PLIEZHAUSEN. Plötzlich sind alle Augen auf Maximilian Thorwirth gerichtet. Nach der Absage von Weitsprung-Olympiasiegerin Malaika Mihambo für das Internationale Kost Läufermeeting in Pliezhausen steht auf einmal der Wahl-Tübinger im Rampenlicht und ist so etwas wie das Aushängeschild der traditionsreichen Veranstaltung im Schönbuchstadion. Eingebrockt hat er sich das selbst. Schließlich kündigte der 30-Jährige vollmundig an: »Der Meetingrekord wird fallen.«
Gemeint ist nicht irgendeine Bestmarke, sondern ausgerechnet die Zeit von 7:49,50 Minuten über 3.000 Meter. Der älteste bestehende Meetingrekord überhaupt. Aufgestellt im Jahr 1994 von Thomas Lotik aus Kenia. Höchste Zeit, dass sich da was tut, dachte wohl auch Thorwirth, der nach eigener Aussage eher einer ist, »der das Understatement mag«. Bleibt die Frage, weshalb das Lauf-Ass sich so weit aus dem Fenster lehnte.
»Ich glaube, dass dieser Rekord auf einem Niveau ist, das man erreichen muss, wenn man international vorne mitlaufen will«
»Ich glaube, dass dieser Rekord auf einem Niveau ist, das man erreichen muss, wenn man international vorne mitlaufen will.« Und das will Thorwirth im Herbst seiner Karriere. Zwar nicht auf Biegen und Brechen, sondern mit einer guten Portion Freude an der Sache, aber trotzdem mit klaren Zielen. Für dieses Jahr ist es die Weltmeisterschaft in Tokio (Japan), für die er sich nicht nur qualifizieren will, sondern sportlich im Endlauf zeigen, was in ihm steckt. »Ich fahre ja da nicht einfach hin, um mir Tokio anzuschauen«, stellt der für Düsseldorf startende Athlet klar.
Und bisher lief das Jahr rund für den Läufer, der in Tübingen unter Isabelle Baumann trainiert. Bei der deutschen Hallenmeisterschaft über 3.000 Meter schnappte sich Thorwirth den Titel im Duell gegen seinen großen Widersacher Florian Bremm. »Das hat mir viel bedeutet. Es war taktisch eines meiner besten Rennen, die ich je gemacht habe.« Hinzu kam eine neue Bestzeit über zehn Kilometer (28:26 Minuten), die er als Beleg seiner guten Form wertet. Bei der Hallen-Europameisterschaft (Apeldoorn/Niederlande) im März schaffte er den Final-Einzug über 3.000 Meter und wurde Neunter.
»Immer wenn ich eine mutige Ansage mache, schlägt das Schicksal zurück«
Was also sollte den Wahl-Tübinger davon abhalten, in Pliezhausen (Sonntag, 18. Mai) den nächsten Schritt zu machen? Nun: Es gibt da schon eine Sache, die ihm selbst ein wenig Kopfschmerzen bereitet. »Immer wenn ich eine mutige Ansage mache, schlägt das Schicksal zurück«, erzählt Thorwirth. So auch dieses Mal. Nach einem »sehr guten« Höhentrainingslager in Südafrika vor vier Wochen fing es an. Zuerst schmerzten die Füße, dann kam ein Infekt hinzu. »Über zwei Wochen habe ich etwas den Faden verloren«, sagt der dreifache deutsche Vizemeister über 5.000 Meter.
Zutrauen tut sich Thorwirth den Rekord trotzdem. »Wenn ich denken würde, dass ich die Zeit nicht laufen kann, würde ich nicht an der Startlinie stehen. Ich freue mich, eine Aufgabe zu haben.« Ohnehin nimmt er seine Ansage eher auf die leichte Schulter. Schließlich ist sein Motto »have fun, be fast.« Der Fokus liegt auf Ersterem.
»Reden kann ich viel. Ich hoffe, mittlerweile auch gut«
Spaß am Sport fand Thorwirth nach einer schwierigen Phase im Jahr 2021 in Tübingen. Damals war der Läufer bereits mit dem deutschen Nationaldress auf dem Sprung zu den Olympischen Spielen, es folgte die Ernüchterung im letzten Moment. Ihm fehlten genau drei Ranglistenplätze. Aus dem großen Traum wurde nichts. Auf einer Fernwanderung kam dem Düsseldorfer die Erkenntnis, dass sich etwas ändern muss. Die Freude an seinem Sport wieder in den Vordergrund gerückt gehört.
Es folgte der Schritt nach Tübingen, wo Thorwirth heute lebt. Den Gang zur Trainingsgruppe von Baumann bezeichnet er als eine »der wichtigsten Entscheidungen in meinem Leben«. Gleichzeitig war es der Abschied aus einem reinen Profi-Umfeld, das er nicht vermisse. Im Gegenteil. 40 Athleten unterschiedlicher Niveaus auf der Bahn gemeinsam laufen zu sehen, motiviere ihn. Auch die Stadt und das Umfeld könnten nicht besser sein.
Abseits der Laufbahn engagiert sich der kommunikative Typ (»reden kann ich viel. Ich hoffe, mittlerweile auch gut«). Er ist stellvertretender Athletensprecher beim Deutschen Leichtathletik-Verband, gründete eine Laufveranstaltung in Düsseldorf und hostet den Podcast »Auslaufen«. Er liebe einfach die Geschichten, die der Sport schreibt. Das nächste Kapitel könnte ja ein Rekord über 3.000 Meter in Pliezhausen sein. Wer weiß. (GEA)