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Ein Pfullinger schießt den VfL Pfullingen an den Rande des Abgrunds

Die Flutlichter am Ahlsberg brannten am Mittwochabend hell wie eh und je, doch das Licht im Verbandsliga-Tabellenkeller scheint für den VfL Pfullingen nach dem 0:2 gegen die TSG Balingen II nur noch mit dem Notstromaggregat am Leben gehalten zu werden.

TSG Balingens Mirhan Inan (vorne im roten Trikot) schockt den VfL Pfullingen um Nico Rall (rechts) kurz vor der Pause.
TSG Balingens Mirhan Inan (vorne im roten Trikot) schockt den VfL Pfullingen um Nico Rall (rechts) kurz vor der Pause. Foto: JoBaur
TSG Balingens Mirhan Inan (vorne im roten Trikot) schockt den VfL Pfullingen um Nico Rall (rechts) kurz vor der Pause.
Foto: JoBaur

PFULLINGEN. Dann pfiff Schiedsrichter Tobias Huthmacher vor der imposanten Kulisse von 400 Zuschauern das Verbandsliga-Derby und den Kellergipfel zwischen dem VfL Pfullingen und der TSG Balingen II ab. Die Flutlichter über dem Kunstrasenplatz am Ahlsberg brannten um kurz nach 21 Uhr am Mittwochabend hell wie eh und je, doch das Licht im Tabellenkeller scheint für die Echazstädter nach der 0:2-Niederlage nur noch mit dem Notstromaggregat am Leben gehalten zu werden. Das dürfte es gewesen sein mit dem Ligaverbleib. Und ausgerechnet ein Pfullinger scheint den VfL nun endgültig an den Rande des Abgrunds geschossen zu haben.

Balingens Stürmer Mirhan Inan, früher bei den Junioren für den VfB Stuttgart und die türkische U 19-Nationalmannschaft in den gegnerischen Strafräumen unterwegs und später dann zwei Jahre in Diensten des Oberligisten SSV Reutlingen, stellte den Spielverlauf im Abstiegsgipfel eine Minute vor dem Pausenpfiff mit seinem Treffer aus 16 Metern und zehnten Saisontor auf den Kopf. Für genau solche Momente wurde das zuhauf zitierte »Aus dem Nichts...« erfunden. Denn es war bis dato erst der zweite Abschluss der Gäste. Gleichzeitig fühlt es sich so an, als wenn der in Pfullingen wohnende Inan dem VfL nach seinem Tor den Spiegel vors Gesicht hielt. Nach dem Motto: Schaut her, das fehlt euch. Das leidige Thema der Effizienz.

Robin Hiller gleich dreimal im Pech

Ein Problem, das beim VfB Stuttgart allen voran Ermedin Demirovic auf seinen breiten Schultern trägt, personifizierte bei den Pfullingern am Mittwoch Robin Hiller. Der Offensivspieler vergab in den ersten 45 Minuten gleich drei aussichtsreiche Gelegenheiten für den VfL. Mit geknickten Mienen und dem Rückstand im Nacken traten die Mannen um VfL-Kapitän Matthias Dünkel daher den Gang in die Kabine an. Obwohl sie sich fast nichts vorzuwerfen hatten. Auch das stets kritische zusehende Pfullinger Publikum dürfte nach der ersten Hälfte tatsächlich nichts auszusetzen gehabt haben.

Die Hausherren war in dieser extrem wegweisenden Begegnung die klar tonangebende Mannschaft. Bereits im dritten Spiel unter Lennerth sahen sie, für was ihre Mannschaft künftig, in welcher Liga das auch immer der Fall sein wird, stehen soll: Eine extreme Intensität gepaart mit einem direkten, vertikalen Spiel in die Spitze. Genau so, wie es RB Leipzig in seinen Hoch-Zeiten erfolgreich praktizierte. Und genau so, wie sich Dünkel und Co. auch immer wieder nach hohen Ballgewinnen postwendend gefährlich in den Balinger Strafraum gespielt hatten. Das sah richtig gut aus. Allerdings jeweils mit dem bitteren Ende.

Frustrierter VfL-Kapitän

Bitter ist auch das Stichwort für die vorzeitige Entscheidung in dieser Partie. Fünf Minuten nach dem Wiederanpfiff war Bastian Maier nach einer flachen Ecke zur Stelle und schob zum 2:0 für die Balinger ein. Nur drei Schüsse und doch zwei Tore. Da wirst du doch narrisch! Zumindest aus Pfullinger Sicht, die auch im zweiten Durchgang zwei gute Chancen in den Sand setzten. »Es ist einfach so frustrierend. Wir belohnen uns einfach nicht«, sagte Kapitän Dünkel niedergeschlagen. Lennerth pflichtete seinem Führungsspieler bei: »Es tut mir für die Jungs Leid. Die Belohnung fehlt einfach. Du kannst keinem einen richtigen Vorwurf machen. Ich habe mich bei der Mannschaft nach der Partie sogar bedankt. Für die Art und Weise, wie die Jungs Fußball gespielt haben.«

Was bleibt? Die Verantwortlichen wissen sehr wohl, dass diese Pleite der Genickbruch im Kampf um den Ligaverbleib gewesen sein dürfte. Weil sehr stark von mindestens fünf direkten Absteigern auszugehen ist, beträgt der Rückstand für den VfL auf das rettende Ufer bei noch fünf ausstehenden Duellen satte acht Zähler. Doch der Sportliche Leiter Jan Herrmann betonte trotz der misslichen Lage: »Ich glaube hier entsteht etwas.« Und genau das sollte allen Pfullingern Anlass zur Hoffnung geben. Seit Lennerth das Ruder an der Seitenlinie in seinen Händen hält, weht eindeutig ein neuer und frischer Wind am Ahlsberg. Er gibt dem Team eine klare DNA und Spielidentität. »Die Tabelle brauchen wir gar nicht anschauen. Wir müssen eher darauf schauen, wie wir unser Spiel entwickeln«, meinte der 52 Jahre alte A-Lizenzinhaber.

Die mittel- bis langfristige Entwicklung steht im Mittelpunkt

Die mittel- bis langfristige Entwicklung steht im Mittelpunkt. Ganz nebenbei gehört übrigens zur vollen Wahrheit: Noch in der Winterpause und mit nur zehn Punkten auf der Habenseite, hätten sie beim VfL wohl selber nicht mehr ernsthaft daran geglaubt, dass sie Ende April mit einem Sieg gegen Balingen II noch einmal den großen Turnaround schaffen können. Aber: Noch sind 15 Punkte zu vergeben. Und die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Noch brennt das Licht im Keller. Wenn auch auf Sparflamme. (GEA)