REUTLINGEN. Fußball ist eine Männerdomäne. Das war zumindest lange Zeit die vorherrschende Meinung. Heutzutage jedoch gewinnt der Frauenfußball immer mehr an Bedeutung. Aber nicht nur er. Die Gleichstellung der Frau findet in vielen Bereichen mehr Gewicht. Da wundert es allerdings, dass es beim Thema Eintrittspreise auf den Fußballplätzen der Region teilweise immer noch unterschieden wird, welchem Geschlecht man angehört.
Konkret sieht das so aus: In den tieferen Ligen des Fußballs zahlt der männliche Zuschauer seine wenigen Euro Eintritt, Frauen mitunter noch weniger oder gar nichts. Ein Konzept, das etwas aus der Zeit gefallen scheint. Rahel Rose, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Reutlingen, erläutert zum Thema: »Grundsätzlich sollten Männer und Frauen - und alle Geschlechter insgesamt - gleichberechtigt behandelt werden, unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrer körperlichen Fähigkeiten, ihrer sexuellen Orientierung, wie im Grundgesetz verankert ist. Also auch in dieser Frage.« Und: »Selbstverständlich hat jeder Verein seine eigene Eintrittspreispolitik, die aufgrund von unterschiedlichen Entscheidungen zustande kommt.«
Der GEA wollte es genauer wissen. Wie stehen die Vereine der Region zu diesem Thema? Wie wird es auf den Sportplätzen tatsächlich gehandhabt? Und ist das Thema auch in anderen Sportarten präsent?
Angst vor Zuschauerschwund
Bei den Fußballern des TSV Pliezhausen kommen die weiblichen Zuschauer kostenlos auf den Platz. Der Verein, der in der Kreisliga B antritt, habe in den vergangenen Jahren nicht mehr Zuschauerzahlen wie früher, bedauert Abteilungsleiter Philipp Trimus. »Wir hätten gerne wieder mehr Familien und Kinder auf dem Platz«, sagt er. Allerdings glaube er nicht, dass durch den kostenlosen Eintritt mehr Zuschauer kämen. Er gibt aber auch zu: »Mit dem Thema haben wir uns noch nie richtig befasst.«
Auch eine Klasse höher, in der Kreisliga A, kommen Frauen teilweise kostenlos auf den Sportplatz. Wie beim FC Mittelstadt. Hier zahlen Männer drei Euro, Frauen nichts. Warum? »Weil wir sonst einen Haufen Zuschauer verlieren würden«, behauptet Abteilungsleiter Joachim Schaich. Die Diskussion um den Eintrittspreis habe er in seinem Verein bereits geführt. Und es gebe die Meinung: »Frauen wollen Emanzipation, dann sollen sie auch Eintritt zahlen.« Schaich allerdings verweist auf ihre Zuschauerzahlen. »Wir haben 100 bis 120 Zuschauer. Das reicht, um den Schiedsrichter zu bezahlen.« Er habe schon von Frauen gehört, dass sie nicht kommen würden, wenn sie Eintritt zahlen müssten. Außerdem: »Mehr Zuschauer essen und trinken mehr.«
Froh über weibliche Zuschauer
Auch beim TSV Holzelfingen müssen Frauen keinen Eintritt bezahlen. Abteilungsleiter Lars Förster hat dafür eine ganz einfache Begründung: »Weil das schon immer so war.« Es habe bei ihm im Verein auch noch nie einen Diskurs zu diesem Thema gegeben, wobei er zugibt: »Die Regelung ist definitiv angestaubt. Und da die Schiedsrichterkosten zu Recht hochgehen, werden wir darüber nachdenken.«
Ebenso verhält es sich beim FC Sonnenbühl. Spielleiter Joris Rudolph begründet: »Wir sind froh, dass die Frauen da sind. Die Schwelle darf nicht zu hoch sein.« An Staffeltagen - Sitzungen der Vereine vor der Saison - habe man schon versucht, das einheitlich unter den Clubs zu gestalten. Er würde es begrüßen, wenn es eine Regelung gäbe. Er sagt aber auch: »Ich habe lieber 20 Frauen auf dem Sportplatz, die nichts zahlen, als nur zehn, die Eintritt zahlen.«
Ein wenig angepasst hat sich der TSV Betzingen. Vor dieser Saison zahlten die Frauen keinen Eintritt, aber nun verlangt der A-Ligist einen Euro. »Dass Frauen weniger bezahlen, kommt in jeder Sitzung auf«, erzählt Abteilungsleiter Karl-Heinz Schwend. »Manche sagen, es sei unverschämt.« Er selbst sagt: »Man muss froh sein, wenn die Frauen überhaupt auf den Sportplatz kommen.« Eine einheitliche Regelung der Preise würde der Betzinger Boss aber begrüßen, denn »selbst mit dem einen Euro gibt es immer Diskussionen. Und dann würde unser Kassierer nicht immer eine übergebraten bekommen, wenn er herumläuft«, sagt er augenzwinkernd.
