anderer Verantwortlicher der Young Boys kontaktiert. Es gab kein Gespräch, keine Anfrage, keinen Austausch«, schreibt der SSV-Vorsitzende Sascha Schneider. Eine direkte Zusammenarbeit schließt der Verein aus - auch weil die Grundwerte des Nachbarn nicht zum Leitbild passen würden. »Unser SSV steht über dem Einzelnen – dieser Leitsatz beschreibt nicht nur unsere Struktur, sondern unser Selbstverständnis. Wir arbeiten gemeinschaftlich, unabhängig und mit klarer Verantwortung. Die Abhängigkeit eines Vereins von einzelnen Personen, wie sie bei den Young Boys besteht, widerspricht diesen Grundsätzen. Wir wollen Strukturen, die tragen – nicht solche, die an Einzelne gebunden sind.« Gemeint sind die finanzkräftigen Macher des Clubs um den Vorsitzenden Thorsten Bauer.

Weiter heißt es: »Die Young Boys hatten in der Vergangenheit eine Kooperation mit der TSG Reutlingen – sie ist gescheitert. Auch weitere, öffentlich angekündigte Kooperationen wurden nicht realisiert. Diese Erfahrungen zeigen, dass Partnerschaften nicht durch Worte entstehen, sondern durch Haltung, Verlässlichkeit und geteilte Werte.«

»Der aktuelle Erfolg der Young Boys Reutlingen in der Verbandsliga ist respektabel, und wir gratulieren dazu«

Respekt zollen die SSV-Verantwortlichen der sportlichen Leistung des Stadtkonkurrenten. »Der aktuelle Erfolg der Young Boys Reutlingen in der Verbandsliga ist respektabel, und wir gratulieren dazu.« Generell sei das Verhältnis besser, als in der Öffentlichkeit häufig der Eindruck entstehe, meint Grießer. Schließlich kennen sich viele Sportler der beiden Teams gut und trainieren auf dem gleichen Gelände direkt neben dem Stadion. Beispielsweise spielte Young-Boys-Coach Volker Grimminger nicht nur einst für die Nullfünfer, sondern trainierte die Mannschaft später auch. Sein Sohn kickt heute in der Jugend des SSV. Beim Verbandsligisten wiederum sind mit Christos Chatzimalousis, Ivan Cabraja, Marco Gaiser, Giuliano Iannuzzi, Labid Qadeer, Markus Wagner, Luca Lennerth, Marko Drljo und Ante Galic zahlreiche Fußballer, die sich bereits das Trikot der Nullfünfer überstreiften.

Im Falle eines Aufstieges würden sich die beiden Vereine noch ein bisschen näherkommen. Für den SSV wäre es etwas völlig Neues. Schließlich war der Club seit über 40 Jahren die höchstklassig spielende Mannschaft im Bezirk Alb. Sorgen macht man sich aber nicht. »Das ist bei uns in der Kabine gar kein Thema«, verrät Kapitän Yannick Toth, der zu den Young-Boys-Fußballern um seinen Ex-Kollegen Gaiser ein gutes Verhältnis hat. Auch Grießer hat keine Angst. »Ich finde es eher spannend. Ich mag die Herausforderung. Wir sind gut aufgestellt«, betont er. Voraus habe man dem Bauer-Verein funktionierende Strukturen – gerade im Jugendbereich. Von diesen würde auch der Stadtrivale profitieren, was völlig in Ordnung sei.

Nicht wegzudiskutieren ist aber die Tatsache, dass die Young Boys mit ihrer Finanzkraft und den hohen sportlichen Ambitionen für zahlreiche Spieler aus der Region immer attraktiver werden. Beispielsweise auch für die Talente des SSV. Trotz aller Gelassenheit, die man im Lager des ehemaligen Zweitligisten ausstrahlt, verspricht der Zweikampf Spannung. Abschließend bleibt zu erwähnen, dass wohl weder bereits bestehende Strukturen noch Geld eine Garantie für künftige Erfolge sind. (GEA)