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SSV lässt alle Tugenden vermissen

REUTLINGEN. In dieser Form werden die Reutlinger Regionalliga-Fußballer den angepeilten einstelligen Tabellenplatz nicht erreichen. Im Gegenteil: Nun muss der SSV aufpassen, dass er nicht im hinteren Mittelfeld versinkt - und dass er nicht seine Zuschauer vergrault. Denn vom katastrophalen Auftritt beim 1:1 (1:1) gegen den Tabellen-Vorletzten Eintracht Bamberg hatten etliche Zuschauer schon vor dem Schlusspfiff genug und machten sich noch während der Partie auf den Heimweg. Auch Pfiffe gab es.

Am deutlichsten wurde nach dem Schlafwagenfußball Tobias Linse. »Das war eine bodenlose Frechheit, was wir heute gespielt haben. Wenn wir so weitermachen, kommen nur noch 500 Zuschauer. Ich habe keinen Bock, auf Platz 15 zu landen«, wetterte der Torhüter.

»Das war eine bodenlose Frechheit, was wir heute gespielt haben«

Seine Mannschaft hatte die Fans im zweiten Heimspiel in Folge maßlos enttäuscht und das jeweils gegen Teams aus dem hinteren Tabellendrittel. Wenn man den Karlsruher SC II (0:1-Niederlage) und jetzt die Feierabend-Fußballer aus Bamberg nicht schlägt - gegen wen will man dann überhaupt noch gewinnen?

Dabei hatte die Partie für die Nullfünfer nach Maß begonnen. Bereits in der dritten Minute erzielte Kapitän Sascha Boller mit einem Flachschuss aus 16 Metern die frühe SSV-Führung. Eintracht-Torhüter Stephan Essig ließ den Ball unter dem Bauch durchrutschen.

Für Boller war es der dritte Saisontreffer. Gegen Greuther Fürth II hatte der 25-Jährige zwei Mal getroffen, nicht drei Mal, wie ursprünglich vermeldet worden war, denn ein damals Boller zugeschriebenes Tor war auf das Konto eines Gäste-Spielers gegangen. Das hatte die Video-Aufnahme gezeigt.

Zurück zum Spiel. Endlich also hatte der SSV einmal keinen Rückstand zu verkraften, doch nur acht Minuten später war die gute Ausgangsposition verspielt. Bamberg erhielt einen Freistoß und Verteidiger Johannes Bechmann schoss aus 22 Metern. Die SSV-Mauer sprang hoch, der Ball flog unten durch und landete direkt zwischen dem Pfosten und Linses Hand im kurzen Eck (11.) - 1:1.

Der Ausgleich wäre nicht das Problem gewesen - doch die restlichen 79 Minuten waren es. Denn nun zeigte sich der SSV außerstande, das Abwehrbollwerk der Franken zu knacken. Ein Schlenzer von Boller ans Tor-Gebälk (45.) sowie parierte Schüsse von Alban Meha (68.) und Marco Tucci (89.), der den Vorzug vor Anton Makarenko erhalten hatte, waren die ganze Ausbeute der Feldüberlegenheit. Trainer Roland Seitz versuchte durch die Einwechslungen von Makarenko und Marc Golinski die Offensive zu stärken - vergeblich. Auch mit zwei Angreifern blieben die Gastgeber harmlos.

Zündende Ideen im Spielaufbau - Fehlanzeige. Pressing und Tempo-Spiel - Fehlanzeige. Biss und Aufbäumen - Fehlanzeige. Spiel ohne Ball - Fehlanzeige. Statt dessen viel zu oft lange nach vorn geschlagene Bälle, unerreichbar für die eigenen Mitspieler. Dazu Ballverluste schon im Mittelfeld. Andreas Rill stellte zerknirscht fest: »Wir rennen blind an und haben nicht genug Geduld.« So lastete der Druck des Spielaufbaus wieder einmal allein auf Boller und dem enorm weite Wege gehenden Meha. Beide werden von den Gegnern aber längst mit mehreren Mann attackiert. Dass sie dann Fehler machen, bleibt nicht aus.

Seitz versuchte, die indiskutable Leistung des Teams mit dem Kräfteverschleiß aus dem Mittwoch-Spiel (1:1) in Frankfurt zu erklären und damit, dass »manche Spieler am Limit« seien. Zudem hätten vier, fünf Akteure ihre Qualitäten nicht abgerufen. Zugleich hob er die gestiegene Erwartungshaltung nach den tollen Siegen gegen Ulm und Greuther Fürth hervor. »Anspruch und Realität passen nicht. Der zehnte Platz nach acht Spielen ist nicht schlecht, aber nach dem guten Start zu wenig.« (GEA)