REUTLINGEN. Alexander Strehmel wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Ich glaube, ich habe während der 90 Minuten drei Kilo abgenommen«, sagte der Trainer des Fußball-Oberligisten SSV Reutlingen mit einem Lächeln im Gesicht. Drei Kilo abgenommen - und drei Punkte reicher. Die Strehmel-Schützlinge haben den Tabellendritten VfR Mannheim mit 2:1 (1:0) niedergekämpft und einen Riesenschritt in Richtung Klassenverbleib vollzogen. Der SSV ist in die Erfolgsspur zurückgekehrt: Nachdem es in Nöttingen, gegen Gmünd und in Essingen drei Pleiten in Folge gab, heimste das Team in den zurückliegenden drei Begegnungen sieben Punkte ein. Dem 4:3 gegen Backnang und dem 1:1 in Ravensburg folgte nun der Dreier gegen Mannheim.
Strehmel hatte seinem Team in den zurückliegenden Tagen eingetrichtert, dass Abstiegskampf Kampf bedeutet. Die 1.023 Zuschauer im Kreuzeiche-Stadion - bereits zum siebten Mal in dieser Spielzeit wurde die 1.000er-Marke geknackt - bekamen eine leidenschaftlich zu Werke gehende Reutlinger Elf zu sehen. Vor allem in der ersten Hälfte war das Umschaltverhalten, das Zurücksprinten nach einem Ballverlust, extrem gut. Als jedoch im Laufe des zweiten Durchgangs die Kräfte schwanden und der VfR Mannheim mit seiner ohne Zweifel großen individuellen Klasse auf den Ausgleich und später auf den zweiten Treffer drängte, da verlor der SSV wieder einmal seine spielerische Linie, wurden die Bälle viel zu einfach hergeschenkt. »Uns fehlt in der jetzigen Tabellensituation die Leichtigkeit, das Selbstverständnis«, erklärte Strehmel diese Defizite.
Zwei sehenswerte Tore
Wohl dem, der einen Konstantinos Markopoulos hat. Der Grieche in Diensten des SSV avancierte zum Mann des Tages. Der 33 Jahre alte Stürmer, in der Winterpause vom Liga-Rivalen 1. CfR Pforzheim zum Kreuzeiche-Club gekommen, erzielte seine Treffer fünf und sechs im Reutlinger Trikot. Es waren sehenswerte Tore. Dem 1:0 in der 34. Minute ging eine sehenswerte Kombination voraus, an dessen Ende Luca Plattenhardt den Ball von der Torauslinie hereinbrachte - Markopoulos traf aus acht Metern. Vor dem 2:1-Siegtor nach 84 Minuten eroberte Tom Schiffel nach einem Pressschlag auf der linken Seite den Ball und passte scharf und flach nach innen - Markopoulos kam herangerauscht und hämmerte das Spielgerät aus kurzer Distanz in die Maschen.
Der Reutlinger Sieg in einer rassigen Partie ging unter dem Strich in Ordnung, hing aber am seidenen Faden. »Mit unserer ersten Halbzeit war ich sehr zufrieden. Vor allem die Arbeit gegen den Ball war sehr gut«, lautete das Fazit von Strehmel. In der zweiten Hälfte habe sich sein Team »das nötige Quäntchen Glück erarbeitet. Für uns ging es nur um das Ergebnis«. Mannheims Coach Marcel Abele meinte, dass sich die Niederlage »hart« anfühle, »weil wir in der zweiten Halbzeit tonangebend waren«.
Plattenhardt beißt auf die Zähne
»Wir haben in der zweiten Halbzeit gut verteidigt und ein bisschen Glück gehabt«, fasste Plattenhardt seine Eindrücke zusammen. Der Verteidiger, in den vergangenen Wochen wohl der beständigste Spieler in den Reihen des SSV, zog sich am Freitag im Abschlusstraining eine Zerrung zu, biss aber auf die Zähne. »Wir mussten allerdings den Oberschenkel komplett zubandagieren.«
Zu Beginn des zweiten Durchgangs hätten Leander Vochatzer und Markopoulos ihre Farben mit 2:0 nach vorne bringen können. Nach einer Stunde Spielzeit übernahmen die Mannheimer das Zepter. »Dennoch hat sich das 1:1 nicht angedeutet«, meinte Yannick Toth. Dieses Ausgleichstor fiel in der 68. Minute. Der eingewechselte Alexandru Paraschiv düpierte Marco Gaiser und Schiffel, steuerte dann in Richtung SSV-Gehäuse und traf mit einem Schuss durch die Beine von Sladan Puseljic zum 1:1 in die Maschen. »Das Tor nehme ich auf meine Kappe«, meinte Puseljic.
Keeper Binanzer in starker Form
Neben Markopoulos, der seine eindrucksvollen Torjäger-Qualitäten unter Beweis stellte, verdiente sich bei den Reutlingern Torhütern Marcel Binanzer die Bestnote. Der Kapitän rettete mehrmals in höchster Not. »Endlich haben wir mal eine Spitzenmannschaft geschlagen«, jubelte Binanzer, dessen Verbleib beim SSV wohl nur Formsache sein dürfte. In der Tat war der Sieg gegen Mannheim der erste gegen ein Team, das in der Tabelle unter den ersten Sieben geführt wird. (GEA)