TÜBINGEN. Philip Hecker wird in der kommenden Saison nicht mehr für die Tigers Tübingen auflaufen. Das schmerzt dem Basketball-Zweitligisten enorm. Schließlich zeigte der 23-Jährige eine starke Premierensaison im deutschen Unterhaus (5,4 Punkte und zwei Assists pro Partie) und nahm als deutscher Spieler eine wichtige Rolle bei den Raubkatzen ein. Mit seinen Leistungen könnte er sich durchaus auf den Rader von zahlungskräftigeren Clubs gespielt haben. Und siehe da: Kürzlich vermeldeten die Tigers, dass Hecker den Verein verlässt.
Es folgte eine große Überraschung. Den Hessen zieht es nicht etwa zu einem besseren Konkurrenten. Hecker hängt stattdessen fürs Erste seine Schuhe im normalen 5-gegen-5-Basketball mit nur 23 Jahren an den Nagel und geht künftig ausschließlich im 3x3 auf Körbejagd. Das ist die Basketball-Disziplin, in der die deutschen Frauen im vergangenen Sommer sensationell Olympia-Gold in Paris holten. Hecker wird für das neu gegründete 3x3-Team des Bundesligisten Frankfurt Skyliners auflaufen. »Es war wirklich keine leichte Entscheidung, weil ich gerne hier geblieben wäre. Es hat alles gepasst bei den Tigers. Das tut schon weh, wenn man das hinter sich lässt«, berichtet der talentierte Guard dem GEA und erklärt: »Aber diese Chance wollte ich mir nicht entgehen lassen. Die Möglichkeit in ein solches 3x3-Team zu kommen, gibt es nicht oft.«
Was ist 3x3?
»3x3 ist um einiges schneller als 5x5. Auch für den Kopf. Es geht Zack, zack, zack«, erklärt Philip Hecker. Gespielt wird beim 3x3, das sich aus dem Streetball entwickelt hat, mit je drei Spielern auf nur einem halben Basketballfeld und mit nur einem Korb. Pro Angriff hat jede Mannschaft nur zwölf Sekunden Zeit für einen Wurf (24 Sekunden beim 5x5). Abschlüsse innerhalb der Zwei-Punkte-Linie zählen einen Punkt. Würfe dahinter zwei Zähler. Die Spieldauer beträgt zehn Minuten. Wenn ein Team bereits davor die 21-Punkte-Marke geknackt hat, ist die Partie vorzeitig beendet. Interessant: Aktuell sind die Niederländer das Maß der Dinge im 3x3. Die Männer wurden in Paris Olympiasieger und auch die Frauen gehören zur Weltspitze. (ott)
Schließlich ist Hecker schon seit längerer Zeit dem Charme der seit Tokio 2021 olympischen Sportart verfallen. Schon in den letzten Jahren zockte der 23-Jährige immer wieder bei 3x3-Turnieren mit. Er gehörte in der Vergangenheit sogar zum Aufgebot der deutschen U 23-Nationalmannschaft bei einer WM und EM. Sein Fokus lag jedoch immer auf dem 5x5-Vereinsbasketball. Bis vor Kurzem. Als das attraktive Angebot aus seiner Heimatstadt ins Haus flatterte. Attraktiv deshalb, weil Hecker nicht für irgendeine Mannschaft auflaufen wird. Das neu gegründete Profi-Team der Skyliners wird in der Weltrangliste aktuell auf Position 13 geführt und zählt mit der 3x3-Mannschaft der Telekom Baskets Bonn zu den Top zwei in Deutschland. Angeführt wird das World Ranking bei den Männern übrigens von der serbischen Mannschaft Ub.
Die 3x3-Spiele führen das Team von Hecker rund um die Welt. Insgesamt sind 23 andere Mannschaften aus 16 Nationen auf der World Tour dabei, die vom Weltbasketballverband FIBA organisiert wird. »Das Ganze ist quasi aufgebaut wie im Tennis. Die großen Turniere sind die World Tour, darunter gibt es die Challenger-Events und ganz unten kommen dann noch die Quest-Turniere«, erklärt der Hesse. Die Rechnung ist einfach: Je mehr Punkte man bei den Turnieren für die Weltrangliste sammelt, desto mehr ist man bei guten Turnieren dabei. Das ist wichtig, weil dort die Preisgelder viel höher sind. Bei einem World-Tour-Event warten auf den Sieger äußerst lukrative Gewinnsummen von bis zu 40.000 Euro.
Doch muss Hecker selbst finanziell nun deutliche Abstriche machen im Vergleich zum Verdienst bei einem Basketball-Zweitligisten wie den Tigers Tübingen? »Nein, das bewegt sich auf dem ProA-Level. Dass es nicht deutlich weniger ist, liegt auch daran, dass es weniger Spieler gibt, die man bezahlen muss«, antwortet der 23-Jährige. Richtig lukrativ ist 3x3 auf einem anderen Kontinent. In Asien sei 3x3 richtig groß und brutal im Hype, wie Hecker weiß. »Die Gehälter dort liegen sehr deutlich über dem Niveau der zweiten Liga.«
Eine ganz andere Sportart
Noch hat der Ex-Tiger kein Spiel für seine neue Mannschaft bestritten, weil er sich erst wieder reinfinden muss. »Ich habe aktuell noch viele Dinge aus dem 5 gegen 5 im Kopf. Die taktische Herangehensweise beim 3x3 ist aber komplett anders. Das dauert einfach ein bisschen, bis man sich wieder umgewöhnt hat. Selbst gestandene Bundesliga-Spieler können da, ohne davor trainiert zu haben, nicht einfach aufkreuzen und dominieren. Es ist zu weit entwickelt und die Leute sind zu gut«, berichtet Hecker.
Was wird die Zukunft für ihn bringen? Hecker weiß, dass in seiner Entscheidung auch ein Risiko steckt. Er verlässt bei den Tigers das gemachte Nest und stürzt sich in ein unbekanntes Abenteuer. »Aber das nehme ich gerne in Kauf«, sagt der Hesse. Schließlich warten am Horizont auch die Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles. Natürlich träumt auch der 23-Jährige von einer Teilnahme am größten Sportereignis der Welt. Doch wie realistisch ist es, dass sich Hecker in drei Jahren tatsächlich das deutsche Trikot in LA überstreift? »Es ist ganz einfach: Wenn ich gut spiele, werde ich dorthin berufen. Wenn nicht, dann nicht«, sagt die ehemalige Nummer elf der Tigers Tübingen und lacht. Doch das hat noch Zeit. Hecker möchte jetzt auf einer anderen Profibühne erstmal seinen Weg gehen. »Ich habe richtig Bock.« (GEA)