Aufschrei auf der Alb
Noch mutiger ist der TSV Wittlingen. Hier zahlen Frauen zwei Euro Eintritt, Männer 3,50 Euro. Vorsitzender Ulrich Krohmer sagt deutlich: »Wir waren die ersten, die beim Staffeltag vorstellig geworden sind und haben angemerkt, dass Frauen in anderen Sportarten den gleichen Betrag zahlen. Nur beim Amateurfußball nicht. Das steht in keinem Verhältnis mehr.« Den Vereinen ist es allerdings frei gestellt, was sie verlangen. Und als Wittlingen seine Preise angepasst hatte, »gab es anfangs einen riesigen Aufschrei auf der Alb«, erzählt Krohmer. »Aber damit muss man leben«. Denn: »Ein Verein ist kein Wohlfahrtsinstitut. Auch Frauen benutzen Toiletten und Clubhäuser.« Er glaube nicht, dass die Frauen fernbleiben würden, wenn sie den gleichen Betrag wie die Männer zahlen müssten, stellt aber auch klar: »Mein Gott, sind wir froh, dass die Mädels mitkommen.«
Der TSV Mähringen hat sich komplett getraut. Seit drei Jahren zahlen hier Frauen den gleichen Betrag wie die Männer. Abteilungsleiter Orhan Bobic sagt ganz pragmatisch: »Wir wollten vereinheitlichen.« Kritik sei zwar immer wieder vereinzelt zu hören. »Manche sagen, woanders muss man weniger zahlen«, aber trotz der Preisanpassung habe sich bei den Zuschauerzahlen nichts geändert. »Wir haben immer noch eine gute Zuschauerquote«, sagt Bobic.
In höheren Ligen angepasst
Eine Etage höher verlangt man beim Bezirksligist VfL Pfullingen auch für beide Geschlechter den gleichen Eintritt. »Es ist ja in der heutigen Gesellschaft ein Problem, dass Frauen und Männer unterschiedlich behandelt werden«, merkt Abteilungsleiter Paul Stingel an. Am Staffeltag vor der Saison kam laut Stingel auch dieser Punkt zur Sprache. Er meint, dass inzwischen in der Bezirksliga Alb die meisten Vereine einheitliche Preise haben. Er sagt aber auch: »Wenn es hierzu eine einheitliche Regelung vom Verband gäbe, wäre ich Befürworter.« Auch bei Spielen der zwei weiteren Mannschaften des VfL Pfullingen - in der der Verbandsliga und der Kreisliga A - zahlen Frauen genauso viel wie die Männer.
Bei den Young Boys Reutlingen in der Verbandsliga gibt es auch keine Unterschiede mehr bei den Eintrittspreisen. »Früher waren bei uns Frauen ermäßigt«, erzählt Abteilungsleiter Marcel Laaß, »aber seit wir in der Verbandsliga spielen, wurden die Preise angepasst. In der Sitzung vor der Saison haben alle Verbandsligamannschaften darüber abgestimmt und diese Regelung beschlossen.«
Was alle Fußballclubs gemeinsam haben, ist der Wunsch nach einer einheitlichen Regelung seitens des Württembergischen Fußball-Verbands (WFV). Dieser allerdings verweist auf das Hausrecht. »Seitens des WFV gibt es für unsere Vereine keine verbindlichen Vorgaben. Die Begründung liegt im Wesentlichen darin, dass der Heimverein das Hausrecht für sein Sportgelände besitzt und im Rahmen dessen auch die Regularien für den Zutritt zur Veranstaltung vorgibt«, sagt Heiner Baumeister, Abteilungsleiter Kommunikation des WFV. Er sagt aber auch: »Bei Vereinen - insbesondere im ländlichen Raum – gibt es vereinzelt noch überholte Regelungen und entsprechende Formulierungen. Vor diesem Hintergrund kommt die Frage nach festen Vorgaben des Verbandes für Eintrittspreise unserer Fußballvereine immer wieder auf.«
Kein Thema abseits des Fußballs
Und wie sieht es in den anderen Sportarten aus? Marc Welsch, Abteilungsleiter der Black Eagles Reutlingen, bestätigt keine Unterschiede in den Eintrittspreisen für Eishockey-Spiele seines Teams. »Ich kann mich auch nicht erinnern, das bei anderen Vereinen jemals gesehen zu haben.« Er könne zwar nachvollziehen, woher die Thematik bei den Fußballern käme, »aber bei uns ist das kein Thema.« Auch im Basketball stellt sich die Frage nicht. Der Abteilungsleiter der Reutlinger Ravens, Jorgo Tsouknidis, sieht beim Basketball einen ganz großen Vorteil: »Die Sportart ist für Frauen viel attraktiver als Fußball.«
Ebenso gibt es keine Unterschiede im Handball. Laura Wohnus, Pressesprecherin des VfL Pfullingen, erläutert: »Sowohl in der dritten Liga als auch in der Verbandsliga gibt es keine Unterschiede für Frauen.« Der Anteil von Frauen und Männern beim Handball sei »immer relativ ausgeglichen«. Eine Unterscheidung bei den Preisen sei ihr im Handball noch nicht begegnet. Erfahrung mit der Thematik hat die 28-Jährige dennoch. Als Zuschauerin eines Fußball-Kreisliga-Spiels. Wie das für sie als Frau war, als die keinen Eintritt zahlen musste? »Einerseits ist man froh, Geld zu sparen. Andererseits würde es mich auch nicht stören, das Geld zu bezahlen«, sagt Wohnus. »Im Sinne der Gleichberechtigung zahle ich aber lieber Eintritt.« Einen Eindruck hat sie allerdings als Fußball-Zuschauerin gewonnen: »In anderen Sportarten hat man das Gefühl, dass das Thema Gleichberechtigung schon weiter ist.« (GEA)