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Aktuell Mitgliederversammlung

SSV Reutlingen kämpfte um die Gemeinnützigkeit

Der SSV Reutlingen 1905 Fußball war kurz davor, den Status der Gemeinnützigkeit zu verlieren. Bei der Mitgliederversammlung legte der Vorsitzende Joe Yebio Zahlen und Fakten auf den Tisch.

Standen bei der Mitgliederversammlung Rede und Antwort: Der Sportliche Leiter Christian Grießer (links) und der Vorsitzende Joe
Standen bei der Mitgliederversammlung Rede und Antwort: Der Sportliche Leiter Christian Grießer (links) und der Vorsitzende Joe Yebio. Foto: JoBaur
Standen bei der Mitgliederversammlung Rede und Antwort: Der Sportliche Leiter Christian Grießer (links) und der Vorsitzende Joe Yebio.
Foto: JoBaur

REUTLINGEN. Der SSV Reutlingen 1905 Fußball bewegte sich auf einem schmalen Grat. Nicht nur fußballerisch, als in der vergangenen Saison der Abstieg aus der Oberliga nur mit viel Glück abgewendet werden konnte, sondern auch im steuerlichen Bereich. »Wir standen kurz davor, den Status der Gemeinnützigkeit zu verlieren«, erklärte der Vorsitzende Joe Yebio bei der Mitgliederversammlung im VIP-Raum des Stadions an der Kreuzeiche.

Am 21. Juni 2022 hatte der SSV letztmals seine Mitglieder zu einer Versammlung eingeladen. Normalerweise findet dieses Treffen jedes Jahr statt. »Es gab triftige Gründe, weshalb es so lange bis zu dieser Versammlung gedauert hat«, sagte Yebio am Donnerstagabend vor 65 Mitgliedern.

»Es gab triftige Gründe, weshalb es so lange bis zu dieser Versammlung gedauert hat«

Der Kreuzeiche-Club hatte ein unangenehmes Thema am Hals: Er kämpfte um den Erhalt der Gemeinnützigkeit. Es gab eine Betriebs-, Lohnsteuer- und Rentenversicherungsprüfung, zudem ging es um Abgaben an die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG). »Wir haben mit drei verschiedenen Steuerberatungsbüros zusammengearbeitet«, blickt Yebio zurück. Letztlich löste sich alles in Wohlgefallen auf, alle Problemfelder wurden gelöst. Zur Erklärung: Der Verein kämpfte um seine Gemeinnützigkeit, weil ihm das einige Vorteile bringt: Wenn die anerkannt ist, fallen nämlich für Mitgliedsbeiträge, Spenden, Zuschüsse, Umlagen und Ähnliches keine Steuern an.

Der für den Bereich Finanzen zuständige Yebio holte vor der Darstellung des Zahlenwerks der vergangenen Jahre etwas aus. Die Hauptziele des Vereins lauten: Tilgung aller Verbindlichkeiten, organisatorischer, wirtschaftlicher und sportlicher Erfolg.

»Das Wichtigste für mich ist, dass wir unsere langfristigen Verbindlichkeiten abgebaut haben«

Erfreulich aus SSV-Sicht: Der Schuldenstand wurde in den vergangenen Jahren nach unter gedrückt. Am 30. Juni 2020 lag der bei 158.000 Euro, am 30. Juni 2021 bei 131.000 Euro, am 30. Juni 2022 bei 88.000 Euro und am 30. Juni 2023 bei 80.000 Euro. »Das Wichtigste für mich ist, dass wir unsere langfristigen Verbindlichkeiten abgebaut haben«, blickte Yebio mit Stolz auf die Arbeit in den vergangenen Jahren zurück.

Das Finanz-Ergebnis der Saison 2020/21 stellte sich mit einem Gewinn von 106.000 Euro überaus positiv dar. In der Spielzeit 2021/22 gab es ein Minus von 108.000 Euro. Diese beiden Runden müsse man zusammen betrachten, so Yebio, weil es bilanzielle Verschiebungen gab. Unter dem Strich stand also eine ausgeglichene Bilanz. In der Saison 2022/23 gab es ein Minus von 88.000 Euro. Die Hauptgründe: Weniger Zuschauer-Einnahmen als geplant und die Investition ins Catering. Für die Runde 2023/24 liegt noch keine Abschlussbilanz vor, »letztlich wird es Null auf Null aufgehen«, so Yebio.

»Wir brauchen Mentalitätsspieler und keine Trainings-Weltmeister«

»Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen und haben letzte Runde viel Dusel gehabt«, formulierte der Sportliche Leiter Christian Grießer. »Wir brauchen Mentalitätsspieler und keine Trainings-Weltmeister.« In der zurückliegenden Saison hätten »Führungsspieler gefehlt«. In der bevorstehenden Runde peile der SSV in der Oberliga einen Platz im ersten Tabellendrittel an. Grießer betonte aber: »Erstes Drittel und Aufstieg sind zwei paar Stiefel.« Damit wollte er klarstellen, dass nicht plötzlich vom Sprung in die Regionalliga gesprochen werde. Die verbliebenen Spieler und die Zugänge hätten allerdings das Ziel, oben anzugreifen.

Einige Mitglieder brachten das Thema zweite Mannschaft auf den Tisch. »Wenn wir es machen, wollen wir es richtig machen«, erklärte Grießer. Die Platz-Kapazitäten stellen ein Problem dar, doch eine Zweite soll in absehbarer Zeit ins Punkterennen geschickt werden. »Wir brauchen sie als Sprungbrett für die Jungs.«

»Man muss immer bedenken, dass Vieles im Ehrenamt geleistet wird«

Der Aufsichtsrats-Vorsitzende Mario Kolb sprach davon, dass der Etat Jahr für Jahr gekürzt worden sei und von dem »Spagat zwischen finanzieller Konsolidierung und sportlichem Erfolg«. Man solle »nicht alles pauschal in Frage stellen«. Zudem, so Kolb, müsse man »bei aller Kritik immer bedenken, dass Vieles im Ehrenamt geleistet wird«.

Erfreulich: Hans Rahn, einst Spieler, Trainer und Funktionär beim SSV, erhielt die Ehrenmitgliedschaft. Zudem war es alles andere als selbstverständlich, dass immerhin sieben Spieler der ersten Mannschaft anwesend waren, obwohl kein Training auf dem Programm stand. (GEA)