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Ist die Luft raus? Young Boys Reutlingen mit zweiter Niederlage in Folge

Eigentlich könnte Volker Grimminger nach der bisherigen Saison hochzufrieden sein. Doch der Trainer des Verbandsliga-Aufsteigers Young Boys Reutlingen ist nach der zweiten Niederlage in Folge mächtig angefressen und übt auch Selbstkritik.

Nicht zufrieden: Young-Boys-Coach Volker Grimminger.
Nicht zufrieden: Young-Boys-Coach Volker Grimminger. Foto: Meyer
Nicht zufrieden: Young-Boys-Coach Volker Grimminger.
Foto: Meyer

REUTLINGEN. Volker Grimminger war auch noch am Sonntagmittag mächtig angefressen. Der Coach der Young Boys Reutlingen könnte hochzufrieden sein angesichts der überragenden Premierensaison seiner Mannschaft in der Fußball-Verbandsliga. 13 Siege und 44 Punkte machen einen bärenstarken vierten Tabellenplatz. Damit hatten wohl die wenigsten vor der Saison gerechnet. Doch Grimminger, früher zu Regionalliga-Zeiten für den SSV Reutlingen am Ball, denkt da anders. Der 45-Jährige ist jemand, der vor Ehrgeiz nur so strotzt. Manchmal ist das vielleicht sogar einen Ticken zu viel im Amateurfußball. Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.

Fakt ist jedoch: Der Reutlinger Erfolgscoach ärgerte sich ziemlich über die 2:3 (2:2)-Pleite am Samstag gegen die Sportfreunde aus Schwäbisch Hall. Es war nach dem 0:4 gegen Heilbronn die zweite Pleite in Serie. Zuvor waren seine Schützlinge in sagenhaften zwölf (!) Partien in Folge ohne Niederlage geblieben. Nun hat sich das Momentum fürs Erste gedreht. Und das passt dem Coach überhaupt nicht. »Ich habe manchmal das Gefühl, dass es für viele Spieler nur darum geht, um nur zu spielen und nicht, um das Ding bis zum Ende voll durchzuziehen«, sagt Grimminger, der die Saison unbedingt als Dritter abschließen möchte.

Young-Boys-Keeper Erik Rapp (rotes Trikot) und Ivan Cabraja (Mitte) schauen dem Schuss zum 0:1 hinterher.
Young-Boys-Keeper Erik Rapp (rotes Trikot) und Ivan Cabraja (Mitte) schauen dem Schuss zum 0:1 hinterher. Foto: Meyer
Young-Boys-Keeper Erik Rapp (rotes Trikot) und Ivan Cabraja (Mitte) schauen dem Schuss zum 0:1 hinterher.
Foto: Meyer

Natürlich spricht der emotionale Trainer davon, dass auch der »vierte Platz super ist«. Aber er weiß eben genau, dass die Young Boys das Potenzial für die Top drei im württembergischen Oberhaus in ihren Reihen haben. Doch ist es nicht auch ein Stück weit normal, dass die Luft - im Prinzip geht es nur noch um die Goldene Ananas - irgendwann raus ist? Vor allem nachdem die beeindruckende Serie in der vergangenen Wochen zu Ende gegangen ist? »Das kann vielleicht normal sein, aber diese Normalität akzeptiere ich nicht«, betont Grimminger. Er hätte als Spieler immer jede Partie gewinnen wollen. Völlig egal, wie die tabellarische Situation ausgesehen habe. Auch heute »will ich sogar noch beim Kartenspiel gegen meinen Sohn gewinnen«, ergänzt der Familienvater und lacht.

Er mache seinen Jungs keinen Vorwurf, dass sie nicht gewinnen wollen würden. »Ich mache ihnen aber den Vorwurf, dass sie im Kopf nicht mehr so online sind, wie sie es vor drei Wochen noch waren. Vor allem im Spiel gegen den Ball ist es nicht mehr so intensiv«, betont der 45-Jährige. Die viel zitierten Kleinigkeiten legten die Young Boys in den vergangenen beiden Partien nicht mehr konsequent an den Tag. »Es geht am Ende oftmals wirklich nur um einen oder zwei Meter. Das sind aber Dinge, die einfach nicht passieren dürfen, wenn du weiter oben dabeibleiben möchtest«, so Grimminger. Und genau diese Unachtsamkeiten führten dazu, dass der Aufsteiger nach 34 Minuten überraschend mit 0:2 gegen Schwäbisch Hall in Rückstand lag.

Dann gibt es jedoch wieder eine andere Seite der Geschichte. Und zwar, dass die Hausherren binnen einer Minute durch die Treffer von Marko Drljo (45.+1) und dem angeschlagenen Christos Chatzimalousis (45.+2) noch vor dem Pausenpfiff wieder ausglichen. »Das war einfach stark«, lobt Grimminger, der dennoch im Nachgang von einer katastrophalen ersten Hälfte sprach. »Nur fünf Minuten waren wir wirklich online.« Besser wurde es dann in den zweiten 45 Minuten. Da seien die Young Boys für zumindest eine halbe Stunde drückend überlegen gewesen. »Wir hatten auch wirklich kranke Bretter, die wir machen müssen. Doch wir sind immer wieder am überragenden Keeper der Haller gescheitert«, erklärt der Coach.

»Ich denke, dass wir während der Siegesserie so ein bisschen den Fokus im Training verloren haben«

Wie das im Fußball halt so ist, kassierten die Reutlinger zwei Minuten vor dem Schlusspfiff und nach einem langen Ball stattdessen das bittere Gegentor zum 2:3-Endstand. »Das war wieder eine kurze Tiefschlafphase von uns«, moniert der Trainer, der sich in die Kritik übrigens selbst miteinbezieht. »Ich denke, dass wir während der Siegesserie so ein bisschen den Fokus im Training verloren haben, weiter an den Details und unseren Schwächen zu arbeiten. Da müssen wir wieder ein bisschen anziehen.« Das Schöne: All das ist Meckern auf einem ganz hohen Niveau. Dessen ist sich auch Grimminger bewusst. Doch der ultra ehrgeizige Cheftrainer kann eben nicht anders. Er will immer mehr. (GEA)