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Für den SSV Reutlingen ist es fünf vor zwölf

1:2 beim TSV Essingen, dritte Punktspiel-Niederlage in Folge, seit fünf Begegnungen sieglos, Platz 13 in der Tabelle, die Abstiegsgefahr wird immer größer - für den Fußball-Oberligisten SSV Reutlingen ist es fünf vor zwölf.

Der einzige Lichtblick beim SSV Reutlingen in Essingen: Der A-Jugendliche Marko Zrilic (links) zeigt eine gute und couragierte L
Der einzige Lichtblick beim SSV Reutlingen in Essingen: Der A-Jugendliche Marko Zrilic (links) zeigt eine gute und couragierte Leistung. Rechts: Yusuf-Serdar Coban, der beide Essinger Tore vorbereitete. Foto: Joachim Baur
Der einzige Lichtblick beim SSV Reutlingen in Essingen: Der A-Jugendliche Marko Zrilic (links) zeigt eine gute und couragierte Leistung. Rechts: Yusuf-Serdar Coban, der beide Essinger Tore vorbereitete.
Foto: Joachim Baur

ESSINGEN. Der SSV Reutlingen hat in der Fußball-Oberliga das Siegen verlernt, die Abstiegsnot wird immer größer - für die Schützlinge von Trainer Alexander Strehmel ist es nach der 1:2 (0:2)-Niederlage beim TSV Essingen fünf vor zwölf. Eine Analyse.

- Der Spielfilm: »Mit den ersten 20 Minuten war ich zufrieden. Da waren wir gut im Spiel«, ließ Reutlingens Trainer Alexander Strehmel die Partie in der 6.400-Einwohner-Gemeinde auf der Ostalb Revue passieren. »In den ersten 20 Minuten war Reutlingen deutlich besser, wir mussten viel hinterherlaufen«, urteilte Essingens Coach Simon Köpf. Die erste Chance verbuchte der SSV. Ein Heber von Konstantinos Markopoulos (7. Minute) ging knapp über das Gehäuse. Wie aus dem Nichts gingen die Hausherren in Führung. Nach einem Freistoß von Yusuf-Serdar Coban traf Patrick Auracher (12.) mit einem Kopfball. Die größte Gelegenheit für den SSV vergab Markopoulos (18.), als er nach einer Flanke von Leander Vochatzer einen Flugkopfball völlig freistehend neben das Gehäuse setzte. Schließlich scheiterte Markopoulos (19.) am ehemaligen SSV-Keeper Jerome Weisheit, ehe Jonas Meiser (21.) im letzten Moment gestoppt wurde. Für das 2:0 zeichnete erneut Auracher (41.) verantwortlich, als er nach einer Ecke von Coban zur Stelle war. Torgelegenheiten für Reutlingen in der zweiten Hälfte? Fast Fehlanzeige. Ein Kopfball von Yannick Toth (69.) durfte noch als Halbchance verbucht werden, ehe Sladan Puseljic (86.) nach einer Ecke von Meiser mit einem Kopfball das Anschlusstor markierte. Auf der Gegenseite vergaben die Essinger mehrmals das 3:0. Deshalb musste Strehmel ohne Wenn und Aber feststellen: »Wir müssen ehrlich sein: unsere Niederlage war verdient.«

- Die Standardsituationen: Der SSV hat in Essingen einmal mehr Gegentore nach Standardsituationen erhalten. »Von den letzten sieben Gegentreffern fielen fünf nach Standards«, rechnete Strehmel hoch. »Standards gehören zum Fußball dazu«, fügte er hinzu. Auffallend: Die Reutlinger haben sich bei eigenen Standards im Vergleich zu den vergangenen Jahren enorm gesteigert und zahlreiche Tore erzielt. So war Puseljic in Essingen zum zweiten Mal nach dem Spiel in Großaspach nach einer Ecke von Meiser mit einem Kopfball erfolgreich. Und Toth hat schon einige Treffer nach Eck- oder Freistößen erzielt. Aber: Im eigenen Strafraum lassen sich die Reutlinger zu oft düpieren.

- Das Selbstvertrauen: Niederlagen nagen am Selbstvertrauen. Einfachste Dinge misslingen. In Essingen forderte Strehmel von seinen Schützlingen in der Halbzeitpause, mehr Herz zu zeigen. Und was geschah? Der SSV bot in den zweiten 45 Minuten brotlose Kunst, den Aktionen fehlte jegliches Überraschungsmoment, einfache Fehler zogen einen Spieler nach dem anderen nach unten. »Wir agierten vor dem gegnerischen Tor viel zu kompliziert. Im Abschluss fehlte die Entschlossenheit«, legte Strehmel den Finger in die Wunde. Das Fatale: Spielerisch lief beim SSV kaum etwas zusammen, die Mannschaft schaffte es aber nicht, sich ins Spiel reinzukämpfen. »Wir haben die elementaren Dinge wie Zweikampf-Führung vermissen lassen«, so Strehmel.

- Die Stimmung: »Die Stimmung ist positiv«, erklärt Toth. In der Tat betonen die Spieler, und das sind wohl keine Floskeln, dass es ihnen Spaß macht beim SSV, dass die Teamchemie ausgezeichnet ist.

- Die Leistungsträger: Das Reutlinger Spiel lahmt auch deshalb, weil derzeit zu viele Leistungsträger weit von ihrer Normalform entfernt sind. Riccardo Gorgoglione, ein feiner Techniker, der immer für einen Überraschungsmoment und für Tore gut ist, will sich in die Spiele reinbeißen, verkompliziert aber seine Aktionen und trifft häufig falsche Entscheidungen. Gorgoglione hat in seinen letzten neun Einsätzen kein Tor erzielt. Jonas Meiser ist ebenfalls bemüht ohne Ende, streut aber viele unglückliche Aktionen in sein Spiel ein. Von seiner Abschlussstärke ist derzeit wenig zu sehen. Yannick Toth ist bei seinem Passspiel längst nicht mehr so exakt wie in der Hinrunde. Das Wechselspiel - der defensive Mittelfeldmann musste zuletzt immer wieder als Innenverteidiger aushelfen - hat Toth offensichtlich aus seinem Rhythmus gebracht. Leander Vochatzer, in der Winterpause vom Regionalligisten FV Illertissen gekommen und in den ersten Spielen ein Trumpf-Ass im SSV-Spiel, fehlt derzeit das Durchsetzungsvermögen. Konstantinos Markopoulos - der Oberliga-Torschützenkönig der vergangenen Saison kam im Winter vom Liga-Rivalen 1. CfR Pforzheim an die Kreuzeiche - hat in seinen ersten drei Einsätzen drei Tore erzielt, in den zurückliegenden fünf Begegnungen allerdings nicht mehr getroffen. Der Stürmer hat Chancen, vergibt die aber häufig überhastet.

- Die Ausfälle: Krankheiten, Verletzungen und Sperren sorgen seit Wochen dafür, dass Strehmel seine Elf jede Woche neu justieren, dass er jede Woche zahlreiche Änderungen vornehmen muss. In Essingen kehrte Tom Schiffel zurück, dafür fielen Jonas Vogler, Carson Hodgson, Jonah Adrovic und Onesi Kuengienda aus.

- Der Lichtblick: Weil auf der Sechser-Position Not herrschte, durfte erstmals der A-Jugendliche Marko Zrilic ran. Der 17-Jährige war der einzige Lichtblick in den Reihen der Reutlinger. Er imponierte mit kluger Zweikampfführung, eroberte zahlreiche Bälle und hatte eine geringe Fehlerquote. (GEA)