Der Weltmeister von 2007 nutzte die Zeit, um sich schon mal auf das Achtelfinale heute (16.30 Uhr) gegen Ägypten vorzubereiten. Kraus sah sich Videoclips vom 25:25 des Vierten der Gruppe C gegen Schweden an und kam zu der Erkenntnis: »Die haben eine starke Defensive, sind sehr aggressiv und robust. Das wird alles andere als leicht.« Deutschland habe »eine tolle Vorrunde gespielt und Selbstbewusstsein gesammelt«, aber jetzt gelte es, die Leistung auch vor 5 000 ägyptischer Fans abzurufen. In Doha feuern viele Gastarbeiter ihre Landsleute frenetisch an. Vor der ägyptischen »Wucht und Emotion« und lautstarker Unterstützung warnte auch Dagur Sigurdsson. »Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Halle eine Rolle spielen wird«, sagte der Bundestrainer. Die »Jungs« seien »heiß«, müssten aber »einen coolen Kopf« bewahren und »ihr Ding durchziehen«.
Die Wüste bebt, wenn Ägypten spielt, aber das deutsche Team funktioniert. »Erfolg schweißt zusammen. Man merkt, dass die Mannschaft lebt. Jeder ist sich seiner Rolle bewusst. Da gehört es dazu, dass diejenigen, die bisher nicht so zum Einsatz kamen, sich gegen die Saudis in die Torschützenliste eingetragen haben«, sagte Kraus. Im Vorrundenfinale hatte der 31-Jährige den Spielmacher gegeben.
Martin Strobel erste Wahl
Der Göppinger ist die 1b-Lösung im mittleren Rückraum. Erste Wahl ist Martin Strobel, der gegen Saudi-Arabien nur anfangs spielte und dann ebenso Kräfte schonen durfte wie die Flügelzange Uwe Gensheimer und Patrick Groetzki, Kreisläufer Patrick Wiencek und die beiden Rückraumspieler auf den Halbpositionen, Paul Drux und Steffen Weinhold. Kraus hat mit seiner Stellvertreter-Aufgabe kein Problem. »Warum sollten wir etwas ändern, wenn Martin ein so sensationelles Turnier spielt? Ich hoffe nur, dass er seine Leistung in den K.o.-Spielen konservieren kann. Aber wenn man mich braucht, bin ich da«, sagte Kraus. Der Balinger Strobel, der sich schon zwei Jahre lang mit Kraus beim TBV Lemgo die Rolle des Regisseurs geteilt hatte und wie sein schwäbischer Landsmann inzwischen wieder bei seinem Heimatverein spielt, hat sich auf der Schlüsselposition etabliert.Auch seinen Fähigkeiten ist es zu verdanken, dass dem DHB-Team kaum technische Fehler unterlaufen, Kontertore des Gegners sind daher selten. »In den vergangenen Jahren wurde immer mal rotiert. Dagur Sigurdsson hat Vertrauen in mich, aber das hat er in alle WM-Spieler«, meinte Strobel. In der Nationalmannschaft profitiere er von der Wucht eines Steffen Weinhold, wie ohnehin Dynamik und nicht Wurfgewalt den deutschen Rückraum auszeichne.
Strobels Forderung an sich und die Kollegen für den Härtetest gegen die rustikalen Ägypter: »Wir müssen schauen, dass wir im Angriff eine gute Bewegung haben und uns mit dem Ball nicht auf 1:1-Situationen einlassen.« Das Erfolgsrezept der vergangenen Spiele ist also wieder gefragt: In der Abwehr kompakt stehen und im Angriff geduldig bleiben, lieber die erste Wurfchance auslassen und stattdessen zum besser postierten Mitspieler passen und auch über die Außen zu kommen. Gensheimer und Groetzki sind jedenfalls buchstäblich ausgeruht nach ihrer Saudi-Pause. »Ich bin leichter eingeschlafen, mir gingen nicht mehr so viele Emotionen durch den Kopf«, berichtete Groetzki. Nicht nur er ist bereit für Ägypten. (GEA)