REUTLINGEN. Lange hat er's nicht ausgehalten ohne die Young Boys Reutlingen. Könnte man meinen. Ist auch so. Dass Ivan Cabraja in der Winterpause nach nur einem halben Jahr wieder zum Aufsteiger in die Fußball-Verbandsliga zurückgekehrt ist, hat allerdings seine Gründe. Gute Gründe. Kurzum: Sein knapp sechsmonatiges Abenteuer beim finanzkräftigen Landesligisten Donzdorfer JC sei eine krasse Erfahrung gewesen, wie er selbst sagt.
Das ist nun Geschichte. Und sein Ex-Club auch. Am 10. März gab der vormals finanzstarke Verein aus dem Landkreis Göppingen bekannt, dass er sich aufgrund akuter Finanzprobleme mit sofortiger Wirkung vom Spielbetrieb der Landesliga 2 zurückzieht. Ein Ende, das sich abzeichnete. Cabraja ist dem finanziellen K.o. mit seinem Wechsel zuvorgekommen. Doch der Reihe nach.
Cabraja wollte nie weg von den Young Boys Reutlingen
Im Sommer trennten sich die Wege zwischen den Young Boys und dem ehemaligen Jugendspieler des VfB Stuttgart zunächst. Bereits im vergangenen August hatte der Pfullinger in einem GEA-Interview gesagt: »Ich wollte damals nicht weg.« Ums Finanzielle sei es nicht gegangen. Aber man hätte sich am Ende nicht einigen können. Alternativen mussten her. Und es kam mit dem Donzdorfer JC, der vor sechs Jahren noch in der Kreisliga B unterwegs war, ein finanzkräftiger und ambitionierter Interessent ins Spiel.
Der Kontakt kam über Ex-Coach Tobias Flitsch (früher Trainer beim SSV Ulm 1846 und den Stuttgarter Kickers) zu Stande, der im Zuge der Zahlungsunfähigkeit vor einigen Wochen von seinem Amt zurücktrat. »Ich habe aber direkt abgesagt. 45 Minuten Fahrtzeit haben für mich keinen Sinn gemacht«, berichtet Cabraja, der bei Bosch im Schichtbetrieb arbeitet und zwischen 2022 und 2023 für den SSV Reutlingen auflief. Doch Flitsch habe ihn doch überredet. Nach dem Motto: Komm doch erstmal vorbei und höre es dir in Ruhe an.
Donzdorfer JC: Ultramoderne Kabinen, eine Sauna und eigene Krafträume
Gesagt. Getan. Als der 24-Jährige in Donzdorf angekommen sei, habe er sich gleich gedacht: »Geisteskrank! Das haben manche Regionalligisten nicht. Das war drittligareif.« Es gab - dem GEA liegen die Aufnahmen vor - ultramoderne Kabinen, eine Sauna sowie einen Kraftraum für die Landesliga-Kicker. Da seien, bei aller Ehrlichkeit, aber nicht die ausschlaggebenden Gründe für den Wechsel gewesen, wie der 43-fache Balinger Regionalliga-Spieler Cabraja zugibt: »Ein normaler Spieler kann ein solches Angebot nicht ausschlagen.«
Sportlich lief es optimal. »Wir haben die ersten neun Spiele alles gewonnen und haben so geilen Fußball gespielt«, sagt er und ergänzt: »Dann kam aus dem Nichts zwei Monate das Gehalt nicht.« Der Anfang vom Ende. In dieser Zeit zog sich Cabraja auch noch einen Mittelfußbruch zu, der ihn sechs Wochen außer Gefecht setzte. Es reifte die Entscheidung: »Ich hatte das Gefühl, dass es keine Zukunft mehr hat und habe mich anders umgeschaut. Für mich war relativ schnell klar, dass ich in der Rückrunde woanders spielen will.«
Kantersiege gegen Top-Fünf-Teams Hofherrnweiler und Oberensingen
Die Rückkehr nach Reutlingen war perfekt. Hilfreich für das Young-Boys-Comeback war auch, dass »der Kontakt mit Volle nie abgebrochen ist«, wie Cabraja mit Blick auf seinen Alt- und Neu-Coach Volker Grimminger betont. »Das ist mein Trainer. Er wollte auch nie, dass ich gehe«, sagt er weiter. Der 45-Jährige hatte ihn nach der herben 3:6-Klatsche gegen den SV Nehren in der Rückrunde der vergangenen Landesliga-Spielzeit von der Sechser- auf die Innenverteidiger-Position gezogen. Dort spielte Cabraja groß auf.
Die Young Boys blieben in den weiteren zehn Spielen ungeschlagen. Der Weg des 2006 gegründeten Vereins führte erstmals ins württembergische Oberhaus. Dort mischt das Grimminger-Team die Liga kräftig auf. Nach 18 Spieltagen sind die Young Boys mit starken 31 Punkten Fünfter und das große Überraschungsteam der Verbandsliga. Zum Auftakt ins Pflichtspieljahr 2025 gab es zwei Kantersiege mit einem Torverhältnis von 10:3 gegen die Top-Fünf-Teams Hofherrnweiler und Oberensingen. Wie aber macht das der Aufsteiger?
Gemeinsam in den Cafes der Stadt unterwegs
»Wir sind ein Haufen voller Chaoten. Wir sind eine Mannschaft, die auf ernst macht, wenn es ernst wird und dann auch voll fokussiert ist. Wenn es aber gerade spaßig ist, gibt es bei uns keine Grenze. Wir sind wie Brüder. Kommt es zu einer Rudelbildung, ist der eine für den anderen da. Wir spielen dreckig, aber können halt auch kicken. Das ist das Geile«, berichtet Cabraja und lacht.
Er habe bei den Young Boys Freunde fürs Leben gefunden. Man unternehme auch privat wirklich sehr viel zusammen. »Es vergeht vielleicht ein Tag in der Woche, an dem wir nichts miteinander zu tun haben. Am nächsten Tag sind wir schon wieder gemeinsam in den Cafés der Stadt unterwegs«, berichtet Cabraja. Er ist sich sicher: »Deshalb matcht es auch auf dem Platz. Es passt wie die Faust aufs Auge.« (GEA)