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Aktuell »Wein und Wort«

Zickige Tropfen, launige Weisheiten bei den Mundartwochen

»Wein und Wort« versorgte 80 Gäste mit mundigen Tropfen, jeder Menge Informationen, hintersinnigen Liedern und schwäbischen Lautmalereien

Wein am Tisch, Wort auf der Bühne: Während die Gäste die edlen Tropfen genossen, wurden sie von Mundartdichter Wilhelm König und
Wein am Tisch, Wort auf der Bühne: Während die Gäste die edlen Tropfen genossen, wurden sie von Mundartdichter Wilhelm König und Liedermacher Michael Skuppin auf der Bühne unterhalten. Foto: Norbert Leister
Wein am Tisch, Wort auf der Bühne: Während die Gäste die edlen Tropfen genossen, wurden sie von Mundartdichter Wilhelm König und Liedermacher Michael Skuppin auf der Bühne unterhalten.
Foto: Norbert Leister

REUTLINGEN. Michael Skuppin hatte Bedenken, in die Achalmstadt zu kommen, wie er am Samstagabend in der Volksbank bei "Wein und Wort" im Rahmen der 43. Mundartwochen verriet. "Reutlingen ist doch einer dieser gefährlichen Orte", sagte der Liedermacher aus dem Oberschwäbischen weiter. Aber warum? In seinem "Lied für Rudolf" beschrieb Michael Skuppin hochaktuell das Drama "oms CO2 vermeida". Und das alles nur, weil so "Schofseggl bschissa hend". Natürlich ging es dabei um die Autoindustrie, die das Erbe von Rudolf Diesel verraten haben.

Nicht immer ging es so aktuell zu an diesem Abend. Gekommen waren 80 Gäste, die nach eigenen Angaben alle mit dem Öffentlichen Nahverkehr angereist waren. Oder zumindest fast alle. Naja, ein paar halt. Der Rest wolle sich mit dem Taxi heimfahren lassen. Zahlreiche Wiederholungstäter waren mit im Publikum, also Gäste, die schon im Vorjahr diese besondere Art der Weinprobe miterlebt hatten. »Heute gibt’s was ganz Besonderes«, hatte König gleich zu Beginn verkündet. »Heute gibt’s auch Weine aus Baden.«

Hintergründige Weinkunde

Und zwar vom Kaiserstuhl vom Wein-gut Franz Keller, das mit edlen Tropfen ebenso vertreten war wie das schwäbische Weingut Mayerle aus dem Remstal. Vom leichten Weißwein bis hin zum schweren und gehaltvollen Roten war bei der Probe alles vertreten. Und die Besucher konnten dabei eine ganze Menge lernen. Über den trockenen Sauvignon Blanc aus dem Remstal etwa, der nach den Wor-ten von Matthias Greif vom Weingut Mayerle schon seit mindestens 150 Jahren dort angebaut wird. Allerdings unter anderem Namen: »Muskatsilvaner« habe der damals geheißen, »der war sehr zickig, sehr schwierig im Weinberg und auch im Keller«, betonte Greif. »Durch die Hintertür kommt der jetzt wieder zurück, ist aber eher geeignet für 30 Grad auf der Sommerterrasse.« Solch hintergründige Wein-Infos gab es zuhauf.

So auch von Bernhard Hüger, der verriet: »Ich bin gestern nach Freiburg gefahren, um den Wein von Fritz Keller zu holen.« Weil der aber nicht nur Winzer, sondern auch Präsident des SC Freiburg sei, habe Hüger »die Punkte aus dem Spiel VfB Stuttgart gegen Freiburg gleich mitgebracht«. Über den Grauburgunder vom Kaiserstuhl berichtete Hüger: »Der hieß früher Ruländer, in Italien lautet sein Name Pino Grigio.« Welcher der Weine nun besser schmeckte, die vom badischen Kaiserstuhl oder die aus dem Remstal? »Geschmackssache«, waren sich die Gäste völlig uneinig einig.

Dettingens Mundartdichter Wilhelm König berichtete derweil über »Gschwätz übers Wetter«. So könnte, sollte, müsste »dui Sonn doch jetzt endlich scheina«. Der »Schnai« könnte, sollte, müsste nun doch endlich verschwinden und das Frühjahr kommen. Fünf Auftritte hatte König und berichtete dabei im breitesten Schwäbisch etwa darüber, was wohl schlimmer wäre für die Ermstäler – dass »d’Kische verfrierat oder wenn mr für en Älbler ghalta wird«. Selbst für Gäste, die der schwäbischen Sprache mächtig waren, ergab sich nicht immer auf Anhieb der Sinn hinter dem Gesagten. »Worum hoisch du den jetzet en Seggel, kennsch en doch gar et«, schmunzelte König. »Des isch, falls i en kenne lern.« Das Publikum zeigte sich höchst amüsiert von den Lebensweisheiten. Und mit zunehmendem Weinkonsum zeigte sich das Publikum umso euphorischer über Skuppins Lieder und Königs Aphorismen. (GEA)