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Zwangsprostitution: Angeklagter Reutlinger ist dissozial und emotional instabil

Ein psychiatrisches Gutachten fällt für den Angeklagten schlecht aus. Auch eine Ex-Partnerin richtet an den 41-jährigen Reutlinger heftige Vorwürfe.

Tübinger Landgericht verhandelt einen Fall von Zwangsprostitution. Angeklagt ist ein 41-Jähriger aus Reutlingen.
Tübinger Landgericht verhandelt einen Fall von Zwangsprostitution. Angeklagt ist ein 41-Jähriger aus Reutlingen. Foto: Tom Weller/dpa/dpa
Tübinger Landgericht verhandelt einen Fall von Zwangsprostitution. Angeklagt ist ein 41-Jähriger aus Reutlingen.
Foto: Tom Weller/dpa/dpa

REUTLINGEN. Zwangsprostitution, Vergewaltigung, Betrug und noch einiges mehr wirft die Tübinger Staatsanwaltschaft einem 41-jährigen Reutlinger vor, der sich für diese Taten derzeit vor der 2. Großen Strafkammer des Tübinger Landgerichts verantworten muss. Bisher hat der Angeklagte zu den Vorwürfen beharrlich geschwiegen. Dafür hatte am Mittwoch der psychiatrische Gutachter, Dr. Stephan Bork, das Wort. Seine Diagnose wird dem 41-Jährigen möglicherweise nicht allzu sehr gefallen haben.

Leicht hatte es Bork allerdings auch nicht mit dem Angeklagten. Für ein Diagnose-Gespräch suchte der Psychiater den 41-Jährigen in der Haftanstalt auf. Doch erhellende Antworten auf seine Fragen erhielt er nicht gerade. Eine der wenigen seriösen Aussagen des Angeklagten war: »Ich habe keine Angst vor strafrechtlichen Konsequenzen.«

Aussagen voller Widersprüche

Die weiteren Angaben des 41-Jährigen waren laut Bork voller Widersprüche. Schließlich erklärte der Angeklagte dem Psychiater nur noch, auf welches Essen er sich jetzt im Gefängnis freue. Danach war das Gespräch beendet. Bork: »Es waren keine ernsthaften Angaben zu erhalten.«

Deshalb stützte sich der psychiatrische Gutachter vorrangig auf Diagnosen aus früheren Aufenthalten des Angeklagten in psychiatrischen Einrichtungen. Aus diesen Informationen und nicht zuletzt auch aus den Zeugenaussagen im Prozess kam Bork dann zu der Feststellung, dass der 41-jährige Reutlinger eine Persönlichkeitsstörung mit dissozialen und emotional instabilen Zügen habe.

Menschen gezielt manipuliert

Diese Störung sei allerdings nicht so stark ausgeprägt, dass die Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit beim Angeklagten im Tatzeitraum eingeschränkt gewesen sei. Eine Unterbringung des 41-Jährigen in einer Psychiatrischen Klinik sei nicht angezeigt. Es sei auch »noch nicht« ein Hang zu Straftaten zu erkennen, weshalb eine Sicherungsverwahrung ebenfalls nicht infrage käme. Der Angeklagte habe vielmehr sein Verhalten bewusst eingesetzt, um Menschen gezielt zu manipulieren.

Im Gerichtssaal

Gericht: Dr. Christoph Kalkschmid (Vorsitzender Richter), Dr. Simon Salzbrunn. Schöffen: Eser Turgut, Rainer Bauser. Staatsanwalt: Nicolaus Wegele. Verteidiger: Matthias Obermüller, Martin Mosat. Nebenklagevertreter: Achim Unden. Sachverständiger: Dr. Stephan Bork.

Und das sind die Vorwürfe: Der 41-Jährige soll seine Frau wie auch die Tochter seiner Ex-Partnerin mit Erpressungsversuchen zur Prostitution gedrängt haben. Mit dem Mädchen soll er außerdem erzwungenen Geschlechtsverkehr gehabt haben. Zudem hat er wohl gefälschte Luxus-Uhren als vermeintlich echt verkauft. Und er bot ohne entsprechende Ausbildung eine psychologische Beratung an, die laut Staatsanwaltschaft allein zur Geldwäsche für die Einnahmen aus der Prostitution gedient haben soll.

Am Mittwoch sagte seine Ex-Partnerin vor Gericht aus. Sie beschrieb den 41-Jährigen, mit dem sie einen gemeinsamen Sohn hat, um den er sich aber offenbar nicht kümmert, als narzisstisch und gemeingefährlich. »Er hat mir Angst gemacht«, meinte die 46-Jährige. Als sie auf die Prostitution ihrer Tochter, von der sie nichts gewusst habe, zu sprechen kam, weinte sie. Der Prozess wird kommende Woche fortgesetzt. (GEA)