TÜBINGEN. »Wir werden einigen Mannschaften ein Bein stellen können«, hatte Tigers Präsident Prof. Michael Bamberg vor dem Saisonstart orakelt. Nach dem Überraschungssieg in der zweiten Begegnung gegen Vize-Meister Bonn (88:76) wäre es nun eigentlich mal wieder Zeit. In der Bundesliga gibt es zwar keine leichten Gegner mehr, die Chancen auf den zweiten Erfolg könnten am Sonntag (15.30 Uhr) aber doch eher besser als schlechter stehen. Denn dann treten die Basketballer von Coach Danny Jansson bei den Rostock Seawolves an.
Der Zweitliga-Mit-Finalist der Saison 2021/22 - und damals wegen des Verzichts der Tigers alleinige Aufsteiger - steht mit ebenfalls einem Sieg aus allerdings erst drei Spielen als Tabellen-Zwölfter drei Ränge vor dem diesjährigen Aufsteiger (vier Partien). Allerdings müssen sich die Tübinger dabei vor allem beim Verteidigen der Korbabpraller noch deutlich steigern. Mit 30,0 Rebounds im Schnitt ziert die Mannschaft mit klarem Abstand den Schluss dieser Statistik. Exakt am anderen Ende thronen die kommenden Gastgeber mit 42,3. Auf was es im Duell der Seewölfe gegen die Raubkatzen ankommen wird, ist also vom Papier her vollkommen klar.
Zumindest bei den Ballverlusten haben die Hausherren eine ähnlich schwache Bilanz (15,0:14,7). Mit Sid-Marlon Theis sowie Yasin Kolo wird es ein Wiedersehen mit zwei Ex-Tübingern geben, die in ihrem neuen Club als deutsche Spieler allerdings nur untergeordnete Rollen einnehmen. Viel herausragender hingegen tritt das Trio Smith/Nelson/Alston auf. Spielmacher Mike Smith (19,5 Punkte, 3,5 Assists), Distanzschütze Tyler Nelson (18,3/3,3) und Flügelspieler Derrick Alston (19,3/4,3) - die drei Amerikaner tragen zusammen mit 2,06-Meter-Center Chevez Goodwin (12,3/9,7 Rebounds) das Rostocker Spiel.
Bei den Tigers haben sich die verletzungsbedingt erst gegen Heidelberg (84:94) in die Saison gestarteten Daniel Keppeler, Mateo Seric und Zac Darko-Kelly durch weitere Trainingseinheiten mit der Mannschaft noch mehr zurück ins Geschehen auf den Parkett gearbeitet. Vor allem Daniel Keppeler war deutlich anzumerken, dass er noch meilenweit entfernt ist von seinem Leistungsvermögen. Coach Jansson musste aber vor allem am auch Selbstvertrauen seiner Korbjäger arbeiten. »Gegen Heidelberg haben wir teilweise auf U 10- oder U 12-Niveau verteidigt«, kritisierte der Finne das Abwehrverhalten seiner Mannen.
»Als wir im ersten Viertel noch mit Energie verteidigt hatten, waren wir trotz der schlampigen Angriffe mit vielen Ballverlusten noch im Spiel«, konstatierte Jansson. Das sollte sich in der Folge ändern. Als es in der Offensive nach wie vor nicht so klappte, wie man es sich vorgestellt hatte, kam es zu einem nahezu kollektiven Köpfe-hängen-lassen. Jansson prangert im Nachhinein völlig zu Recht an: »Diese Reaktion war katastrophal.« Leider geht auf Tübinger Seite bislang noch viel zu viel schief.
Doch was lässt für die Begegnung am Sonntag hoffen? Zum einen, dass der vor seiner Schulterprellung ordentliche Tübinger Big Man wieder mit von der Partie sein wird, wenn sich die Mannschaft am Wochenende auf die lange Reise in den hohen Norden macht. Der 21 Jahre junge lettische Nationalspieler hat das Zeug dazu, eine dieser »Wundertüten« (Bamberg) in der Mannschaft zu sein, »die für eine Überraschung sorgen können«, in der Beletage des deutschen Basketballs.
Zum anderen besteht die berechtigte Hoffnung, dass die kanadische Nachverpflichtung Javon Masters noch weiter das Tübinger Spielsystem verinnerlicht hat, so dass er mehr und mehr in die Rolle des Regisseurs wächst und damit Jhivvan Jackson weitestgehend von dieser Aufgabe entbunden wird. Der Liga-Topscorer (23,2 Punkte) könnte sich dann noch konsequenter seiner großen Stärke als Scharfschütze widmen. (GEA)