MARBACH. Blenheim - das klingt nach einer deutschen Stadt, liegt aber in England. Und ist von der Bewohnerzahl ähnlich überschaubar wie Marbach. Klein, aber oho - das gilt für beide Ortschaften, die auch ihre Begeisterung für die Vielseitigkeit verbindet. Was in Marbach beginnt, endet in dieser Saison in Blenheim, wo im September die Europameisterschaft ausgetragen wird.
Hier, nordöstlich von Oxford, wird vom 18. bis 21. September um Medaillen gekämpft. Im Mutterland der Vielseitigkeit. Was das Championat auch für weitgereiste Spitzenreiter zu etwas Besonderem macht. Schließlich liegt die letzte EM auf britischem Boden bereits zehn Jahre zurück. »Die Atmosphäre auf der Insel ist absolut etwas anderes, weil es dort Volkssport ist. Da freut man sich doppelt darauf«, sagt Bundestrainer Peter Thomsen, der damals auf der Anlage des schottischen Blair Castles im Einzel Zehnter wurde.
Pferde profieren vom Gelände-Profil
Bevor die deutsche Equipe in der »Höhle des Löwen« den Mannschafts-Olympiasieger herausfordert, muss sich das Team erst einmal herauskristallisieren. Auf diesem Weg ist Marbach ein wichtiger Baustein. Zu Saisonbeginn bietet gerade das Terrain der Gestüts-Geländestrecke beste Voraussetzungen, um die für die EM in Frage kommenden Pferde in Form zu bringen. »Marbachs Vorteil ist das kupierte Gelände«, sagt Thomsen. Dieses hügelige Terrain mit Senken und Anstiegen habe man in Deutschland nur noch ganz selten. Von diesem Profil der dreieinhalb Kilometer langen Strecke profitieren die Pferde in hohem Maß. Thomsen:»Sie bekommen hier unglaublich Kraft und Kondition.«
Damit schlägt sich wieder der Bogen von Marbach zur Anlage von Blenheim Palace, wo im Übrigen der ehemalige englische Premierminister Winston Churchill einst das Licht der Welt erblickt hatte. Blenheim und das Haupt- und Landgestüt zeichnet ein ähnliches Gelände aus. Das Turnier in Marbach (15. bis 18. Mai) ist daher Gradmesser und Fingerzeig in einem. Thomsen drückt das so aus: »Wer einen Top-Platz in Marbach holt, weiß, wo er steht. Deshalb ist es eine EM-Sichtung.«
Goedicke-Ruggaber hört in Turnierleitung auf
Und aus diesem Grund ist auch das Interesse der Vielseitigkeits-Asse so groß an einem Start im Gestüt. Insgesamt 170 Pferde wurden für die drei Prüfungen von der Vier-Sterne-Kategorie bis zum Ein-Stern-Wettbewerb gemeldet. »Wir können maximal 200 Pferde starten lassen. Sonst bekommen wir die Prüfungen nicht mehr bei Tageslicht durch«, sagt Dr. Anna Fecke von der neuen Turnierleitung, zu der auch Klaus Bauer, Dr. Danielle Vogg und Holger Sontheim, der neue Vorsitzende der ausrichtenden Interessengemeinschaft der Vielseitigkeitsreiter in Baden-Württemberg (IGV), gehören. Dieter Aldinger und die bisherige Sportliche Leiterin Iris Goedicke-Ruggaber sind nach fünf Jahren aus der Turnierleitung ausgeschieden. »Es war einfach Zeit für einen Neuanfang, der richtige Zeitpunkt zum Aufhören«, sagte Goedicke-Ruggaber, die sich 29 Jahre lang beim Turnier engagiert hatte. Unter anderem übte sie die Aufgabe als Steward aus, war auch um die Jahrtausend-Wende mehrere Jahre lang sowie seit 2020 wieder für den sportlichen Bereich zuständig. Sie werde aber nach wie vor im Hintergrund tätig sein, sagte die Bronnweilerin. Ihr Mann Klaus war bis zum vergangenen Jahr beim Turnier beratend im Parcoursbau im Einsatz.
Zurück zum bevorstehenden Turnier. Nicht nur die Anzahl der genannten Pferde spricht für sich. Mit Publikumsliebling Michael Jung, Ingrid Klimke (Münster) und Malin Hansen-Hotopp (Gransebieth) werden drei Mitglieder der deutschen Top-Kader in Marbach antreten Dazu kommt Felix Vogg, der bereits drei Mal die Farben der Schweiz bei Olympischen Spielen vertrat. Jung hat mit seinem vierten Olympiasieg, den er im Vorjahr in Paris perfekt machte, seinen Legenden-Status zementiert. Im Gestüt feierte der Star-Reiter aus Horb-Altheim bereits neun Siege in der Haupt-Prüfung. Klimke hat nicht nur zwei Mal den EM-Einzel-Titel in der Vielseitigkeit gewonnen. Im Vorjahr verpasste sie nur knapp einen Olympia-Startplatz bei den Dressur-Spezialisten.
Badminton aus dem Weg gegangen
»Dass solche Top-Reiter hier antreten, ist eine Auszeichnung für uns«, freut sich Fecke über die großen Namen im Starterfeld. Die Marbacher Veranstaltung ist in diesem Jahr eine Woche später als üblich angesetzt, da man dem Fünf-Sterne-Turnier in der Vielseitigkeits-Hochburg Badminton (England/7. bis 11. Mai) ausweichen wollte. Fecke: »Wir wollten unser Turnier nicht parallel austragen.« (GEA)