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Den Stecker gezogen

PEKING. Die alte Weltmeisterin war die Erste, die ihrer Nachfolgerin von Herzen gratulierte. Kaum dass sich der Speer von Katharina Molitor weit hinter der 65-Meter-Linie final in den Rasen des Vogelnests gebohrt hatte, stellte sich Christina Obergföll in den Laufweg der Leverkusenerin und drückte sie ganz fest an sich. Fast schien es, als würde sich die entthronte Titelverteidigerin mehr über den großen Wurf der 31-Jährigen freuen als diese selbst. »Du musst jetzt ausrasten«, rief die auf Rang vier gelandete Offenburgerin Katharina Molitor zu, die scheinbar noch gar nicht richtig realisiert hatte, dass sie mit dem letzten Wurf auf die Weltjahresbestleistung von 67,69 Meter Gold gewonnen hatte.

Glauben konnte Katharina Molitor auch einige Zeit später noch nicht, dass sie die Tradition deutscher Weltmeisterinnen fortgesetzt hatte. »Ich habe vielleicht von einer Medaille geträumt, aber dass es so kommt, damit hätte ich nie gerechnet«, gab die Lehramtsstudentin zu, deren einzige internationale Medaille Silber vor zehn Jahren bei der U 23-EM war. Molitor hatte sich im dritten Versuch mit einem Wurf auf 64,74 m an die Spitze gesetzt und sich damit das Recht gesichert, die folgenden drei Durchgänge immer abschließen zu dürfen. »Das war ein riesen Vorteil, da konnte ich heute schön kontern«, sagte sie.

Phänomenaler Armzug

Sie tat es mit dem ultimativen Versuch. Die 55 000 Zuschauer waren schon in freudiger Erregung, die Goldmedaille der führenden Chinesin Lyu Huihui zu feiern, die mit dem Asienrekord von 66,13 Metern in Versuch fünf die Führung an sich gerissen hatte. Doch dann kam die kühle Deutsche, die n der Wintersaison für Leverkusen in der 2. Bundesliga Volleyball spielt, mit dem phänomenalen Armzug, nahm Anlauf, schickte den Speer auf einen Langstreckenflug und zog damit bei den Gastgebern den Stecker. »Es war in dieser Saison schon oft so, dass ich mit dem letzten am weitesten geworfen habe«, sagte Molitor, die noch einmal alle Kräfte mobilisiert hatte. Sie hatte Bronze bereits in der Hand und veredelte die Plakette zu Gold.

»Das war ein Hammerding. Sie hat den Speer auf den Punkt getroffen, der hat dann direkt Fahrt aufgenommen. Peng, war er weg«, kommentierte Christina Obergföll den Wurf. Auch mit ihrer eigenen Vorstellung war sie »zufrieden. Ich bin als Nummer 15 angereist und gehe als Vierte.« Die junge Mutter hatte ihre Saisonbestleistung in Durchgang drei auf 64,61 m gesteigert, doch die Südafrikanerin Sunette Viljoen sollte noch 65,79 m werfen und sich Bronze sichern. Während die 21-jährige Christin Hussong aus Zweibrücken bei ihrem WM-Debüt als Sechste mit 62,98 m überzeugte, kam Linda Stahl nur auf Platz zehn (59,88). Nicht besser erging es der tschechischen Topfavoritin Barbora Spotakova, die ebenfalls den Endkampf der besten Acht verpasste (60,08). (GEA)