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Aktuell Leichtathletik

Drama um Malaika Mihambo

Nach Silber im Weitsprung wird der deutsche Topstar mit dem Rollstuhl aus dem Stadion gefahren

Völlig entkräftet: Malaika Mihambo braucht Hilfe.  FOTO: KUDRYAVTSEV/DPA
Völlig entkräftet: Malaika Mihambo braucht Hilfe. FOTO: KUDRYAVTSEV/DPA
Völlig entkräftet: Malaika Mihambo braucht Hilfe. FOTO: KUDRYAVTSEV/DPA

PARIS. Was war das für eine Dramatik im Stade de France beim Weitsprung-Finale der Frauen. Tokio-Olympiasiegerin Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) holte mit 6,98 Meter Silber, musste nach ihrer Ehrenrunde aber mit einem Reizhusten-Anfall im Rollstuhl aus dem Stadion direkt ins Olympische Dorf gebracht werden.

Sie ereilte damit dasselbe Schicksal wie 100 Meter-Olympiasieger Noah Lyles, der nach Bronze über 200 Meter ebenfalls entkräftet im Rollstuhl aus dem Stadion gefahren werden musste. Mihambo kämpfte nach einer erneuten Corona-Erkrankung seit der EM in Rom, wo sie mit 7,22 Meter Europameisterin geworden war, mit heftigen Nachwirkungen dieser Krankheit. »Wir konnten seit Rom nur das halbe Trainingspensum absolvieren«, erklärte ihr Trainer Ulli Knapp die schwierige Situation. Malaika habe ihre verschleimten Bronchien und die daraus resultierenden Atemprobleme (»Ich hatte die ganze Zeit einen eingeschränkte Lungenkapazität«) mit Tabletten behandelt, diese aber am Finaltag weggelassen, weil sie davon immer müde geworden sei.

Nach dem Wettkampf blieb Malaika Mihambo noch minutenlang im Innenraum an der Bande lehnend sitzen. Sie war nach sechs Versuchen völlig entkräftet und kämpfte wenige Wochen nach einer Corona-Infektion minutenlang mit Atemproblemen. Drei Wochen vor den Olympischen Spielen hatte Mihambo im GEA-Interview bereits angedeutet, dass sie in Paris möglicherweise keine sechs Sprünge machen könnte.

Nicht Gold verloren

»Malaika hat Silber gewonnen, nicht Gold verloren«, stellte Knapp fest. Die Olympiasiegerin, zweifache Welt- und Europameisterin genoss unter den 70.000 Zuschauern viele Sympathien und wurde begeistert angefeuert. »Es ist natürlich schade, dass ich den Wettkampf bei Olympischen Spielen nicht ohne Handicap bestreiten konnte«, bedauerte die dreifache Sportlerin des Jahres, »das ist mir jetzt nach der EM in München 2022 zum zweiten Mal passiert«. Sie müsse die Ereignisse erst einmal ein paar Tage verarbeiten, »die Freude über eine weitere Olympiamedaille überwiegt aber«, meinte Mihambo am Morgen danach.

Tara Davis-Woodhall (USA) konnte ihre Freudentränen vor dem abschließenden sechsten Versuch, als ihr Olympiasieg feststand, kaum mehr zurückhalten. Mit zwei Sprüngen von 7,10 und 7,05 Meter war sie an diesem Abend die Beste im Wettkampf. Mihambo kämpfte mit 6,81, 6,95 und 6,98 Meter im vierten Versuch um eine Medaille und wurde am Ende mit Silber belohnt. Bronze ging an Jasmine Moore (USA), die mit 6,96 Meter ganze zwei Zentimeter hinter Mihambo blieb.

Schwierige letzte zwei Jahre

Malaika Mihambo, mit insgesamt sechs internationalen Medaillen zusammen mit Heike Drechsler eine der erfolgreichsten deutschen Leichtathletinnen, musste in den letzten zwei Jahre immer wieder gesundheitliche Rückschläge hinnehmen. Von der WM in Eugene (USA) war sie mit einer Corona-Erkrankung zurückgekommen, gewann danach geschwächt EM-Silber in München. Im Vorjahr musste sie nach einer Muskelverletzung auf die WM in Budapest verzichten. Nach einem erfolgreichen Saisonauftakt bei ihrem dritten Start auf den krummen Strecken in Pliezhausen wurde sie erneut von Corona getroffen. »Ich bin aber kein anderer Mensch, ob ich Medaillen gewinne oder nicht«, meinte sie im GEA-Interview.

Wie sich Gefühle in kürzester Zeit verändern können, zeigte Paris: beim Einlaufen ins Stadion habe sie eine Gänsehaut bekommen, beim Verlassen war alles ganz anders. Aber selbst eine geschwächte Malaika Mihambo ist für die deutsche Leichtathletik Gold wert. (GEA)