TÜBINGEN. Dass man als Tabellenzweiter in einer Viertelfinal-Serie nicht unbedingt die Tigers Tübingen als Gegner haben möchte, das bekamen die Gladiators Trier und ihre rund 100 mitgereisten Fans am Samstagabend in der Paul-Horn-Arena schmerzhaft vor Augen geführt. Es war eine überragende Teamleistung der Raubkatzen, die zum verdienten 106:95-Heimerfolg gegen die Moselstädter führte und die Play-off-Serie vor dem dritten Duell am Dienstagabend in Trier (20 Uhr, sportdeutschland.tv) auf 1:1 stellte.
Insbesondere ein Spieler machte dabei in nur 13 Minuten Einsatzzeit auf sich aufmerksam, obwohl er in den vergangenen Wochen praktisch keine Rolle mehr gespielt hatte und von einigen vielleicht sogar schon abgeschrieben wurde. Jonas Niedermanner war mit neun Punkten und zwei erfolgreichen Dreiern der heimliche Gewinner bei den Tigers, bei denen Spielmacher Kenny Cooper und Center Samuel Idowu mit jeweils über 20 Zählern herausragten. Das ist umso erstaunlicher, weil der 28-Jährige zuletzt Anfang Februar mehr als zehn Minuten auf dem Feld gestanden hatte und in Spiel eins gegen Trier von Trainer Eric Detlev gar nicht berücksichtigt wurde.
Endlose Verletzungs- und Krankenakte
Der 49-Jährige predigt seit der Freistellung von Ex-Coach Domenik Reinboth und seiner Übernahme vor allem eines: Spaß am Basketball haben. Das lässt sich mit der sportlich schwierigen Situation von Niedermanner eigentlich nicht vereinbaren. »Doch«, betont der Ex-Trierer im GEA-Gespräch. »Spaß am Basketball hatte ich immer. Mich hat es einfach nur angekotzt, dass bei mir immer was dazwischen kam. Es war wirklich so viel Bullshit, der da in den letzten Monaten zusammengekommen ist.«
Seine Verletzungs- und Krankheitsmisere begann mit einer hartnäckigen Corona-Infektion zu Saisonbeginn. Anfang November knickte Niedermanner gegen Karlsruhe um und spielte trotz zweier gerissener Bänder im Sprunggelenk noch die Partie zu Ende. In den vergangenen Monaten kam bei ihm erschwerend noch hinzu, dass sich durch die jahrelange Belastung ein Überbein am rechten Fuß gebildet hat.
»Weil meine Schuhe kaputt gegangen sind, musste ich mir neue bestellen. Die haben allerdings genau auf das Überbein so draufgedrückt, dass sich die Stelle innerhalb von zwei, drei Trainingseinheiten entzündet hat«, berichtet der letztjährige Kirchheimer. Bei jedem Druck auf die Stelle oder den Bereich sei sein Fuß schließlich taub geworden. Eine vorzeitige Operation - die jetzt im Sommer passiert - stand bereits im Raum. Das Gute: »Die Entzündung konnten wir aber mit einer Röntgenstrahlen-Therapie ionisieren. Deshalb konnte ich dann doch langsam wieder anfangen mit Training«, erklärt Niedermanner.
Niedermanner versteht des Trainers Entscheidung
Verzweifelt man da nicht? »Ich in dieser Saison definitiv. Es gab Zeiten, in denen ich zuhause saß und gesagt habe: Das kann einfach nicht sein. Warum? Denn ich war in den letzten drei, vier Jahren nie wirklich krank oder verletzt«, gibt der 28-Jährige Einblicke in seine Gedankenwelt. Richtig emotional wurde es für ihn dann am Samstagabend, als er sich - weil Melkisedek Moreaux im zweiten Viertel eine kleine Verschnaufpause benötigte - wieder beweisen durfte, die Gunst der Stunde nutzte und das Vertrauen des Coaches zurückzahlte. »Endlich hat es mal funktioniert. Ich war einfach nur superhappy«, so Niedermanner.
Sauer auf Trainer Detlev sei er jedenfalls überhaupt nicht gewesen. »Wir waren in einer absoluten Drucksituation und wir hatten zehn Spieler, die alle immer performt haben. Da ist es einfach sehr schwer nach einer Pause wieder in ein funktionierendes System reinzukommen«, weiß Niedermanner die Situation gut einzuschätzen. Es sei klar gewesen, dass es ein langer Weg zurück sei. »Aber es ist trotzdem immer superschwer, wenn man als Sportler in dieser Situation dann auch wirklich ist. Am Ende muss man halt so lange abwarten, bis es irgendwann klappt.« So wie am Samstagabend. Jonas Niedermanner ist auch am Dienstag wieder bereit, wenn er gebraucht wird. (GEA)