REUTLINGEN. Ein Blick auf die Tabelle könnte täuschen. Mit 27 Punkten und dem achten Platz sollte man denken, Alexander Sulzberger, Trainer der SGM Kirchentellinsfurt/Kusterdingen, hätte einen entspannten Traineralltag in der Reutlinger A-Liga. Doch der Alltag des Coaches und Vollblutsportlers ist alles andere als entspannt. Nicht allein mit Trikot oder Trainingsleibchen starten seine Spieler unter der Woche in die Trainingseinheiten. Sie tragen wie selbstverständlich einen Gurt mit eingebautem Chip auf Brusthöhe zur Leistungsdiagnostik.
»Ich arbeite mit einem Tool zur Regulierung der Trainingsbelastung meiner Spieler. In dem Programm sehe ich genau, wie sehr welche Einheit welchen Spieler belastet hat. Die Auswertungen sende ich dann direkt an meine Jungs weiter. So kann ich die Einheiten an den Fitnessstand und die Belastung der Spieler anpassen und mögliche Verletzungen verhindern«, erklärt Sulzberger. Ein ziemlich hoher Aufwand für die A-Liga.
Seine Methoden kommen in der Mannschaft gut an
Seine Methoden kommen in der Mannschaft dennoch gut an. »Die Spieler nehmen es toll an. Klar sind sie nicht immer begeistert, aber am Ende profitieren alle von den Methoden.« Sulzbergers Praktiken sind nämlich keinesfalls aus der Luft gegriffen. Der Athletik-Trainer-A-Lizenz-Inhaber bringt die Methoden aus seinem Hauptberuf mit. Seitdem der 57-Jährige 2016 als Filialleiter von Intersport Räpple in Tübingen zurücktrat, arbeitet Sulzberger hauptberuflich als Personaltrainer für Profisportler. »Der Umstieg fiel mir damals ziemlich leicht. Ich habe mich schon während der dreijährigen Ausbildung gut vernetzt und hatte direkt tolle Kontakte in die Ausdauerszene«, berichtet Sulzberger. So bereitete er unter anderem Athleten für Olympia 2016 in Rio de Janeiro vor. Auch im Fußball bildete er sich weiter und erwarb die Trainer-B-Lizenz.
»Ich war schon immer interessiert an konditionellen Leistungsfaktoren. Ich habe schon als Kind in den Schulbüchern meines Bruders darüber gelesen«, sagt er und lacht. Doch schon in Kindertagen blieb es beim Wannweiler nicht bei der Theorie. Nachdem er zunächst Fußball, Tennis und Tischtennis spielte, fokussierte er sich mit 13 Jahren voll auf das Tischtennis. »Ich war da teilweise nach dem Jugendtraining noch bei den Erwachsenen, bis mich mein Vater aus der Halle zog.« Später spielte er unter anderem beim TSV Betzingen. Nach jahrelangem Engagement als Spieler und auch als Trainer »hatte ich ab einem gewissen Punkt allerdings einfach genug.«
Start als Frauen-Trainer
2017 folgte der Wechsel zum Fußball. Den Einstieg als Trainer hatte er seiner Nichte zu verdanken. »Sie spielte damals bei den Frauen in Kirchentellinsfurt und sie brauchten dringend einen neuen Coach. Da habe ich nicht lange gezögert und direkt gemerkt, dass das meine neue Herausforderung ist. Es ist einfach spannend, rund 20 Spieler zu haben, denen du ganz individuell etwas Unterschiedliches auf den Weg mitgeben musst«. Von nun an recherchierte er akribisch und ließ sich Unterlagen vom Württembergischen Fußballverband (WFV) zusenden, um so viel wie möglich zu lernen. In der darauffolgenden Saison 2018/19 trainierte er die männliche A-Jugend. Mit der K'furter U19 feierte er zwei Aufstiege in einer Saison. Darauf folgten zwei Jahre bei den Young Boys Reutlingen, als A-Jugendtrainer und »Co« bei der ersten Mannschaft.
Mehr als nur ein Trainerjob
»Der Sprung dann zum VfL Pfullingen war der Größte. Marco Knoll sprach mich an. Ich habe am Anfang die U16 übernommen und das Team bis zur U19 drei Jahre lang begleitet. Die Jungs haben toll mitgezogen«. Nach einem kurzen Intermezzo beim TSV Sondelfingen II schloss sich der Bogen wieder. Er kehrte zur SGM Kirchentellinsfurt/Kusterdingen zurück. Außerdem arbeitet der 57-Jährige noch als Stützpunkttrainer in Reutlingen und gehört zum U15-WFV-Juniorinnen-Trainerstab. »Das sind nochmals ganz neue Perspektiven«, erklärt er. Bei Sulzberger besteht der Alltag somit aus Sport pur.
Beruflich bietet er weiterhin Einzeltraining für Sportler und Workshops zu den Themen Belastungssteuerung und Athletiktraining an. Er selbst geht hierbei mit bestem Beispiel voraus. Fast täglich plant er akribisch individuell per Computerprogramm die Trainingseinheiten seiner Spieler und passt sie an Leistungsstand und Fitness an. Die Zusage für die kommende Saison hat er der SGM bereits gegeben, in Zukunft darf jedoch auch gerne nochmal etwas Neues kommen. »Ich hätte noch großes Interesse am Frauenfußball. Es ist ein großer Wunsch von mir, hier höherklassig zu coachen.« (GEA)