TÜBINGEN. Perfektes Laufwetter: Nicht zu heiß, kein Regen, wenig Wind, dazu ein begeistert mitgehendes Publikum am Rand der Strecke. Das war der diesjährige 31. Tübinger Stadtlauf, den über 20.000 Zuschauer sehen wollten. Und: Es war ein Solo-Rennen vom Start weg: Der Europameister im Marathon von 2022 in München, Richard Ringer (LC Rehlingen), lief allen davon. Am Ende hatte der gebürtige Überlinger 30 Sekunden Vorsprung auf seinen Verfolger Frederik Ruppert von der LAV Stadtwerke Tübingen. Bei den Frauen machten es die Tübinger LAV-lerinnen spannend und den Titel unter sich aus. Es siegte Eva Dieterich vor Teamkollegin Hanna Klein.
Der Tübinger Stadtlauf, der seit dem Jahr 1994 ausgetragen wird und 2012 nach dem Hauptsponsor, der Erbe Elektromedizin GmbH umbenannt wurde, ist für die Tübinger ein Highlight, bei dem man dabei sein und an der Strecke mitfiebern muss. Nicht nur, weil im Hauptrennen die deutsche Elite mitläuft, sondern weil es Läufe für die Jugend gibt, einen Kurzstreckenlauf, eine Team-Challenge, eine Handbike Challenge und einen Lauf für all diejenigen, die über 50 Minuten für die Zehn-Kilometer-Distanz benötigen. Jedem Teilnehmer, und dies bestätigen die Läufer, ob jung oder alt, zollt das Publikum, das die Strecke säumt, denselben Respekt für die gezeigte Leistung.
Lokalmatador Baum Achter
Groß angefeuert wird in der Regel Lokalmatador Lorenz Baum, deutscher Marathonmeister von 2023. Er konnte allerdings ganz vorne nicht mithalten, musste schon nach der ersten Drei-Kilometer-Runde abreißen lassen. Am Ende wurde er Achter. Vielleicht lag es ja auch daran, dass der »Tübinger Junge«, wie Baum vom Moderator genannt wurde, zum »Warmlaufen« die Mixed-Team-Challenge mitlief. Dort wurde er mit seiner Mannschaft Dritter.
"Ich bin nicht ganz in Topform und konnte das hohe Anfangstempo nicht mithalten. Es waren aber auch Topleute am Start, die einige Sekunden schneller laufen können als ich. Die Bedingungen waren laut Baum optimal. Großes Lob zollte er dem Publikum. "Ich glaube, ich habe noch nie so viele Zuschauer an der Strecke gesehen wie dieses Jahr."
Beeindruckendes Tempo in der Tübinger Altstadt
Nur einen Rang besser als Baum war Vorjahressieger Maximilian Thorwirth, der über eineinhalb Minuten langsamer war als der Sieger. Rang drei belegte in diesem hochklassigen Feld Florian Bremm, zeitgleich mit Ruppert.
Beeindruckend war, wie Ringer Runde um Runde im Highspeed durch die Tübinger Innenstadt lief und den Abstand zur Konkurrenz vergrößerte. Am Ende reichte es mit 29:21 Minuten nicht ganz zum Streckenrekord (28:52), aber seine persönliche Tübinger Bestmarke (29:50) konnte Ringer verbessern. Am 3. Dezember 2023 verbesserte er beim Valencia-Marathon seine Marathonbestzeit auf 2:07:05 Stunden und unterbot dabei die Olympianorm. Bei den Olympischen Spielen in Paris belegte er nach 2:09:18 als bester Deutscher und drittbester Europäer den zwölften Platz.
Ringer sprach von hinterher von einem Super-Publikum: »Natürlich war es ein wenig riskant, ein so hohes Tempo vorzulegen, aber es sind keine Olympischen Spiele, wo man taktisch läuft, ich wollte den Zuschauern an der Strecke etwas zurückgeben, zudem war ich ausgeruht und sicher, dass ich mein Tempo halten kann.« Ab morgen beginnt für ihn die Vorbereitung auf den Valencia-Marathon am 1. Dezember.
Entscheidung im Endspurt
Spannend verlief das Rennen bei den Frauen. Fast bis zum Schluss belauerten sich die drei Tübingerinnen Lisa Merkel, Hanna Klein und Eva Dieterich. Alle drei LAV-Starterinnen werden von Isabelle Baumann trainiert.
Erst kurz vor Schluss konnte sich Dieterich, die deutsche Meisterin in diesem Jahr über 10.000 Meter, ein klein wenig absetzen und gewann in 32:52 Minuten vor der Vorjahressiegerin Klein und Merkel. »Sie hat den richtigen Moment erwischt und ist davongezogen«, sagte Klein zum Endspurt ihrer Konkurrentin. »Ich hatte auch nichts mehr zuzulegen«, gestand sie ein und fährt jetzt erst mal in Urlaub. (GEA)