LEINFELDEN-ECHTERDINGEN. Zufrieden, aber zielstrebig marschierten die Spieler des SSV Reutlingen nach ihrem 1:0 (0:0)-Erfolg bei Calcio Leinfelden-Echterdingen Richtung Kabine. Der Grund: Das Wetter war unter dem Strich ähnlich durchwachsen wie die fußballerische Leistung beider Oberliga-Teams auf dem holprigen Rasenplatz. »Die Punkte müssen auch mal dreckig sein, deshalb bin ich glücklich«, gab der laufstarke Riccardo Gorgoglione zu Protokoll, bevor er schnell weiterging. »Zu null ist geil. Es waren viele Fans zur Unterstützung da«, freute sich Luca Plattenhardt. Torjäger Konstantinos Markopoulos grinste verschmitzt, während er vom Feld lief. Das hatte einen Grund.
- Kosta Kaltschnäuzig
Kosta Kaltschnäuzig oder Mr. Eiskalt? Beide Namen passen zum Auftritt von Konstantinos Markopoulos. Nach Spaß sah es 70 Minuten lang nicht aus für den Top-Stürmer des SSV gegen die tiefe Abwehr der Echterdinger. Die Spitze der Reutlinger rieb sich auf, Bälle bekam er vorne aber kaum - und schon gar nicht in gefährlichen Räumen. Bis Teamkollege Jonah Adrovic in der zweiten Hälfte einen halbhohen Steilpass schlug und sich Calcio-Verteidiger Julian Unger verschätzte. Es war das einzig Brauchbare, was der Winter-Zugang in eineinhalb Stunden serviert bekam, doch das reichte. Nachdem der Ball Unger passiert hatte, sprintete Markopoulos frei auf den gegnerischen Schlussmann zu. Mit seinem Schuss wartete und wartete er - bis Keeper Maximilian Otto zuckte. Das sah der Grieche und schob eiskalt in die andere Ecke ein. »Das macht Kosta überragend, wie ruhig er bleibt«, lobte Kapitän Yannick Toth den Stürmer, der bereits in der Vorwoche zweifach getroffen hatte.
- Hozlinger hält die Null
Großen Anteil daran, dass der SSV das umkämpfte Spiel für sich entscheiden konnte, hatte Ersatz-Torwart Dominik Hozlinger, der am Samstagnachmittag erneut den gesperrten Marcel Binanzer vertrat. Gefährlich wurde es nicht allzu häufig, aber wenn, dann war 22-Jährige da und spielte seine Stärke auf der Linie aus. In der 19. Minute hielt der 1,95-Meter-Mann einen gefährlichen, abgefälschten Ball von Yilmaz Daler. In der 59. Minute bewahrte er den SSV gegen den ehemaligen Reutlinger Jovan Djermanovic mit einer Glanztat vor dem Rückstand. Bereits beim 4:0 gegen den FC Zuzenhausen stand Hozlinger für Binanzer im Kasten und blieb ohne Gegentreffer.
- Puseljic im Fokus
Viel zu tun gab es für Innenverteidiger Sladan Puseljic (20), der ohne seinen erfahrenen Partner Jonas Vogler (Vorsichtsmaßnahme) im Zentrum stand. In einer Partie mit unzähligen langen Bällen köpfte Puseljic einen nach dem anderen hinten raus und überzeugte zudem mit Zweikampfstärke und einem guten Stellungsspiel.
- US-Boy Carson Hodgson liefert ab
Ende der Woche gab der SSV den Transfer der US-Zwillinge Tanner und Carson Hodgson bekannt. Carson durfte gegen Leinfelden-Echterdingen direkt ran. Trainer Alexander Strehmel brachte den zentralen Mittelfeldspieler in der 58. Minute, ab diesem Zeitpunkt zeigte der 21-Jährige, was in ihm steckt. Er lief viel, sorgte mit cleverem Zweikampfverhalten für einige Ballgewinne und brachte fast all seine Pässe zum Mitspieler. »Als er reingekommen ist, hat er seine Sache gut gemacht«, lobte Strehmel. »Wir müssen uns glücklich schätzen, dass wir so einen Spieler noch bekommen haben. Er ist ein Riesentalent und wird seinen Weg machen.«
- Breite Brust fehlt
Gerade in der ersten Spielhälfte war vom Selbstverständnis des SSV Reutlingen, der den FC Zuzenhausen in der Vorwoche 4:0 nach Hause geschickt hatte, nichts zu sehen. Die Körpersprache stimmte nicht, auch die Griffigkeit und Aggressivität fehlte, sodass der Tabellenvorletzte überraschend gut mitspielen durfte. »Wir hatten Probleme, in die Zweikämpfe zu kommen«, gab Strehmel zu. Die Folge: »In der ersten Halbzeit hatte Calcio auch sehr gute Chancen«, sagte der SSV-Coach. »Wenn wir hier zurückliegen, wird es sehr, sehr schwer für uns.« Auf der anderen Seite blieben die eigenen Möglichkeiten zu leichtfertig ungenutzt. Die Besten hatte Riccardo Gorgoglione (6. und 26.).
- Zu wenig Ruhe
Dass Reutlingen sich im ersten Durchgang schwertat, lag auch daran, dass die Kicker von der Kreuzeiche einfach keine Ruhe ins Spiel bekamen. Calcio war bestens darauf eingestellt, was der SSV vorhatte: nämlich mit langen Bällen nach vorne zu spielen. Also griff die Heimelf gar nicht an, sondern zog sich zurück. Die Nullfünfer schlugen die Bälle trotzdem ohne Bedrängnis in die Spitze, wo die Echterdinger eine Überzahl herstellten und mit ihren großen Verteidigern keine Probleme hatten, die Pässe zu klären. Die Vorstöße der Reutlinger wirkten zu wenig vorbereitet - auch wenn starker Gegenwind die Versuche erschwerte. (GEA)