REUTLINGEN. Es läuft gut für den frischverheirateten Trainer des TSV Sondelfingen, Marcel Geismann. Sowohl in der Liebe als auch im Fußballspiel. Denn nach 13 Spielen und 30 eingefahrenen Punkten steht seine Mannschaft auf dem zweiten Platz der Reutlinger A-Liga. »Wir sind absolut im Soll. Vor der Saison habe ich in der Mannschaft Fragebögen ausgegeben und die Mannschaft gab sich die Zielsetzung zwischen Platz eins und vier. Ich bin zufrieden mit den Jungs«, sagte der 32-jährige. So ruhig war es jedoch nicht immer in der bis dato zehnjährigen Karriere des Bissingers.
Begonnen hat seine Laufbahn bei seinem Heimatverein SV Nabern. Hier stand er den Großteil seiner Jugendzeit im Tor. »Für mich gab es keine andere Position als das Tor. Mein Vorbild war Oli Kahn. Ich liebte es schon immer, zu organisieren und auf dem Platz Anweisungen zu geben«, erklärte Geismann. So kam auch der Verein 2013 auf ihn zu, als ihm die Jugendtrainer ausgingen. Doch eine Lückenfüllerposition kam für den ehrgeizigen Trainer nicht infrage. »Für mich gab es nur ganz oder gar nicht, mir war klar, wenn ich die B-Jugend übernehme, dann hänge ich mich voll und ganz rein«, so der Sondelfinger Coach.
Durchmarsch mit der A-Jugend
So trainierte der Bissinger je zwei Jahre die B- und A-Jugend in Nabern. Parallel erwarb er, ehrgeizig wie er ist, die C- und B-Lizenz als Trainer. »Das Highlight in dieser Zeit war der Durchmarsch mit der A-Jugend von der Kreis- in die Bezirksstaffel«, erzählte Geismann stolz. Parallel spielte er weiterhin bei der ersten Mannschaft als Torwart. Als es in der darauffolgenden Saison nicht rund lief und aus den ersten sieben Spielen null Punkte zu verzeichnen waren, übernahm Geismann als Spielertrainer die Männermannschaft.
So hielten sich die Naberner sensationell nach nur vier Punkten in der Hinrunde in der A-Liga. Der Teckbote titelte gar: »Das Wunder von Nabern.« In den kommenden Jahren trainierte er weiterhin die erste Naberner Mannschaft, bis Corona den Aufwärtstrend des SV Nabern auf Platz zwei jäh stoppte. Jedoch ging die Karriere von Geismann weiterhin steil nach oben. Denn 2020 absolvierte er die Trainer-Jugend-Elite Lizenz beim DFB mit 20 weiteren Teilnehmern wie unter anderem Bundes-Co-Trainer Sandro Wagner und Ex-Bundesligaprofi und SV-Darmstadt-Legende Aytac Sulu.
Elite-Lehrgang mit Sandro Wagner
»Ich habe Sandro dort als sehr offenen Charakter kennengelernt. Er hat sich mit allen unterhalten und war auch einer der Aktivsten. Ich kann nur Gutes über ihn sagen«, so Geismann. Auch für den heutigen Co-Trainer der TSG Hoffenheim II, Aytac Sulu, verliert der Bissinger nur gute Worte: »Er ist ein absoluter Anführer, zwar sehr besonnen und etwas ruhiger als Sandro, aber ein top Typ.« Die Ausbildung dauerte insgesamt neun Monate. Im Wechsel von Präsenz und Onlineunterricht lernten die Absolventen zunächst Grundlagen. Dazu gab es hin und wieder Präsenzwochen, an denen sich alle eine Woche am Campus trafen.
»Das war eine sehr intensive und anstrengende Zeit«, konstatierte Geismann. Denn vor allem die Prüfungsphase hatte es in sich. In fünf unterschiedlichen Bereichen mussten die angehenden Elite-Trainer Prüfungen bestehen. »Wir Absolventen haben heute noch Kontakt. Wir haben seitdem eine Whats-App-Gruppe, in der wir uns austauschen«, erzählte der 32-jährige. Früchte trug die Ausbildung bereits ein Jahr später. Zur Rückrunde der Saison 2021/22 fragte der 1. FC Heidenheim bei Geismann an. »Für mich war klar, diese Chance muss ich ergreifen. Es war aber auch von vornherein klar, dass ich das nur die eine Halbserie mache«, gab Geismann zu.
Stressige und lehrreiche Zeit in Heidenheim
So übernahm er den Co-Trainerposten bei der U14 von Heidenheim. Vor allem die Fahrten zwischen Heidenheim und Bissingen vier oder fünfmal die Woche schlauchten ihn. Bei Auswärtsspielen war der Ex-Naberner gerne mal über zehn Stunden unterwegs. Dennoch hat sich der Aufwand laut Geismann gelohnt. »Es war natürlich ein viel gezielteres Training. Oft haben wir zusammen mit der U13 oder U15 trainiert, dann standen 40 Spieler auf dem Platz und man konnte positionsspezifisches Training machen. Ich habe viel mitgenommen und wirklich engagierte Jugendliche trainieren dürfen. Hätte ich das jedoch länger gemacht, hätte ich umziehen müssen.«
Nach einer Hinserie beim BezirksligistenTSV Weilheim und einer halbjährigen Pause landete Geismann vor Beginn dieser Runde beim TSV Sondelfingen. »Ich habe keine vorschnelle Entscheidung getroffen. Ich habe die Jungs zunächst als Zuschauer verfolgt und habe gemerkt, das passt. Ich hatte einfach Lust auf einen neuen Bezirk und ein gutes A-Liga Team.« Denn nach vielen anstrengenden Jahren ist Geismann dankbar, nur zweimal die Woche zu trainieren und mehr Zeit für Familie und Freunde zu haben. Für die Zukunft wünscht er sich vor allem eins: »Eine Mischung aus Ehrgeiz und Spaß.« (GEA)