REUTLINGEN. Sascha Schneider ist ein Gute-Laune-Typ, zudem am 11.11.1981 geboren. Am Donnerstag (19 Uhr, Presseraum) hat er in den Katakomben des Kreuzeiche-Stadions einen großen Auftritt. Dann beginnt beim SSV Reutlingen 1905 Fußball nicht die Karnevals-Saison, sondern eine neue Zeitrechnung. Schneider kandidiert für das Amt des Vorsitzenden. Er soll Joe Yebio an der Spitze ablösen. Yebio möchte ins zweite Glied rücken und künftig ebenso wie Christian Grießer als 2. Vorsitzender Verantwortung tragen.
Damit kein falscher Zungenschlag entsteht: Schneider ist kein Karnevalsonkel, sondern ein Macher. Wenn man sich seine Vita vor Augen führt, wird schnell klar: Der in Hayingen wohnende künftige SSV-Chef ist ein Tausendsassa. Einer, der anpacken kann und will. Einer, der begeistern kann und will. Ein Teamplayer mit Visionen. Versprechen kann er natürlich nichts, doch bei einem Blick auf die sportliche Situation des Traditionsclubs sagt er klipp und klar: »Wir sind uns alle einig, dass der SSV aus der Oberliga raus muss - und zwar nicht nach unten.« Dafür brauche der Verein »einen Plan«. Und bei der Erstellung und Umsetzung dieses Plans möchte Schneider mit viel Elan und Enthusiasmus mitwirken.
»Wir sind uns alle einig, dass der SSV aus der Oberliga raus muss«
Schneider ist in Öschingen aufgewachsen. 1995 folgte der Umzug nach Hayingen. Als Jugendlicher spielte er beim TSV Öschingen Fußball, später als Aktiver beim TSV Pfronstetten. Große Spuren auf dem Sportplatz hat er nicht hinterlassen. Dafür kann und will er am Rande des Spielfeldes anpacken. Beim TSV Hayingen fungiert er seit fünf Jahren als Vorsitzender, beim SSV Reutlingen 1905 Fußball wurde er 2022 in den Aufsichtsrat gewählt, seit einem Jahr sitzt er im Hayinger Stadtrat und beim Fußball-Bezirk Alb bekleidet er das Amt des Ehrenamtsbeauftragten.
Mit dem TSV Hayingen hat Schneider in puncto Nachhaltigkeit für Schlagzeilen gesorgt. Zusammen mit seinen Mitstreitern hat er den Verein ökologisch, ökonomisch und sozial für die Zukunft aufgestellt. Die Belohnung: Vor wenigen Monaten wurde der Turn- und Sportverein vom Württembergischen Fußballverband mit dem Vereinsehrenamtspreis bedacht.
Beruflich hat Schneider den Weg nach oben bereits angetreten, den er mit dem SSV künftig gerne beschreiten würde. Er absolvierte bei der Firma Bosch eine Ausbildung zum Mikrotechnologen, arbeitete dort bis zum Jahr 2010, ehe er sich mit zwei Firmen selbstständig machte. Sowohl bei der Digital-Agentur sins-it als auch bei der ThokkThokk GmbH (Fair Fashion Label) ist er geschäftsführender Gesellschafter.
»Die Kartenaktion hat gezeigt: Die Leute haben Bock auf den SSV«
Mit dem SSV fiebert Schneider schon lange mit. 2006 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Fan-Initiative Fanini, die den Verein damals mit Aktionen unterstützte, um die Lizenz für die Regionalliga zu erhalten. Nachdem später das berufliche Vorankommen Priorität hatte (»ich hatte viele andere Themen«), rückten Ehrenämter ins zweite Glied. »Der Kontakt zum SSV ist aber nie abgebrochen. Ich hatte zudem immer eine Dauerkarte.« Über Andreas Will, den Marketing-Verantwortlichen bei den Nullfünfern, rückte er wieder näher an den Verein heran.
Im Juni 2022 wurde Schneider bei der Mitgliederversammlung in den Aufsichtsrat des SSV gewählt. »Seitdem habe ich noch mehr Einblick in den Verein und sehe eine Entwicklung. Ich brenne dafür, etwas zu machen.« Eine Kartenaktion für Vereine, Schulen und soziale Einrichtungen hat er bereits initiiert. Beim Spiel gegen den FSV 08 Bietigheim-Bissingen waren 2.552 Besucher im Kreuzeiche-Stadion. »Es gab unheimlich positive Rückmeldungen«, erzählt er, »die Leute haben Bock auf den SSV«.
»Wir brauchen ein paar motivierte Menschen mehr«
Um den sportlichen Weg nach oben zu ebnen, wolle er »das Thema Ehrenamt forcieren«. Das Arbeitspensum sei von den derzeit mitwirkenden Funktionären »fast nicht zu leisten. Wir brauchen ein paar motivierte Menschen mehr«. Schneider, der beim Deutschen Olympischen Sportbund die Vereinsmanager-B-Lizenz erworben hat, weiß, dass sich die Vereinskultur in den vergangenen Jahren verändert hat. »Das neue Ehrenamt funktioniert projektbezogen«, betont er.
Im Januar rückte Schneider beim SSV vom Aufsichtsrats- ins Vorstands-Gremium. Auffallend, dass just im Januar mit Torjäger Konstantinos Markopoulos und Offensiv-Allrounder Leander Vochatzer zwei Verstärkungen für das Oberliga-Team an Land gezogen wurden, deren Verpflichtungen vor geraumer Zeit außerhalb jeglicher Vorstellungskraft lag. »Das waren keine Harakiri-Aktionen. Wir haben es als Chance betrachtet, nachdem man in der Vorrunde gesehen hat, dass wir einen Stürmer brauchen«, erklärt Schneider diese Transfer-Aktivitäten. In den vergangenen Jahren habe der SSV »immer reagieren müssen. Jetzt sind wir so weit, dass wir reagieren können«. (GEA)