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Trost statt Titel

PEKING. Nach patriotischen Gefühlsausbrüchen war David Storl diesmal nicht, die von Christina Schwanitz 23 Stunden zuvor voller Stolz nach ihrem WM-Titel durchs Vogelnest getragene Fahne konnte ihm gestohlen bleiben. Statt eines schwarz-rot-gelben Tuchs streifte sich der Kugelstoßer aus Chemnitz gestern nur ein Shirt über. Während der neue Weltmeister Joe Kovacs im Innenraum des Vogelnests das Sternenbanner über seinem breiten Kreuz ausbreitete und der WM-Dritte O’Dayne Richards die Flagge Jamaikas hochhielt, hingen Storls Mundwinkel auf Halbmast.

»Ich bin hierhergekommen, um den Titel zu verteidigen. Das tut weh. Aber ich kann froh über Silber sein, weil der Wettkampfverlauf für mich nicht gut war«, erklärte der entthronte Weltmeister und suchte nach dem für ihn enttäuschenden Ende den Kontakt seiner Gefährten. Er umarmte seinen Trainer Sven Lang und auch die Weltmeisterin spendete dem Ausnahmeathleten Trost.

»Der Druck war hoch, ich war nervös und hatte große Erwartungen. Ich kann nicht mit mir zufrieden sein, denn ich hatte mehr drauf als 21,74 Meter«, sagte Storl, der wegen der Anspannung auch über einen Krampf in der Wade klagte. Die Weite aus Versuch fünf reichte nur, um Richards noch abzufangen, der im dritten Durchgang seinen nationalen Rekord von 21,69 Metern egalisiert hatte. An die 21,93 Meter des Jahresbesten aus den USA aber kam der 25-Jährige bei seiner Aufholjagd nicht heran.

Storls Vorhaben, gleich zu Beginn mit einer mächtigen Weite zu beeindrucken, misslang, weil er übertrat. »Ich bin schwer in den Wettkampf gekommen und habe dann meine Linie verloren«, sagte der Sachse, der 2011 und 2013 Gold gewonnen hatte. Die Taktik von Christina Schwanitz, die wie Storl von Sven Lang trainiert wird, ging dagegen auf. Die 29-Jährige hatte sich von den 20,30 Metern der Chinesin Lijiao Gong nicht beirren lassen. Ihr dritter Stoß sollte die Entscheidung bringen, als die Kugel bei 20,37 Metern einschlug. (GEA)