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Die Chronologie des Scheiterns beim SSV Reutlingen

Es ist eine Saison zum Vergessen. Lange träumen die Fans des SSV Reutlingen vom Aufstieg in die Regionalliga, jetzt steht der Verein vor einem Scherbenhaufen. Was der SSV in wenigen Monaten alles verloren hat.

Montage: Bäuerle
Montage: Bäuerle

REUTLINGEN. Langweilig wird es nicht beim SSV Reutlingen. Der Fußballverein hat in dieser Saison mehr erlebt, als manch anderer Club in mehreren Jahren. Seit acht Spielen hat man nicht mehr gewonnen, drei Pleiten in Folge stehen zu Buche. Doch verloren haben die Kreuzeiche-Kicker in der laufenden Spielzeit noch viel mehr. Trainer, Fußball-Vorsitzender, Sportlicher Leiter, zweite Mannschaft, Hauptsponsor - alle weg. Genauso wie die Möglichkeit, aufzusteigen. Zu Beginn der Saison war vom scheibchenweisen K.o. noch nichts zu sehen, zu schön hat alles begonnen.

Am 4. Spieltag schickt der SSV die spielstarken Freiberger mit 4:0 nach Hause. Eine Fußball-Gala, die Superlative überhäufen sich. »Das war unser bestes Spiel seit vielen Jahren«, sagt der SSV-Fußball-Vorsitzende Michael Schuster damals. Manche sprechen sogar vom besten Fußball, den man in der Oberliga seither gesehen hat. Es ist der Beginn eines Höhenflugs. Am 7. Spieltag steht der SSV Reutlingen zum ersten Mal auf Platz eins. Zum letzten Mal gelingt dem Team das beim Rückspiel gegen Freiberg am 21. Spieltag Anfang März. Seitdem geht es bergab. Mittlerweile sind die Kreuzeiche-Kicker auf Rang neun abgerutscht, sogar  der Abstieg ist rein rechnerisch noch möglich. Die Anfangs-Euphorie ist fort, statt Lobeshymnen fallen in den sozialen Netzwerken Wörter wie »Lachnummer«, »Scherbenhaufen« und »Chaosverein«. Der K.o. kam scheibchenweise:

Zweite Mannschaft abgemeldet

Am 25. November 2018 verkündet der SSV Reutlingen, dass er seine zweite Mannschaft abmeldet. Wegen zahlreichen Langzeitverletzten, kurzfristigen Ausfällen und einer hohen Fluktuation im Kader sei es bereits seit Mitte der Hinrunde schwierig gewesen, den Trainings- und Spielbetrieb aufrechtzuerhalten, schrieb der SSV-Fußball-Vorsitzende Michael Schuster in einer Pressemitteilung. Die »Zweite« spielte jahrelang in der Bezirksliga, scheiterte immer wieder in der Relegation zur Landesliga. Dann rutschte das Team überraschend in die Kreisliga A ab und kämpfte dort im Tabellenkeller gegen den Abstieg.

Aufstiegs-Chancen futsch

Nach der 0:3-Pleite in Friedrichstal durften die Reutlinger noch rechnen. Allerspätestens nach der 0:2-Niederlage am 6. April in Bissingen musste der SSV das Thema Aufstieg abhaken. Die Nullfünfer hatten nach dem Auftritt in Bissingen acht Punkte Rückstand auf den Tabellenzweiten Bahlinger SC. 

Hauptsponsor weg

Etwa 30.000 Euro soll Hauptsponsor »Camp David« dem SSV Reutlingen pro Saison gezahlt haben. Für Oberliga-Verhältnisse eine verhältnismäßig geringe Summe. Zum Vergleich: Fast alle Spitzenvereine des baden-württembergischen Oberhauses erhalten von ihren Haupt-Geldgebern sechsstellige Beträge pro Spielzeit.  »Camp David« verfolgt eine andere Strategie und verringert - auch bei anderen Vereinen - seine Zuwendungen für den Fußball-Bereich. »Camp David« möchte sich im Motorsport stärker engagieren. Aussteigen wird die Firma beim SSV nicht, sie soll aber nur noch etwa 20 Prozent des bisherigen Betrags dem Kreuzeiche-Club zukommen lassen. Einen neuen Hauptsponsor kann der SSV noch nicht präsentieren. 

Trainer freigestellt

Acht Begegnungen ohne Sieg ist für die Vereinsführung zu viel. Cheftrainer Teodor Rus wird am 29. April freigestellt. Der Club sei »zur Überzeugung gelangt, dass die jetzige Konstellation für den Weg in die Zukunft, konkret für die neue Saison, nicht die notwendige Perspektive bietet«, teilte der Verein mit. Viele Fans sind bestürzt, Rus sei der beste Trainer seit Jahren gewesen, urteilen einige auf Facebook. Hinter vorgehaltener Hand heißt es, einige Spieler hätten nicht mehr mit dem Trainer zusammenarbeiten wollen. Für Rus übernimmt der bisherige Co-Trainer Volker Grimminger. Kommende Saison soll ein neuer Coach an der Seitenlinie stehen.

Fußball-Vorsitzender und Sportlicher Leiter gehen

Paukenschlag am 2. Mai: Fußball-Vorsitzender Michael Schuster und der Sportliche Leiter Giuseppe Ricciardi werfen das Handtuch. Als Grund geben sie an, dass die vergangenen Wochen und Monate extremen persönlichen Einsatz von ihnen gefordert und sehr an ihnen gezehrt hätten. Es ist der vorläufige Tiefpunkt einer katastrophalen Saison. (GEA)